Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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das Telefon. Er hob ab und hatte die Stimme Cassedys am Ohr.

      »Hallo, Boß. Ich bin hier in Arlington. Einer von der Familie Hancok ist hier mit einem Lieferwagen herausgefahren. Sie haben einen Jungen in der Rolling Green abgeholt und ihn zur Palatine Street gebracht. Ich hätte Sie nicht angerufen, aber ich hatte das Gefühl, daß wir den Mann, zu dem sie ihn gebracht haben, kennen. Es ist der schielende Ted.«

      »Downers?« fragte Ness sofort.

      »Richtig, Sie erinnern sich an ihn?«

      »Ja, er war doch an der Geschichte unten in Joliet beteiligt.«

      »Stimmt. Ich hätte Sie auch deswegen allein noch nicht angerufen, aber Sie können sich doch an den Fischhändler aus Winnetka unten am Hafen erinnern? Ich meine den Kerl, dem der Unterkiefer zerschossen wurde bei der Geschichte drüben in Cicero.«

      »Ja, was ist mit ihm?«

      »Der war auch dabei.«

      »Und? Einer von den Leuten aus der Alhambra?« forschte der Inspektor.

      »Ja, Norman Corhuis.«

      »Gut, seien Sie auf dem Posten und rufen Sie mich notfalls wieder an. Ich bleibe wahrscheinlich zu Hause.«

      Aber Pinkas Cassedy rief nicht mehr an, denn es gab nichts Interessantes mehr draußen aus Arlington Heights zu melden.

      Später verließ der Inspektor das Haus doch wieder. Die stummen Rätsel der Nebelnächte trieben ihn erneut zum Washingtonpark.

      *

      Am nächsten Morgen zogen die Nebel wieder vom Michigan Lake landeinwärts und wälzten sich in dicken Schwaden durch die Straßen. Man hatte das Gefühl, daß einem nasse Tücher ins Gesicht geschlagen würden. Die Kleidung wurde innerhalb weniger Minuten klamm und feucht.

      »Ein Tag zum Sterben«, meinte Cassedy und nieste verstohlen in sein Taschentuch. Er hatte sich in der vergangenen Nacht draußen in Arlington einen Schnupfen weggeholt.

      Der Teufel sollte diesen Job fressen! In Büchern und Berichten las sich das alles so federleicht, aber wenn man es selbst durchzustehen hatte, dann war es das Letzte. Und erst der Artikel, den sich Matherley in der Frühausgabe wieder abgekniffen hatte! Eine Unverschämtheit direkt. Er nannte den neuen Inspektor des Special-Service des FBI einen blutigen Anfänger, der besser bei der Stadtpolizei geblieben wäre, denn die Morde im Washingtonpark seien immer noch nicht aufgeklärt, und im Polizeigefängnis würde vermutlich ein Mörder gemästet…

      Volle drei Stunden schlug sich Eliot Ness mit dem Oberrichter Evans vom 7. Distrikt herum. Er versuchte, die Freilassung des Häftlings Joseph Buster zu erreichen. Aber der Oberrichter weigerte sich hartnäckig – nicht zuletzt unter dem Druck, den die Presse ausübte.

      Pinkas Cassedy erlebte hier eine erste Probe von der unwahrscheinlichen Zähigkeit seines neuen Chefs. Mit der Beharrlichkeit eines Knöchelfighters punktete der zähe FBI-man den Beamten oben im Justizgebäude aus. Das Recht war auf seiner Seite. Es gab nicht mehr den geringsten stichhaltigen Grund, den so schwer geprüften Joseph Buster noch länger festzuhalten. Aber wer das Recht auf seiner Seite hat, hat damit nicht immer auch das Gesetz auf seiner Seite – und ein Mann wie Richter Douglas Evans hatte schon seit Beginn dieser Affäre etwas gegen diesen blonden Eliot Ness. Leute, die so beharrlich waren, konnte er nicht ausstehen. Er war es gewohnt, daß die Offiziere vom Polizeikorps, daß die Stadtpolizei sowie die Staatspolizei sich den richterlichen Anweisungen fügten. Und Leute, die einem erzählen wollten, wie etwas »in Wirklichkeit« lag, und wie es zu behandeln wäre, die konnte er schon gar nicht ausstehen. Vor allem mißfiel ihm der monotone, gelassene Ton dieses neuen FBI-Inspektors. Menschen, die durch nichts, selbst nicht durch die ärgsten Rückschläge aus ihrem Gleichmut zu bringen waren, die konnte Douglas Evans auf den Tod nicht leiden.

      Wenige Minuten vor elf gab der Richter auf. Eliot Ness hatte es geschafft; er ließ den Freilassungsbescheid zu sich bringen und war eine Viertelstunde vor ein Uhr im Gefängniskrankenhaus, wo er mit undurchsichtiger Miene an das Lager des kranken Häftlings trat, der so Schweres durchgemacht hatte.

      »Na, wie geht’s, Mr. Buster?«

      Der Mann, der innerhalb kurzer Zeit um zwei Jahrzehnte gealtert zu sein schien, schüttelte den Kopf.

      »Ich habe aufgegeben, Inspektor. Meine Kinder dürfen nicht mehr zu mir kommen. Meine Verwandten kennen mich nicht mehr. Die Leute auf der Busstation sehen in mir nichts anderes als den Kerl, der sich in seiner Zelle erhängt hat. Und mein Sohn Mike soll sich in den Schenken herumtreiben, habe ich erfahren.«

      »Dann wird es höchste Zeit, daß Sie sich wieder um Ihre Kinder kümmern.«

      Der Gefangene blickte auf. In seinen Augen blitzte ein schwacher Hoffnungsstrahl auf.

      »Wie… sollte das denn möglich sein, Inspektor?« stammelte er.

      Ness griff in die rechte Tasche seiner Jacke und nahm den Bescheid des Gerichts heraus.

      Mit zitternden Fingern öffnete Buster das Papier. Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Plötzlich wurde er geisterblaß und griff sich mit der Linken ans Herz.

      »Das ist nicht wahr«, stammelte er bebend.

      »Doch, ist wahr. Und noch etwas, Buster. Wenn Sie Ihr Bett verlassen können, möchte ich Sie hier mit einem freundlichen Mann bekannt machen, der mich heute früh schon aufsuchte. Er kommt aus New York.«

      Buster, der schon gefürchtet hatte, seine Beine gar nicht mehr gebrauchen zu können, war sehr schnell aus dem Bett, hatte seinen Mantel angezogen und kam mit hinaus auf den Korridor, wo ein älterer, einfacher Mann stand, der ihm die Hand hinhielt.

      »Mein Name ist Moreland.«

      Buster fuhr zurück.

      Wieder wurde sein Gesicht leichenblaß. Moreland! War das nicht der Name, der über all dem Elend stand, das er in der letzten Zeit durchleiden mußte?

      »Wer sind Sie?« stammele er.

      »Ich bin…, ich bin der Vater von

      Ireen.«

      »Was wollen Sie von mir? Inspektor, ich wußte, daß es mit dem Bescheid nicht stimmen konnte. Ich ahnte es. Lassen Sie mich, was habe ich mit diesem Mann zu tun? Ich kenne ihn ja gar nicht!«

      Eliot Ness legte seine große, nervige Hand auf Busters Unterarm.

      »Bleiben Sie ruhig, Mr. Buster. Es ist für Sie vorbei. Hier ist der Vater des unglücklichen Mädchens gekommen, um mit Ihnen zu sprechen. – Leben Sie wohl.«

      Nach diesen Worten wandte der Inspektor sich um und verließ mit seinen ruhigen sicheren Schritten das Hospital.

      Buster starrte ihm nach.

      »Was hat er gesagt?« stammelte er.

      In den Augen des anderen Mannes standen Tränen. Er hatte unsägliches Mitleid mit dem Menschen da vor ihm, der so Schweres hatte durchmachen müssen.

      »Mr. Buster, ich möchte Ihnen etwas sagen. Meine Tochter hatte in der Stunde ihres Todes ein Los gekauft, ein ganz kleines, billiges Los zu einem Vierteldollar. Und darauf hat sie fünfundzwanzigtausend Dollar gewonnen. Ja, so etwas trifft einen, wenn es zu Ende geht. Den einen nie, und den anderen eben erst in der letzten Stunde. Ich habe das Geld bekommen – und hier in meiner Tasche ist ein Scheck über die Hälfte dieser Summe; ich möchte es Ihnen geben.«

      Buster starrte den anderen an wie einen Geisteskranken. Dann wich er zwei Schritte zurück und schüttelte den Kopf.

      »Nein«, stotterte er, »nein, bitte nicht, um Himmels willen, wie käme ich denn dazu!«

      Der Vater der unglücklichen Ireen Moreland trat dicht an ihn heran und drückte ihm den grünen schmalen Scheck in die Hand.

      »Hier, es ist ein Stück Geld, das Sie sicher brauchen werden, Buster! – Und ich würde mich freuen, wenn ich wieder mal von Ihnen höre.« Damit setzte er seinen abgegriffenen Hut auf und ging davon.

      Für