Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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drüben am Fenster. Heben Sie mal den Kaffeewärmer hoch, da drunter steht’s.«

      »Ich glaub’s Ihnen«, sagte der Inspektor, und da er es jetzt eilig hatte, ging er hinaus. Er passierte die Tür, die in den kleinen Flur führte, ging an dem schmalen, halbblinden Spiegel vorbei, neben dem einige Kleidungsstücke an der Garderobe hingen, und hatte schon die rechte Hand nach der Türklinke ausgestreckt, als er plötzlich innehielt. Der etwa fünf Yards im Quadrat messende Flur wurde nur durch ein kleines Fenster, das über der Tür in Form eines Oberlichtes eingelassen war, schwach erhellt. Dennoch hatte dieses diffuse Licht genügt, um dem Inspektor etwas zu zeigen, das ihn wie gebannt stehenbleiben ließ.

      Rechts neben dem halbblinden Spiegel hing ein abgetragener Trenchcoat, aus dessen rechter Tasche die Zipfel eines Handschuhs hervorblickten, eines schwarzen Stoffhandschuhes, dessen Finger mit einer Stepparbeit versehen waren.

      Wieviel Sekunden stehe ich schon hier? Verdammt, ich muß irgend etwas tun! Aber was?

      Der Handschuh! Es war der gleiche Handschuh, den der Mörder beim Überfall im Washingtonpark auf die Polizistin Henderson verloren hatte!

      Ness wandte sich mit einem Ruck um.

      Lubber stand drei Schritte hinter ihm und blickte ihm in die Augen. Es waren kühle schiefergraue Augen, die da in diesem gelblichen ungesunden Gesicht standen.

      Hat er meinen Blick bemerkt? Weiß er, daß ich den Handschuh gesehen habe?

      Ness setzte jetzt alles auf eine Karte. Mit übertrieben lauter Stimme sagte er:

      »Ich bin ein Schwächling, Mr. Lubber. Ich werde meinen Vorsatz brechen. Wissen Sie, man sollte abends keinen Fisch essen. Man hat sonst noch bis zum nächsten Mittag Durst. Ich glaube, ich werde doch einen Schluck von Ihrem Mineralwasser nehmen.«

      Lubber blieb stehen und sah ihn unverwandt an. Plötzlich nahm er die Hände aus den Taschen, hob sie in Hüfthöhe, stieß den Kopf etwas vor und vollführte dann wieder sein verrücktes schnelles Nicken, das gar nicht aufhören wollte. Dann drehte er sich um und ging mit schlurfendem, müdem Schritt ins Zimmer zurück. Podagrisch waren seine Bewegungen, und es schien dem Inspektor sogar, als wenn er etwas kreuzlahm wäre. War das noch der gleiche Mann, der vor kaum anderthalb Minuten mit tänzerischen, schwerelosen Bewegungen das Zimmer verlassen hatte, um das Wasser zu holen?

      Kaum hatte Lubber die Zimmertür passiert und war nach links auf den Rauchtisch zugegangen, als die Hand des Inspektors nach vorn zuckte.

      Da aber sah Ness den Schatten im Wohnraum zurückhuschen. Der Mann tauchte wieder in der Tür auf.

      »Übrigens, was ich noch sagen wollte: Strom und Wasser sind natürlich extra.«

      Eliot Ness nickte.

      »Natürlich.« Er schluckte. Das war ja noch eben gutgegangen.

      Der Maler kam wieder auf ihn zu und sagte:

      »Sie müßten sich natürlich rechtzeitig entscheiden, denn es sind noch mehr Bewerber da. Eine ganze Menge Bewerber sogar.«

      In diesem Augenblick fiel nebenan in der Küche etwas zu Boden. Scherben klirrten.

      Ness blickte den Maler an.

      Der sah unverwandt in die Augen des Inspektors.

      »Scheint etwas kaputtgegangen zu sein«, sagte Eliot leise, ohne die Augen des anderen loszulassen.

      »Eine ganze Menge Bewerber«, kam es monoton über die Lippen Lubbers. Plötzlich rannte er auf die Tür zu, stieß sie auf und brüllte hinein:

      »Kannst du denn nicht aufpassen, dämliche Gans! Jeden Tag eine Tasse, das kostet mich in der Woche ein ganzes Service!«

      Ein lang aufgeschossenes blasses Mädchen mit nach hinten gekämmtem, ungepflegtem Haar stand mit gesenktem Kopf am Küchentisch. Es trug ein grünes Wollkleid und eine blaue Arbeitsschürze. Vor seinen Füßen lagen die Scherben eines Tellers.

      »Mir scheint, du hast gelauscht!« fuhr der Maler fort. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, daß du nicht lauschen sollst, wenn ich Gäste habe.«

      »Du willst das Haus vermieten, Harry«, sagte das Mädchen mit einer erschreckend tonlosen Stimme.

      »Geht dich einen Dreck an! Halt nicht immer Maulaffen feil. Mach lieber deine Arbeit ohne Scherben.« Und indem er die Tür zuzog, sagte er achselzuckend: »Eine dumme Gans aus der Nachbarschaft. Sie spült bei mir und macht den üblichen Dreck. Zwanzig Jahre, was wollen Sie da verlangen. Aber keine schlechte Figur, das müssen Sie zugeben, da ist was dran. Na ja, ich brauche sie zum Geschirrspülen und, na ja und dergleichen so. Der Mensch hat eben dies und jenes nötig. Vor allem, wenn er sich gesund fühlt. Sie können sich darauf verlassen, ich mache jeden Abend meinen Spaziergang und morgens meine Kniebeugen. Das hält fit. Sie werden zugeben, daß ich für meine dreißig nicht eben alt aussehe.«

      Na, dafür siehst du ganz schön alt aus! dachte Ness und ließ einen Blick zur Garderobe hinübergleiten. Wenn er doch bloß an den Handschuh käme!

      Da streckte ihm Lubber eine gespreizte, feuchte Hand entgegen, deren Finger knotig und kurz waren.

      Voller Ekel griff der Inspektor nach dieser Hand, wurde aber davor bewahrt, sie anfassen zu müssen, denn in diesem Augenblick schrillte das Telefon. Der Maler fuhr herum, machte ein paar rasche Schritte auf die Wohnzimmertür zu, blieb dann stehen und sagte in erzwungener Lässigkeit:

      »Ach, das Telefon. Ich werde mal nachsehen.«

      Er hatte das Fenster im Wohnzimmer noch nicht erreicht, um den Kaffeewärmer vom Apparat zu nehmen, als der schwarze Handschuh schon in der linken Manteltasche des Inspektors verschwunden war.

      »Ach, du bist’s, Jonny!« drang Lubbers Stimme in den Korridor. »Was

      gibt’s denn? – Ach so, wegen morgen. – Ja, ja, morgen ist Samstag, natürlich. – Klar, um sechs.– Ja, Corry kommt auch. – Natürlich Ackermans und Coldwaters ebenfalls. Caddy White wird vielleicht nicht kommen können. – Ja, ja, natürlich. – Also, bis morgen!«

      Der Telefonhörer wurde aufgelegt, doch Lubber erschien trotzdem nicht in der Wohnzimmertür.

      Da hörte Ness ein Geräusch dicht neben sich und stellte zu seinem Schrecken fest, daß die Küchentür erst jetzt zugezogen wurde.

      Hatte das Mädchen ihn etwa beobachtet? Wie auch immer, es konnte nicht gesehen haben, was er an der Garderobe geholt hatte.

      Oder doch?

      Da tauchte Lubber in der Wohnzimmertür auf.

      »Das war ein Bekannter. Ich gebe morgen abend eine Party. Übrigens, Sie sind herzlich eingeladen. Alles nette Leute, Künstler und so. Wissen Sie, man bekommt so seinen Spaß. Ein paar nette Girls sind auch dabei. Eine verrückte Tänzerin aus dem Tivoli. Wenn sie den vierten Whisky intus hat, können wir mit einem Striptease rechnen.«

      In diesem Augenblick wurde die Küchentür geöffnet.

      Das blasse Mädchen stand da und blickte den Maler an.

      »Kannst du einen Augenblick hereinkommen, Harry?«

      »Ja, ja, gleich. Feg mal erst die Scherben zusammen.«

      »Ja, aber…«

      »Was ist denn, Peggy?«

      »Ich muß dir etwas Wichtiges sagen.«

      Der Maler grinste dem Inspektor zu und ging dann in die Küche. Als er wieder herauskam, blieb er einen Moment im Türrahmen stehen.

      Die linke Faust des Inspektors spannte sich um den kühlen Knauf der Colt-Automatic in der Manteltasche. Aber da zuckte die schon erwähnte Grimasse – das zweite oder auch dritte Gesicht – über das Antlitz des Chamäleons.

      »Sie wollte mir einen halben Dollar für den Teller in die Hand drücken, hehehe!«

      Ness streckte ihm die Rechte entgegen, drückte die weiche, feuchte Hand des Malers und verabschiedete sich.

      Als