Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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dem Weg lag, verwünschen können, da er die Geräusche seiner Schritte verdreifachte. Er hatte ein unangenehmes Gefühl im Rücken und hätte sich nicht gewundert, wenn jetzt irgend etwas geschehen wäre.

      Aber es passierte nichts. Er erreichte die Gartenpforte, wandte sich noch einmal um und hob grüßend die Hand. Aber hinten fiel schon die Haustür ins Schloß.

      Damnet, war das ein sonderbarer Typ! Überhaupt, der ganze Auftritt da war mehr als merkwürdig gewesen.

      Einfälle hast du auch, Eliot, stellst dich einem Fremden als Schriftsteller vor.

      Schöner Schriftsteller! Kommissar Cassedy würde nur den Kopf schütteln.

      Mit raschen Schritten ging der Inspektor zur Landstraße, setzte sich in seinen Wagen und fuhr in die City zurück.

      *

      Kaum hatte er das Bureau betreten, setzte er auch schon mit großen Sprüngen die Treppen hinauf, verzichtete auf den Aufzug und stürmte durch den Korridor an den Zimmern seiner Mitarbeiter vorbei auf das Sekretariat zu.

      Die kleine Ruth Everett und die anderen Mädchen blickten verblüfft auf, als der Inspektor mit großen Schritten an ihnen vorbeilief, um in seinem Zimmer zu verschwinden.

      Ohne Hut und Mantel abzulegen, lief er zum Schrank, schloß ihn auf und zog die kleine Lade hervor, in der der schwarze Handschuh lag, den der Mann aus dem Nebel verloren hatte. Er legte ihn auf den Schreibtisch. Es war ein linker Handschuh. Und der andere, den er jetzt aus der Tasche nahm, war ein rechter!

      Sie schienen wirklich viel Ähnlichkeit miteinander zu haben, die beiden Handschuhe – nur daß der eine, den er draußen in Renwick mitgenommen hatte, eine andere, feinere Stoffstruktur hatte. Sie waren zwar beide schwarz, aber sie gehörten nicht zueinander…

      Langsam zog der Inspektor seinen Mantel aus, nahm den Hut ab, hing beides in den Schrank und ging zum Fenster. Für so etwas hatte er sich nun mehrere Vormittagsstunden um die Ohren geschlagen! Um einem verdrehten Maler einen Handschuh wegzunehmen. Jetzt konnte er sehen, wie er ihn dem Kerl wieder zustellte.

      Trotzdem rief er die Everett herein und sagte:

      »Bringen Sie den rechten Handschuh da ins Labor.«

      Das Mädchen holte einen sterilisierten Plastikbeutel, nahm den Handschuh mit der Pinzette auf und brachte ihn in die Tüte. Wortlos ging sie hinaus.

      Ness stand am Fenster und blickte auf den Friedhof hinunter. Wie trostlos doch so ein verregneter Gottesacker aussehen konnte! Kein Wunder, daß die sparsamen Leute oben in der Direktion vom FBI das Bureau an einen Platz stellten, wo kein Mensch je sein Wohnhaus hinbauen würde.

      Als die Sekretärin wieder hereinkam, fragte er:

      »Ist Cassedy im Haus?«

      »Ja, er ist drüben in seinem Zimmer.«

      »Sagen Sie ihm bitte, daß ich ihn sprechen möchte.«

      Eine Minute später stand der rundliche Kommissar Cassedy vor ihm, rieb sich die Hände, deutete hinaus und meinte:

      »Na, ist das nicht ein wundervoller Tag? Ich habe eine Idee, Mr. Ness. Ich lasse Ihnen bemalte Scheiben in die Fenster setzen. Wie wär’s mit einer Landschaft von Apulien oder was von der Riviera oder so?«

      »Was Neues?« kam es kurz von den Lippen des Chefs.

      Der Dicke schüttelte den Kopf.

      »Leider nicht. Das heißt, wenn es Ihnen nichts ausmachte, daß Ihr Freund Matherley wieder mal Lunte gerochen hat.« Er nahm die Zeitung aus der Tasche und legte sie dem Inspektor auf den Tisch. Da schrie ihm in riesigen Lettern von der ersten Seite entgegen:

      MR. CHICAGO GREIFT EIN!

      Darunter kam ein Artikel, in dem der Redakteur von der heißen Szene in der Alhambra-Bar berichtete. Es wurde geschildert, wie der boxgewandte FBI-Inspektor mit mehreren Männern eine Auseinandersetzung gehabt und zwei davon k. o. geschlagen hätte, ehe er selbst die Flucht ergriff.

      »Mr. Chicago«, kam es tonlos über Eliots Lippen. Er schüttelte den Kopf und schob das Blatt zurück.

      Da hatte der tüchtige Zeitungsmann Rufus Matherley jenen Namen geprägt, den der FBI-man Eliot Ness niemals wieder loswerden sollte. Für seine Freunde hieß er »Der Norweger«, und für Chicagos Unterwelt war er von diesem Tag an ganz einfach »Mr. Chicago«. Dieser Name wurde bald darauf auch von Al Capone aufmerksam registriert. Und der hatte absolut kein Interesse daran. Beizeiten schon würde der größte aller Gangster seine Vorkehrungen treffen.

      Es war kein sonniger Tag, kein wolkenloser Himmel lag über der Riesenstadt, in der der Stern des Eliot Ness aufgegangen war. Es war ein trüber, regnerischer, bleigrauer Novembertag, der über der weiten Bucht des Michigansees hing. Auf der anderen Seite des Oakwoods Cemetery zog mit schauriger Blechmusik ein Leichenzug über einen breiten Weg, um in einer schmalen, von kahlen Hecken gesäumten Gräbergasse zu verschwinden.

      Ness, der das Fenster einen Moment geöffnet hatte, schloß es schnell wieder.

      »Hier muß man hart sein«, feixte Cassedy. »Übrigens, einer von den Männern, die Sie da so schön eingeseift haben, liegt im Krankenhaus. Drüben in der 53th Street. Er heißt Hancok, falls es Sie interessiert, Boß.«

      *

      Eine halbe Stunde später standen die beiden G-men auf einem der blankgescheuerten Korridore zwischen weißgekalkten Wänden vor einem Mann im weißen Arztkittel.

      »Ja, es geht ihm natürlich schon besser, aber er sagt, daß er furchtbare Schmerzen hätte.«

      »Kann ich mit ihm sprechen?«

      »Natürlich, Inspektor.«

      Dr. Offers führte Eliot Ness und Kommissar Cassedy in das Zimmer mit der Nummer 207. Sechs Männer lagen da, und zwei Betten waren leer.

      Der Mann im dritten Bett hatte ein blasses Gesicht und dunkle Augen. Oben auf der Tafel stand der Name: Hancok, Fred.

      Eliot Ness trat zu ihm an den Bettrand.

      Da wandte der Kranke sich zur Seite.

      »Es tut mir leid, Mr. Hancok, aber ich muß mit Ihnen sprechen.«

      »Ich habe nichts mit Ihnen zu sprechen, Ness.«

      »Aha, Sie kennen mich?«

      Da flog der Kopf des Mannes im Krankenbett herum.

      »Natürlich kenne ich Sie. Jeder kennt Sie, Mr. Chicago! Ha, einen prächtigen Namen haben Sie sich da eingehandelt! Schätze, daß die Boys ihn bald versilbern werden.«

      Was der Inspektor auch versuchte, es brachte so wenig ein wie die sieben Vernehmungen des Arbeiters Gomez und die Verhöre all der anderen Leute, die mit der Alhambra-Bar im Zusammenhang standen, sowie der Bewohner des Hauses, vor dem der Gerätehändler Henreidt niedergeschossen worden war. Es schien überhaupt ein dichter Ring des Schweigens um die Leute aus dem Hafenviertel zu liegen. Die meisten von ihnen hatten früher im Stadtteil Cicero oder in Berwyn gewohnt, waren dann aber dort ausgesiedelt worden, da sich das alte Zentrum der Stadt in den vergangenen Jahren mehr und mehr erneuert hatte. Da waren sie zum Wasser gekommen und hatten sich in den alten Gassen niedergelassen.

      Ness und Cassedy hatten das Hospital verlassen. Zu dieser Stunde hatte der junge Inspektor nicht mehr die geringste Chance, die Verbrechen aus dem Washingtonpark aufzuklären.

      Dennoch fand ihn die hereinbrechende Dunkelheit wieder im Park. Er kannte hier schon jeden Weg, ja, jeden Yard Boden. Gegen halb zehn wurde er von einem Mann angehalten, der ihm eine Polizeimarke unter die Nase hielt.

      Der Inspektor lächelte bittersüß und zog seinen Ausweis. Sofort leuchtete der Polizist mit seiner kleinen Stablampe darauf und entschuldigte sich.

      Es war eine verregnete Nacht, und offenbar hatte der Nebelmörder nichts mit Regen im Sinn.

      Gegen halb zwei ging Eliot Ness nach Hause. Er hatte eine kleine Wohnung im Zentrum der Stadt. Nach dem Abendbrot