Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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Etagen der Wolkenkratzer war die Luft fast klar. Das war das Teuflische an diesem Smog, daß er sich tief über den Boden dahinwälzte und die Menschen fast erstickte.

      Ness war unten von der 9. Straße aus in der Mitte des Parks über einen der Wege auf den See zugegangen, an dessen Ufer er stehenblieb und auf den dunklen Wasserspiegel blickte, der nur von wenigen winzigen Lichtschimmern kenntlich gemacht wurde. Es waren Lichtschimmer, die von fernen starken Straßenlatenen irgendwie doch ihren Weg hierhergefunden hatten – trotz des Nebels und trotz der Dunkelheit.

      Der Inspektor ging am Ufer entlang und hielt auf die Westseite des Parks zu.

      Es war kurz nach neun, und der Park lag wie ausgestorben da. Aber draußen, nur wenige hundert Schritt von Ness entfernt, wogte und rauschte der Verkehr der großen Stadt vorüber. Weshalb hatten trotz der furchtbaren Morde, die hier verübt worden waren, immer noch Menschen den Weg hierher gesucht, um den Park zu passieren, zumindest jedoch an seinem Rand entlangzugehen? Tagelang nach dem letzten Mord war er von Polizisten umstellt worden, und danach hatte man die Geheimpolizei noch in ihm postiert. Aber dann hatte der Insepktor die Leute abgezogen – bis auf vier, die sich an bestimmten Punkten aufzuhalten hatten. Hier unten im Südteil der großen Anlage wollte er selbst die Augen offenhalten.

      Aber wie sollte ein Mensch bei diesem Nebel überhaupt einen anderen sehen, auch wenn er nur wenige Schritte von ihm entfernt war? Zwar behielt der Nebel nicht unentwegt seine Dichtigkeit, sondern lockerte sich hin und wieder auf, so daß man bis zu zwanzig Schritt weit sehen konnte, aber nur, um sich bald darauf wieder zu verdichten.

      Plötzlich drang ein leises Geräusch an das Ohr des FBI-Mannes. Es war das Geräusch, das verursacht wird, wenn eine Schuhsohle Sandkörner knirschend auf den festen Boden preßt.

      Ness ging vom Wasser weg und duckte sich hinter einem Gesträuch unweit des Weges nieder.

      Jetzt war nichts zu hören. Der Inspektor hielt den Atem an, um besser lauschen zu können. Und jetzt hörte

      er ganz deutlich wieder das gleiche Geräusch.

      Am liebsten hätte er sich ganz flach auf den Boden gelegt, um sich weiter vorwärtszubewegen, weg von den Büschen, näher an den Weg heran – aber da die Erde hier vom Regen, der den ganzen Nachmittag gefallen war, völlig durchnäßt war, mußte er darauf verzichten.

      Da, abermals das Knirschen von Sandkörnern unter einer harten Schuhsohle. Diesmal schon sehr viel näher.

      Ness lauschte wieder sekundenlang mit angehaltenem Atem. Seine Augen versuchten, das wattige Grauschwarz des Nebels zu durchdringen. Aber da war nichts zu machen. Selbst die Lichtstreifen, die von fernen Laternen den Seespiegel erreicht hatten, waren längst in milchige Fäden aufgelöst und vom Nebel aufgesogen worden.

      Da drang das Geräusch wieder an sein Ohr. Drüben auf dem Weg stand ein Mensch, der ab und zu sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte.

      Konnte man es wagen, sich jetzt zu erheben, um vorwärts zu schleichen? Wenn der Nebel so dicht blieb, war das vielleicht nicht einmal so riskant. Aber wer konnte schon auf die Dichtigkeit dieses verdammten Smogs rechnen? Es war typisch für Eliot Ness, daß er sich von den Büschen löste und auf allen vieren vorwärtsbewegte. Er tastete mit den Fingerspitzen den Boden ab, ehe er auf diese Stelle die Schuhe setzte. Kein Sandkorn durfte unter seinen Sohlen knirschen, und nicht der kleinste Ast unter ihnen zerknicken. Mit äußerster Vorsicht bewegte er sich weiter. Als er etwa noch sieben oder acht Schritt vom Weg entfernt war, ließ ihn das Geräusch der knirschenden Sandkörner fast zusammenfahren.

      Der Mann mußte in unmittelbarer Nähe sein. Direkt am Rand des Rasens. Und nach einer weiteren Minute wußte er, daß da ein Viereck in den Rasen eingebuchtet worden war, in dem eine Bank stand.

      Da vorn auf der Bank saß ein Mann. Hin und wieder erhob er sich und verursachte dabei dieses Geräusch. Und wenn er sich erhob, stand er mit angehobenem Kopf da und lauschte auf den Weg.

      Urplötzlich tauchte der Inspektor hinter der Bank auf. Nur noch knappe fünf Schritte von dem anderen entfernt. Da hatte der Mann ihn gehört, fuhr herum und starrte den FBI-man an.

      So viel Vorwürfe Eliot Ness sich selbst später auch machte: er hatte nichts, gar nichts anderes tun können, als was er getan hatte. Denn jetzt etwa den anderen mit dem Revolver zu bedrohen, wäre etwas gewesen, was nicht nur gegen sein innerstes Empfinden, sondern vor allem auch gegen die Regeln des FBI verstoßen hätte. Ein FBI-Agent, der sich nicht selbst in großer Not befindet, darf die Waffe nicht auf einen Mitmenschen richten. Das war eines der obersten Gesetze des Federal Bureau of Investigation und der Armee jener Menschen, die zu seinen Mitgliedern zählten.

      In diesem Augenblick zischte etwas durch die Luft.

      Der FBI-man wollte seinen Kopf zur Seite reißen, aber da prallte schon ein schwerer Gegenstand gegen seine rechte Stirnseite, ließ ihn zurücktaumeln und in die Knie brechen. Er stützte sich mit der Linken auf den Boden und zog instinktiv mit der Rechten den Revolver. Er beugte sich nach vorn, hob den Kopf wieder an und suchte mit den Augen das jetzt stärker gewordene Schwarzgrau des Nebels zu durchdringen.

      Wie aus weiter Ferne drangen hastende Schritte an sein Ohr, die rasch verklangen. Der Mann im Nebel war verschwunden.

      Ness erhob sich, wischte sich über die Stirn und ging ein paar Schritte vorwärts.

      Da stieß sein linker Schuh an einen Gegenstand. Er bückte sich nieder und hätte fast in die rasiermesserscharfe Schneide eines Messers gefaßt. Er nahm es an sich und lief vorwärts.

      Aber es war zwecklos. Der Mann, der aus dem Nebel gekommen war, hatte sich wieder in ihn geflüchtet. War es der Mörder der Ireen Moreland und der Gardy Belem gewesen?

      *

      Eliot Ness war ins Bureau zurückgegangen. Er stand vor dem Schrank und hatte die Lade herausgezogen, in dem der schwarze Stoffhandschuh mit den abgesteppten Fingernähten lag. Noch einmal las er sich den Laborbericht durch. Es gab nichts, das der größte Polizeiapparat der Welt nicht auf das gründlichste untersucht hatte.

      Ness blieb nur kurz in seinem Office und verließ das Haus dann wieder. Er hatte eine Nachricht für Kommissar Cassedy hinterlassen, der in der Nacht auch noch einmal das Bureau aufsuchen würde.

      Langsam schlenderte der Inspektor zu jener Hafengasse hinunter, in der die Alhambra-Bar lag. Er war längst selbst auch nicht mehr davon überzeugt, daß es eine Verbindung von dem Nebelmörder zu dem Mann gab, der in der Nähe der Alhambra den Händler Henreidt niedergeschossen hatte.

      Und dennoch…

      Er hatte vielleicht eine Dreiviertelstunde im düsteren Hof gestanden und den feinen Nieselregen unter der Traufe eines vorspringenden Daches abgewartet, als er vorn vor der Schenke einen schweren Wagen vorfahren hörte, der federnd abbremste. Mehrere Männer sprangen heraus und betraten rasch das Lokal.

      Ness stellte sich auf die Zehenspitzen, um von seinem Platz aus einen Blick durch das schmale Seitenfenster in den schummrigen Schankraum zu werfen. Schrill tönte drinnen die hypermoderne Musikbox und schleuderte ihre wilden Rhythmen in die Nebelnacht hinaus.

      Der Inspektor fröstelte. Aber er harrte noch auf seinem Posten aus. Offensichtlich war die Kneipe heute schlecht besucht. Als Ness dann schließlich nach einer halben Stunde gehen wollte, beobachtete er einen Mann, der laut schimpfend den Schankraum verließ.

      Der Inspektor folgte ihm. An der nächsten Gassenecke hatte er ihn eingeholt und bat ihn um Feuer.

      Knurrend griff der Mann in die Tasche – und hielt dem Inspektor einen Revolver unter die Nase.

      »Ich würde mit diesen Dingern vorsichtig sein«, meinte Ness. »Ich weiß, daß es ein Tischfeuerzeug in Revolverform ist. Ein schlechter Spaß – kann Ihnen einmal übel bekommen.«

      »Was soll das heißen«, meinte der Mann, während er die Flamme aus dem kleinen Revolver schoß und sie unter die Zigarette des Inspektors hielt.

      Der sog sie in die Tabakfäden, blies den Rauch aus und blickte die Gasse hinunter.

      »Ich