Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
Скачать книгу
der Mann, der nur drei Schritte vor ihm stand, stieß einen gellenden Schrei aus. Er torkelte nach vorn und kam damit dem Inspektor in die Schußlinie.

      Ness machte einen weiten Sprung nach links und hatte die Colt-Automatic aus dem Schulterhalfter gerissen. Zweimal brüllte sie auf.

      Sillot, der in affenartig schnellem Zickzack über die Straße sprang, schien von der zweiten Kugel getroffen worden zu sein. Er zuckte zusammen, hetzte strauchelnd weiter, hatte sich dann aber wieder in der Gewalt und verschwand in dem Haus, aus dem er gekommen war.

      Ness schob eine Pfeife zwischen die Lippen und stieß einen schrillen dreimaligen Pfiff aus. Dann beugte er sich über den Mann nieder, der wenige Schritte vor ihm auf dem Pflaster zusammengbrochen war. Er rollte ihn auf den Rücken und blickte in ein lichtloses Augenpaar. Die Beleuchtung in der Gasse war so schlecht, daß Ness das Gesicht des Niedergeschossenen nicht deutlich sehen konnte.

      Er richtete sich auf und fixierte den Hauseingang, in dem Sillot verschwunden war.

      Wenige Minuten später hatte der FBI-Agent die Hoftür des gleichen Hauses erreicht. Dazu hatte er eines der Nachbarhäuser passieren und zwei Mauern übersteigen müssen.

      Die Tür war verschlossen.

      Ness bückte sich zu einem der Kellerfenster; das zweite war unverriegelt. Der Einstieg war nicht ganz leicht und auch nicht ungefährlich, denn als er sich in das heruntergedrückte Fenster beugte und seinen Hut hinunterfallen ließ, konnte er aus dem Geräusch schließen, daß seine Vermutung ihn nicht getäuscht hatte: Es war einer jener uralten Keller, die sehr tief angelegt waren. Dennoch zwängte er sich durch den Fensterschacht an der Mauer hinunter. Er war im Kellergang, tastete sich im Dunkeln durch eine türlose Öffnung, bis er vor einer steinernen Treppe angekommen war, die geländerlos nach oben führte.

      Das war eine halsbrecherische Passage, die sogar noch um einen Absatz herumführte. Schließlich hatte er eine Tür erreicht, die höchstwahrscheinlich zum Hausflur führte.

      Sie war verschlossen!

      In diesem Augenblick hörte Ness Schritte, die die Treppe hinunterkamen.

      Rasch wandte er sich um, ging zurück und blieb hinter dem Mauerdurchbruch, in dem die Tür fehlte, stehen.

      Richtig, die Kellertür wurde aufgeschlossen, und ein Mann kam herunter. Daß es ein Mann war, hörte der Inspektor an dem heiseren Husten.

      Der Mann rasselte mit einem Schlüsselbund, kam dicht an ihm vorbei und ging mit schlurfendem Schritt den Gang hinunter, um vor einer der Drahttüren stehenzubleiben.

      Auf Zehenspitzen entfernte sich Ness, ging die Treppe hinauf und stand im Hausgang.

      Langsam ging er hinauf. Im ersten Stock konnte er das schwach beleuchtete Schild mit dem Namen Miller lesen. Gegenüber wohnte eine Familie namens Hopkins, die offenbar etliche Kinder hatte, denn der Lärm, der in den Hausflur drang, war nicht zu überhören.

      Ness ging weiter, und als er den nächsten Treppenabsatz erreicht hatte, sah er aus dem Dunkel den Glutpunkt einer Zigarette schimmern.

      Da stand also jemand und rauchte. Ness konnte ihn in der Dunkelheit nicht erkennen, durfte aber auch ziemlich sicher sein, daß er selbst nicht erkannt wurde. Im gleichen Tempo stieg er weiter hinauf. Als er den Treppenabsatz erreicht hatte, zog der Mann an seiner Zigarette, und ein winziger roter Lichtschein fiel für einen Augenblick auf seinen weißen Hemdkragen.

      Der Mann in der spanischen Kneipe hatte kein weißes Hemd getragen!

      Da hörte Ness aus der Ecke der Treppennische das unterdrückte Lachen eines Mädchens.

      Ein Liebespaar also wahrscheinlich.

      Ness setzte seinen Weg fort. Im nächsten Geschoß war eine der beiden Wohnungstüren nur angelehnt. Schwacher Lichtschimmer fiel aus dem Korridor in den Hausgang.

      Als der Inspektor einen Blick auf das Namensschild werfen wollte, hörte er plötzlich hinter sich die schnarchende Stimme eines Mannes:

      »Was wollen Sie hier?«

      Ness drehte sich sehr langsam um, obgleich er nicht wenig erschrocken war, denn er hatte wegen des Kindergeschreis im Untergeschoß die Schritte des ihn Verfolgenden nicht hören können.

      Die Worte, die da an sein Ohr gedrungen waren, mußten aus der Kehle eines Negers gekommen sein. Es war der Mann mit der Zigarette. Er stand jetzt vor ihm, und obgleich etwas Licht aus der Wohnung ins Treppenhaus fiel, waren nur seine Zigarette, sein weißer Hemdkragen, seine weißen Manschetten und seine hellen Schuhe zu sehen. Alles andere schien in der Dunkelheit zu schweben.

      »Hören Sie, Mister, wenn Sie von dieser idiotischen Staubsaugerfirma sind, dann will ich Ihnen sagen, daß ich es absolut nicht schätze, wenn jemand um diese Stunde noch meine Frau belästigt!« stieß der Neger kehlig hervor.

      Frau? Hatte er nicht mit einem Mädchen auf der Treppe gestanden? Da ging der Schwarze an ihm vorbei, stieß die Wohnungstür mit dem Knie auf, und der Inspektor konnte im Lichtschein des Korridors seine Konturen sehen. Es war ein mittelgroßer Mensch mit O-Beinen, wuchtigen Schultern und einem kleinen Kopf mit krausem, kurzgeschorenem Haar.

      »Sara!« rief er mit der kehligen Stimme, die seiner Rasse eigen war.

      Da wurde hinten eine Tür geöffnet, und eine fettleibige Negerin erschien in dem kurzen Flur.

      »Was gibt’s denn, Kid, ich denke, du bist Zigaretten holen?«

      »Ja, ja, ich bin zurück, das heißt, ich habe die Streichhölzer vergessen. Wenn der da…«, damit deutete er mit dem Daumen über die rechte Schulter, »wieder der Kerl von der Staubsaugerfirma ist, dann sag ihm, daß ich es nicht schätze, wenn er mich zu dieser nachtschlafenden Zeit noch heimsuchen will.«

      »Aber der Mann will doch gar nicht zu dir, und außerdem habe ich dir gesagt, er kommt höchstens bis neun, und jetzt ist es schon – wieviel Uhr ist es eigentlich?«

      »Schluß damit«, knurrte der schwarze Kid, während er eine Hand aus der Tasche nahm und sich damit durchs Genick fuhr.

      »Verschwinden Sie, Mann«, wandte er sich wieder an Ness. »Wir haben einen alten Staubsauger, und der muß noch eine Weile halten.«

      Der Inspektor nickte, wandte sich ab, warf einen raschen Blick auf das Namensschild der gegenüberliegenden Wohnung und las den Namen Gomez.

      Zweifellos ein spanischer Name. War der Mann, dem er gefolgt war, hier in dieser Wohnung?

      Als er die Hand zum Klingelknopf hob, hörte er die Stimme des Negers wieder hinter sich.

      »Ach, Sie werden doch nicht glauben, daß die da drüben einen Staubsauger kaufen. Mann, Sie müssen wirklich eine Meise haben. Überhaupt möchte ich mal wissen, weshalb Sie mit diesem Blödsinn nicht am Tage herumlaufen, nachts schlafen die Leute schließlich, oder?«

      Das Kichern des Mädchens kam unten vom Treppenabsatz herauf. Es schien den Schwarzen nicht im geringsten zu stören. Er kam wieder in den Flur, spie den Rest seiner Zigarette über das Geländer und sah dem wirbelndem Glimmfunken nach, bis er unten im Parterre auf dem Terrazzo-Fußboden aufschlug. »Ja, da will ich mich mal schlafen legen.«

      »Dann gute Nacht, Mr. Higgins«, kam da die scharfe Stimme des Mädchens unten vom Treppenabsatz herauf.

      »Hallo, Miß Parker! Sie sind so spät noch auf?« tat er erstaunt. »Kleine Mädchen sollten schon längst schlafen.«

      Die fette Negerin hatte die Worte offenbar mitbekommen, da sie in der offenen Küchentür gestanden hatte. Rasch watschelte sie durch den Flur zur Wohnungstür und rief ihrem Mann, der noch am Geländer lehnte, zu:

      »Ach, du hast wohl wieder mit der da unten gesprochen, was?«

      »Halt die Klappe«, rief der Neger und fuhr sich mit dem linken Mittelfinger durch den weißen Hemdkragen.

      Da ging in der kleinen Wohnung der Familie Higgins noch eine Tür auf und ein schwerer vierschrötiger Mann kam hinter der dicken Sara heraus. Auch er trat neben