Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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Sie haben einen anonymen Brief geschrieben.«

      »Was fällt Ihnen ein! Wie käme ich denn dazu? Was geht mich denn überhaupt das Ganze an!« Damit hatte der Hilfsarbeiter Edward J. Presley den zweiten Fehler gemacht.

      »Ich sagte schon, wir wollen es kurz machen«, unterbrach der Inspektor sein wildes Aufbegehren. »Ich habe von allen Leuten, die hier arbeiten, Schriftproben. Auch von Ihnen, Mr. Presley; und Ihre Schriftprobe stimmt genau mit der Schrift des anonymen Briefes überein.«

      Und jetzt machte der Arbeiter seinen dritten verhängnisvollen Fehler.

      »Aber er ist doch gar nicht mehr der Ha…« Jäh brach er ab – aber es war zu spät.

      »Richtig, Presley, er ist mit der Schreibmaschine abgefaßt worden«, versetzte der Inspektor. Damit nahm er ihn am Arm und zog ihm den Werkzeugkasten weg. »Kommen Sie mit.«

      Edward Presley gestand nach zweieinhalbstündiger Vernehmung, daß er den Brief geschrieben hatte. Aber gleich nach seinem Geständnis schrie er aus heiserer Kehle:

      »Aber ich war es nicht! Ich habe die Moreland nicht umgebracht!«

      »Nein«, entgegnete der Inspektor ruhig, ohne sich von seinem Sitz zu erheben. Und dann hörte Pinkas Cassedy seinen Chef zu seiner Verbüffung sagen: »Aber Selma Martinson haben Sie ermordet, Presley?«

      War der Nebelmörder gefunden?

      Die Affäre Moreland war noch verwirrter geworden. Niemand schien mehr aus noch ein zu wissen. Im Gefängnis saß ein schwer belasteter Mann, und einer seiner Kollegen war wenige Tage nach Busters Inhaftierung des Mordes durch Erwürgen an einer anderen Frau überführt worden.

      War Presley der Nebelmörder? Hatte er auch die Moreland auf dem Gewissen?

      Rufus Matherley schwieg sich aus. Auch die anderen Blätter verhielten ihre Stimme.

      Wie auch immer es aussehen mochte: Die Busstation hatte einen schweren Schlag versetzt bekommen. Einer ihrer Hilfsarbeiter war eines Mordes überführt worden.

      Joseph Buster blieb weiterhin in Haft. Denn die dreiundvierzigjährige Dora Heed hatte ihn am Vortage mit ihrem Zeugnis schwer belastet:

      Ich bin bereit zu schwören, hatte sie unterschrieben, daß ich in Buster den Mörder erkenne. Ich befand mich zur Zeit der Tat etwa fünfzehn Schritt von der Stelle entfernt. Als Buster dann durch die Gebüsche zur Straße lief, habe ich ihn deutlich erkannt.

      Befragt, weshalb sie erst heute damit ankäme, antwortete sie, daß sie Angst gehabt hätte. Aber ihr Mann hätte es schließlich geschafft, sie zu überreden, der Polizei die Wahrheit zu sagen.

      Schon am gleichen Abend in der zweiten Vernehmung brach das ›Zeugnis‹ der Dora Heed zusammen. Eliot Ness sagte ihr auf den Kopf zu, daß sie schon vor fünf Jahren einmal versucht hatte, eine des Mordes verdächtige Frau in Stickney zu belasten. Es war eine Verleumdung gewesen, die ihr sogar eine Klage eingetragen hatte.

      Trotz dieser Erfahrung schien die Bevölkerung nicht klug geworden zu sein, denn schon am nächsten Nachmittag traf wieder ein Schreiben ein, in dem Buster erneut von einer Frau beschuldigt wurde. Diesmal war es die siebenunddreißigjährige Josephine Elmhurst. Sie erwies sich als ein schwererer Brocken. Dennoch hatte der Insepktor ihr innerhalb von drei Stunden bewiesen, daß auch ihre Beschuldigung aus den Fingern gesogen war.

      »Ich werde Klage gegen Sie einreichen«, sagte der Inspektor, als er die zitternde Friseuse in der Abendstunde dieses Tages schließlich nach Hause schickte.

      Müde senkte Eliot Ness den Kopf auf beide Hände und starrte auf die Schreibtischplatte.

      Was jetzt? War Presley der Nebelmörder? Hatte er Ireen Moreland ermordet?

      Fast um die gleiche Stunde nahm sich drüben im Planit-Gefängnis der Hilfsarbeiter Presley das Leben. Und damit nahm er das Geheimnis mit sich ins Grab.

      Inspektor Ness ließ die Nachtzeitungen wissen, daß der Untersuchungsgefangene Buster auf freien Fuß gesetzt worden sei.

      Gegen neun Uhr vierzehn am darauffolgenden Abend wurde die ehemalige Stewardeß Gardy Belem am Rand des Washingtonparkes erwürgt an einem Gebüsch aufgefunden. Wieder lagen wallende Nebel über der Stadt und schienen sie ersticken zu wollen. Am Hals der Toten waren zwar starke Würgemale, jedoch keine Fingerabdrücke zu entdecken.

      Jetzt beschoß der populäre Zeitungsmann Rufus Matherley den Inspektor Ness aus allen Rohren.

      ›FBI läßt den Nebelmörder frei!‹

      ›Inspektor Ness begünstigt zweiten Mord des Nebelmörders!‹

      Ähnliche Schlagzeilen bellten wie Hunde dem großen Wolf Matherley nach, und die Bevölkerung geriet in heller Aufruhr. Ja, es war tatsächlich möglich, eine Stadt, die mehrere Millionen Menschen beherbergte, konnte durch so etwas stark beunruhigt werden. Zwar hätten die Menschen in den Außenbezirken sich sagen können: »Was geht uns ein Mann an, der durch die Stadt geistert und in einem Park Frauen erwürgt?« – Aber die Angst schien schwarzgraue Flügel bekommen zu haben, die unter dem Nebel dahinflatterten und bis in die äußersten Winkel der Weltstadt drangen.

      *

      Eliot Ness saß an seinem Schreibtisch und blickte unverwandt auf ein Schriftstück, das vor ihm lag, als der Summer einer der Apparate ihn aufschreckte. Er tippte auf den roten Knopf daneben.

      »Was gibt’s?«

      Die Stimme der kleinen schwarzhaarigen Ruth Everett kam aus dem Gerät:

      »Mr. Rufus Matherley ist hier.«

      Der Inspektor hatte ein kleines Lächeln um die Mundwinkel und sagte dann:

      »Ich lasse bitten.«

      Der schwerleibige Matherley stampfte herein. Er war ein Mann von sicher einsachtzig Größe, mit einem gewaltigen Körper, einem eleganten grauen Anzug und einem Mantel, der selbst bei Macy seine dreihundert Dollar gekostet haben mußte. Den weichen Hut hatte er tief im Genick sitzen, und seine Stirnglatze glänzte vor Feuchtigkeit. Flammende Röte stand auf seinem feisten Gesicht, und ohne ein Wort der Begrüßung von sich zu geben, bellte er:

      »Na, Ness, was sagen Sie jetzt?«

      Der Inspektor blickte ihn sehr ruhig an und deutete dann auf einen der beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen.

      »Guten Tag, Mr. Matherley. Bitte, wollen Sie Platz nehmen.«

      »Nein, ich verzichte, Inspektor. Ich verzichte wirklich. Ich hätte nur gern von Ihnen gewußt, was Sie zu dem zweiten Mord im Washingtonpark sagen.«

      »Es ist eine höchst bedauerliche Geschichte, Mr. Matherley.«

      »Höchst bedauerliche Geschichte?« drang es heiser aus der Kehle des entrüsteten Journalisten. »Mensch, ich glaube, Sie sind wohl amtsmüde, was? Wie haben sie sich das gedacht? Wie kommen Sie dazu, einen so schwer belasteten Mann wie Buster zu entlassen? Einen Menschen, dem man den Mörder auf hundert Schritt ansah!«

      »Er war nicht mehr schwer belastet, Mr. Matherley«, entgegnete der Polizeioffizier immer noch gelassen. »Außerdem hatte er gar nicht die Möglichkeit, den Mord auszuführen.«

      »Wie soll ich das verstehen?«

      »Weil er das Gefängnis bis zu dieser Stunde noch nicht verlassen hat.«

      Der Kopf des Zeitungsmannes zuckte zur rechten Schulter hinüber. Nur die linke Gesichtshälfte war dem FBI-man zugeneigt, und das schwere linke Augenlid zuckte auf und ab.

      »Wie war das?« stieß Matherley hechelnd hervor.

      »Ich sagte, daß der Untersuchungsgefangene Joseph Buster nach wie vor in seiner Zelle sitzt.«

      Da richtete sich Matherley mit einem Ruck auf. Wortlos wandte er sich um und stampfte hinaus. Von dieser Stunde an hatte der junge Inspektor Ness einen Feind, der nicht zu unterschätzen war. Der beziehungsreiche Zeitungsmann Rufus Matherley würde ihm später noch, in den Auseinandersetzungen mit Al Capone,