Nicolae: An der Quelle - Band 7. Aurelia L. Porter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aurelia L. Porter
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Nicolae-Saga
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347053854
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ja, lachte er, und noch viele mehr. Ich sei herrlich unverblümt, habe sie ihm erklärt. Am meisten habe ihr imponiert, dass ich ihr stets Kontra gegeben hätte. Sie sei so froh gewesen, endlich eine Gesellschafterin gefunden zu haben, die es mit ihr aufnehmen könne. Doch da sei ich bereits wieder von der Bildfläche verschwunden gewesen, wie im Übrigen auch auf den Fotografien seines Bruders, einfach in Luft aufgelöst – seltsame Sache!

      Ich verstand nicht, doch er ignorierte meinen fragenden Blick.

      „Treten Sie doch näher, Frau Popescu, und nehmen Sie Platz. Meine Mutter wird hocherfreut sein, Sie wiederzusehen.“

      „Wird sie mich nicht eher in der Luft zerreißen, weil ich einfach weggeblieben bin?“

      „Aber, aber, wenn die Familie ruft …“, zwinkerte er mir zu und streichelte Sofia übers Köpfchen. Erst da fiel mir wieder ein, dass eine in Not geratene fiktive Tante als Grund für mein Ausbleiben vorgeschoben worden war.

      Wie ich der Gnädigsten das Kind erklären solle?, stotterte ich, ich hätte doch bloß Maria einen kurzen Besuch abstatten wollen.

      Aber da war er bereits aus dem Raum, um seine Mutter aus ihrem Mittagsschlaf zu wecken.

      Augenblicke später schob Maria einen Teewagen in den Salon.

      Ob sie Sofia nehmen könne, solange ich der Gnädigsten meine Aufwartung mache?

      Maria winkte ab. Ich solle mich nicht unnötig sorgen, Anton würde das Kindchen schon schaukeln, zwinkerte sie mir zu.

      Ich begann mich unwohl zu fühlen in dieser seltsamen Inszenierung. Wieso nannte sie Dr. Vianu einfach beim Vornamen? Verwirrt schaute ich ihr ins Gesicht, da kicherte sie los: „Ich sagte dir doch, dass ich einigen Einfluss auf ihn habe!“

      Wie blind ich gewesen bin! Dachte ich doch, sie hätte etwas mit dem Fotografen-Sohn, dabei hat sie etwas mit dem Arzt-Sohn.

      Während meine Gedanken noch hin und her flogen, ging die Tür auf und Dr. Vianu geleitete seine Mutter in den Raum, gefolgt von Herrn Ludo. Die Patronin nahm wie üblich ihren Thron an der Tafel ein und befahl Maria, Kaffee auszuschenken.

      Diesmal bekam auch ich eine Tasse gereicht – plus Konfitüre!

      Was ihr die hohe Ehre verschaffe, meiner noch einmal ansichtig werden zu dürfen?, fragte Madame Vianu auf ihre gewohnt hochmütige Art.

      Begünstigt durch die belustigte Miene ihres Arzt-Sohnes, kitzelte ihre Wortwahl auch mein Zwerchfell. Dr. Vianu machte eine aufmunternde Geste in meine Richtung.

      Die Ehre, antwortete ich wahrheitsgetreu, habe eigentlich ihrem Hausmädchen Maria gegolten – woraufhin Madame dreimal mit ihrem Stock auf das Parkett donnerte.

      Wie sie das bitte schön verstehen dürfe?

      Erschrocken über das laute Geräusch fing Sofia an zu weinen. Ich wiegte sie und sprach beruhigend auf sie ein.

      Wieder erklang das dreimalige Donnern, diesmal noch ungehaltener. Herr Ludo sah mit gerunzelter Stirn zu seiner Mutter hin und zupfte sich nervös am Bart, während sein Bruder, die Kaffeetasse auf dem übergeschlagenen Bein balancierend, dem Schauspiel sichtbar amüsiert beiwohnte.

      Ich bäte sie inständig, dies zu unterlassen, forderte ich die Patronin auf, denn es würde mein Kind in Angst und Schrecken versetzen. Und wie um meine Worte zu unterstreichen, brüllte Sofia jetzt erst richtig los. Maria, die neben der Salontür wartete, trat vor und nahm sie mir ab.

      Man erkläre sich ihr!, befahl die Patronin an alle gerichtet.

      Daraufhin erteilte ich ihr die Auskunft, dass die Geburt meines Kindes mich davon abgehalten habe, sie weiterhin zu beehren.

      Ein langes erdrückendes Schweigen folgte, währenddessen sie mit ihren rosa lackierten Fingernägeln der freien Hand auf den Rand des polierten Tisches trommelte.

      Herr Ludo rutschte ungemütlich auf seinem Sitz hin und her, Dr. Vianu jedoch schien die Aufführung immer mehr zu genießen.

      Man schäme sich also nicht, eine mit Blindheit geschlagene alte Frau skrupellos zu hintergehen und ihr Lügen aufzutischen? Nun denn, so weit sei es mit der Welt gekommen! Von den Domestiken habe sie nichts anderes erwartet. Aber von ihrem eigen Fleisch und Blut – wobei sie mit ihrem Stock in Richtung ihres Künstler-Sohnes wies – sei sie schwer enttäuscht. Er habe ja wohl sehen können, unter welchen Umständen ich damals ihr Haus betreten hätte, und nicht ein einziges Wort darüber verloren.

      Herr Ludo senkte betreten sein Haupt und bat demütig bei der Frau Mama um Verzeihung. Er murmelte etwas davon, dass er dem keine Bedeutung beigemessen habe.

      Die darauf einsetzende Stille war fast schlimmer als das Donnern des Stockes. Schließlich sprach die Herrin des Hauses in einem eisigen Ton, der alles um sie herum zum Gefrieren brachte: Da komme täglich eine hochschwangere junge Frau in ihr Haus, und ihr Herr Sohn messe dem keine Bedeutung bei, welche Art Spekulationen dies bei den Nachbarn auslösen werde?! Jedenfalls erkläre es das Getuschel und die seltsamen Andeutungen, denen sie um die Weihnachtszeit ausgesetzt gewesen sei. Nicht einer habe den Mut besessen, sich näher zu erklären, nichts als verlogenes Pack bis in die höchsten Kreise hinein! Und sie sei all dem Schmutz schutzlos ausgeliefert gewesen dank der Traumtänzerei ihres nichtsnutzigen Sohnes. Es sei nun endlich an der Zeit, die Nabelschnur zu kappen, sein seliger Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, wie sehr der Herr Künstler seinem hart arbeitenden Bruder auf der Tasche liege und nichts Besseres zu tun wisse, als das Familienvermögen durchzubringen. Dass er sich nicht schäme, sie so weit getrieben zu haben, sich vor einer Fremden derart zu vergessen …!

      Sie ließ ein trockenes Aufschluchzen hören, bevor sie theatralisch ihr Spitzentüchlein aus dem Ärmel zog und an ihre schmalen Lippen drückte.

      Herr Ludo, zu schwach, um etwas zu entgegnen, schien nur noch in Grund und Boden versinken zu wollen.

      Nachdem sein Bruder sich an dieser Szene genug geweidet hatte, erhob er sich gewichtig, um seiner Mutter in fürsorglicher Manier die Hand auf die Schulter zu legen. „So beruhigen Sie sich doch, Mama“, sprach er wie zu einer seiner Patientinnen. „Sie wissen genau, dass Aufregung Ihrem Herzen nicht guttut. Wollen Sie Papa etwa bald folgen?“ – Vico sei nun einmal ein Spinner. Die müsse es auch geben. Aber Schwamm drüber, wichtig sei nur, dass ihre liebe Frau Popescu, wenn auch aus völlig anderem Grunde, in ihr Haus zurückgekehrt sei. Dies eröffne ihr nun die einmalige Gelegenheit, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen, sofern die junge Mutter gewillt sei, sich ein gutes Zubrot zu verdienen und der werte Herr Gatte und Kollege nichts dagegen einzuwenden habe. So ein junger Familienhaushalt würde doch gewiss die eine oder andere Anschaffung benötigen. Die Vergütung als Gesellschafterin in Festanstellung sei natürlich eine beträchtlich höhere als zuvor, dessen möge ich versichert sein. Was die Beaufsichtigung des Kindchens anbelange, erweise sich Maria schon jetzt als äußerst kompetent, wie alle in diesem Raum bestätigen könnten, die sehenden Auges seien, aber auch der Frau Mama würde sich dies ob des zufriedenen Glucksens des Kindes übermitteln.

      Da wurde es mir zu bunt, Zoe.

      „Habe ich dabei auch noch ein Wörtchen mitzureden?“, entfuhr es mir ungehalten. „Was ich zu tun oder nicht zu tun beabsichtige und zu welchen Bedingungen, entscheide ich immer noch selbst. Weder mein Mann noch die Herrschaften haben darüber zu befinden!“ Damit erhob ich mich inmitten der überraschten Gesichter.

      Ich bedankte mich für den Kaffee und wollte gehen, da richtete sich die Patronin zu ihrer vollen Größe auf und schickte ihre Söhne und Maria aus dem Zimmer.

      „Mein liebes Kind“, sprach sie zu mir in einem völlig veränderten Ton. „Es fällt mir nicht leicht, da ich es nicht gewohnt bin, doch bitte ich Sie sehr, mir die Freude Ihrer Gesellschaft zu machen. Falls es sich Ihrerseits nicht regelmäßig einrichten lässt, dann will ich mich eben mit gelegentlichen Besuchen zufriedengeben. Mein Sohn würde sich, wie bereits erwähnt, mehr als großzügig erweisen. Ich spüre doch, dass Sie nach einem standesgemäßen Leben verlangen, an das Sie ganz offenkundig gewöhnt sind und welches Sie – aus welchem