Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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Parker hatte etwa eine Stunde geschlafen, als er aus dem Schlaf gerissen wurde.

      Er hörte Rufe und Schreie vor dem Haus, stürzte ans Fenster und sah das Haus Dr. Flanders, das in hellen Flammen stand. Ohne sich besonders zu beeilen, schaffte es Parker, in weniger als drei Minuten fertig angekleidet zu sein.

      Gemessenen Schrittes, angetan mit dem unvermeidlichen schwarzen Covercoat, der Melone und den schwarzen Schuhen, wanderte er zur Brandstelle hinüber. Er hatte auf den ersten Blick gesehen, daß dort nichts mehr zu retten war. Das Feuer hatte das Balkenwerk des Hauses erfaßt und leckte mit langen Zungen aus den Fensterlöchern. Die Feuerwehr, sofern man von einer solchen sprechen konnte, beschränkte sich darauf, die umliegenden Häuser gegen den Funkenflug abzuschirmen. Man regte sich nicht sonderlich über den Brand auf und nahm ihn als etwas Unausweichliches hin.

      Als die Balken des Dachstuhls eingestürzt waren, erschien auch Sheriff Longer auf der Bildfläche. Er war sichtlich angeheitert, und seine sogenannten Absperrmaßnahmen wurden überhaupt nicht beachtet. Als Longer Parker sah, torkelte er vorsichtig auf den Butler zu und tippte grüßend an die Krempe seines Hutes. Parker dagegen hob höflich die schwarze Melone.

      »Schade um das Haus des Dr. Flanders«, meinte Parker im Plauderton, »es hätte sich bestimmt ein Liebhaber dafür gefunden … Was werden die Erben von Dr. Flander dazu sagen?«

      »Mrs. Anderson?«

      »Das Haus war der Witwe vermacht worden, wie ich Ihren Andeutungen entnehmen darf?«

      »Der Doc hatte es ihr vermacht, das weiß jeder hier im Ort.«

      »Hoffentlich war es brandversichert?«

      »Möglich«, sagte Longer, »aber das weiß allein nur Blander … Er ist auch Agent für alle Versicherungen.«

      »Mister Blander scheint ein sehr betriebsamer Mensch zu sein …«

      »Warum auch nicht?«

      Butler Parker hatte die Witwe Anderson gesehen und verabschiedete sich sehr umständlich von Sheriff Longer, der den Butler mit plötzlich sehr wachen Augen verfolgte, mit Augen, in denen von einer Trunkenheit nichts mehr zu erblicken war. Aber das sah Parker gar nicht; er hatte inzwischen die Witwe erreicht und verbeugte sich sehr höflich.

      »Gut, daß ich Sie sehe«, meinte Mrs. Anderson, und sah Parker verkniffen und ängstlich an. »Ich verbiete Ihnen, sich an meine Tochter heranzumachen.«

      »Mrs. Anderson, ich fürchte, Sie überschätzen den Charme eines alten Mannes«, gab Butler Parker etwas wehmütig zurück.

      »Sie wissen genau, was ich meine«, sagte die knochige Witwe. »Ich möchte nicht, daß Vera noch Ärger bekommt … Halten Sie Ihre Nase am besten aus allem heraus …! Sie wissen ja nicht, was hier gespielt wird.«

      »Ich habe mir seinerzeit von der Lady Windermere sagen lassen müssen, daß sich alle Spielregeln erlernen lassen«, meinte Butler Parker und schaute die Witwe neckisch an. »Damals handelte es sich allerdings um Whist, das ich um keinen Preis glaubte erlernen zu können. Und Lady Windermere hatte durchaus Recht. Später brachte ich es im Whist immerhin zu einiger Meisterschaft, so, daß sich Lady Windermere weigerte, mit mir zu spielen.«

      »Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe«, sagte die Witwe sehr verärgert, und sie wendete dem Butler abrupt den Rücken zu.

      Aber Parker übersah diesen Fauxpas und zog weiter an der Zigarre. Sein stets waches Interesse kam voll auf seine Kosten. Er wurde geradezu belohnt, als ein Buick neuester Bauart an der Brandstelle erschien und ein breitschultriger Mann ausstieg, dem die Neugierigen widerspruchslos eine Gasse öffneten. Obwohl Parker diesen Mann noch nie gesehen hatte, wußte er mit Sicherheit, daß es sich nur um Clive Blander handeln konnte. Er bewegte sich mit einer selbstverständlichen Sicherheit, die erstaunlicherweise nicht arrogant war.

      Butler Parker arbeitete sich näher an diesen sagenhaften Mann heran und studierte dessen Antlitz. Das Gesicht wirkte zwar kantig, aber sympathisch kühn und offen. Blander hatte pechschwarzes, kurzgeschnittenes Haar, das ihm ausgezeichnet stand. Wenn er redete, dann waren einige goldüberzogene Zähne zu sehen.

      Sheriff Longer hatte Blander erblickt und rannte zu ihm. Er platzte fast vor Wichtigtuerei, als er sich mit Blander unterhielt, der seinen Worten kaum Gehör schenkte. Vielmehr wendete sich der Vierzigjährige an die Witwe Anderson und sagte lächelnd einige Worte zu ihr. Das Haus des Arztes war inzwischen niedergebrannt. Die Löschmänner der freiwilligen Wehr rissen die Balken auseinander. Blander, gefolgt von einer Schar Männer, hatte sich umgewendet und ging auf die Eckbar zu.

      Bei dieser Gelegenheit sah Parker Walter Renner, der neben der Tür der Kneipe jetzt auf tauchte. Hinter ihm erschien Joe, der Parker auch nicht mehr unbekannt war.

      Butler Parker folgte den Männern, nicht, weil er durstig war, sondern weil er früher oder später doch mit Blander hätte sprechen müssen. Er liebte es eben manchmal, den Stier bei den Hörnern zu packen.

      Obwohl Clive Blander der Mittelpunkt in der Bar war, um den sich alles drehte, löste Parkers Eintritt eine Sensation aus. Alles drehte sich zu dem schwarz gekleideten Mann um, der höflich seine Melone lüftete und still und bescheiden an einem kleinen Tisch Platz nahm.

      Clive Blander gönnte Parker nur wenige Sekunden, dann drehte er ihm wieder den Rücken zu und unterhielt sich mit Sheriff Longer. Hank Nebbel, der am entgegengesetzten Ende der Bartheke stand, wurde inzwischen von Walter Renner und Joe angepöbelt. Die beiden Männer waren mehr als deutlich und man sah, daß Nebbel sich auf keinen Fall provozieren lassen wollte.

      »Hallo, endlich einmal ein neues Gesicht …!«

      Clive Blander war an Parkers Tisch getreten und zog einen Stuhl heran. Er setzte sich unaufgefordert und grinste den Butler an.

      »Nehmen Sie doch bitte Platz«, sagte Parker in sanft verweisendem Ton. »Ich hatte bisher nicht das Vergnügen, Ihnen vorgestellt zu werden.«

      »Ich bin Clive Blander.«

      Parker nannte seinen Namen, und er blies den Rauch der Zigarre diesmal absichtlich so von sich, daß Blander einen Teil davon abbekam. Er begann dann auch prompt zu husten.

      »Mann, was für’n unmögliches Kraut rauchen Sie denn da?« fragte er und wedelte sich mit der flachen Hand frische Luft zu. »Schon lange hier in Wech-Lake?«

      »Ich bin noch nicht einmal, wie man sich im Volksmund so treffend ausdrückt, warm geworden«, antwortete Butler Parker.

      »Wollen Sie länger bleiben?«

      »Das hängt von gewissen Umständen ab, Sir, die zu beurteilen ich mich außerstande fühle«, war Parkers Antwort. »Oder vulgärer ausgedrückt, das hängt davon ab, wie schnell ich einen gewissen Doppelmörder finde, der darüber hinaus noch der Chef einer Gangsterbande ist.«

      »Da haben Sie sich aber mächtig was vorgenommen«, sagte Clive Blander, ohne eine Miene zu verziehen. »Ist mir allerdings neu, daß hier in Wech-Lake eine Gangsterbande existieren soll … Sheriff … wissen Sie etwas davon?«

      Es war sehr still in der Bar geworden.

      Alles hatte sich dem Tisch zugewendet, an dem sich Blander und Butler Parker gegenübersaßen. Sheriff Longer schnaufte erschreckend laut, als er an den Tisch herantrat.

      »Gangster?« gab er zurück, »hier in Wech-Lake? Das kann doch nur ein Witz sein.«

      »Na, sehen Sie, Mister Parker«, sagte Blander auflachend, »Sie bilden sich da was ein … gehören Sie eigentlich zur Polizei?«

      »Ich arbeite privat …«

      »Dann wollen Sie hier wohl Reichtümer erwerben, wie?«

      »Ich mache mir recht wenig aus dem schnöden Mammon«, entgegnete Butler Parker würdevoll. »Geld schafft Sorgen, wie so treffend einmal vom Herzog von Windesblad gesagt wurde. Viel Geld, viel Sorgen, sehr viel Geld, Existenzangst. Ich habe mir erzählen lassen, Mr. Blander, daß Sie sehr reich sein sollen.«

      »Ich habe aber