»Die Pilze waren in Ordnung«, sagte Stimson und schaute Parker fassungslos an.
»Ich zweifle nicht an Ihren Worten«, antwortete Parker höflich, wie er es in jeder Situation war. »Nur Blim dürfte von Ihrer Versicherung wenig haben.«
»Wenn’s Ihnen bei mir nicht paßt, so können Sie ja ausziehen«, sagte Stimson verärgert.
»Ich fühle mich in Ihrem Haus ausgezeichnet«, widersprach Parker würdevoll. »Vielleicht sollte man es diesmal mit einem gebratenen Steak versuchen.«
»Ich bin jetzt ausverkauft«, meinte Stimson. »Wenn Sie essen wollen, müssen Sie rüber in die Bar gehen.«
»Ich bedanke mich für diesen freundlichen Hinweis«, sagte Parker, nahm seine Melone hoch und warf sich geschickt den schwarzen Covercoat über. Dann trippelte er aus der Halle.
Stimson starrte wie gebannt auf die Speisenreste und auf den toten Hund. Ihn schien zu frösteln. Er hob die Schultern und schlurfte wie ein müder, alter Mann hinter die Theke, um sich einen Whisky einzugießen.
Butler Parker stand inzwischen vor der Bar, in der er schon einmal die beiden Spezial-Whisky getrunken hatte. Als er das Lokal betrat, stolperte er über zwei blitzschnell vorgeschobene Beine, die man ihm absichtlich in den Weg gestellt hatte.
Als er haltsuchend nach vorn griff, prallten seine Hände gegen eine harte Männerbrust.
»Ich bitte mein Ungeschick zu entschuldigen«, sagte Parker, als er wieder sicher auf den Beinen stand.
»Sie wollen wohl Krach haben, wie?« erwiderte der Mann vor Parker, und er holte sofort und ohne Warnung zu einem Schlag aus …
*
Es handelte sich um drei Männer, die sich mit Butler Parker befassen wollten.
Es waren ausgemachte Schläger, die man in Wech-Lake fürchtete. Sie glichen Walter Renner in Figur, Brutalität und Dummheit. Sie waren es gewohnt, daß sie sich durchsetzten, und sie hatten fast gemault, als man sie auf einen einzigen Mann ansetzte, der noch dazu einen völlig harmlosen Eindruck machte. Sie hatten sich diesen billigen Trick mit dem Beinstellen ausgedacht, um wenigstens den Anflug eines Grundes zu haben, mit Parker ins Handgemenge zu geraten.
Butler Parker wußte das in dem Moment, als sie sich über ihn hermachen wollten. Er verlor trotzdem nicht die Nerven. Er war es gewohnt, daß man sich mit ihm befaßte. Aber er dachte nicht daran, rohe Gewalt mit roher Gewalt zu beantworten. Nein, Parker setzte die List, die körperliche Gewandtheit, dagegen.
Er bediente sich dabei einiger Judogriffe, die man von den Lehrmeistern dieser Verteidigungskunst erst nach Jahren beigebracht bekommt. Er verlor noch nicht einmal seine schwarze Melone, als er sich der drei Männer annahm, die sich alles so fürchterlich einfach vorgestellt hatten. Butler Parkers Arme und Hände wirbelten blitzschnell herum, und manchmal half er auch etwas mit den Beinen nach. Er schaffte es in genau einer Minute, seine drei Gegner auf die Erde zu zwingen. Er schaffte es so, daß sie sich nicht rührten.
»Ich fürchte, daß ich etwas laut sein mußte«, sagte er zu dem Barkeeper, bevor er sich an einen freien Tisch setzte und die kleine Speisekarte studierte. Um die drei Männer kümmerte er sich nicht weiter, wenigstens wirkte sein Gehabe nach außen hin so.
Die Männer, die sich in der Bar befanden und mit gemischten Gefühlen diesem Auftritt zugesehen hatten, riskierten es nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Sie starrten Parker wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt an.
»Mich würde ein Steak interessieren«, sagte Parker zu dem Barkeeper. »Achten Sie bitte darauf, daß es nur leicht angebraten ist … Auf Pilze möchte ich verzichten, mir genügen diesmal einige Zwiebelringe …!«
Butler Parker holte ein Notizbuch aus dem Covercoat, den er über eine Stuhllehne gehängt hatte und begann darin herumzukritzeln. Er notierte sich die bisher gehörten Namen, die mit dem Fall im Zusammenhang standen und sah auch dann nicht auf, als die drei niedergezwungenen Männer sich langsam erhoben und miteinander tuschelten.
Alles in der Bar wartete auf eine Fortsetzung der Auseinandersetzung.
Parker hingegen nickte nur zufrieden, als ihm das Steak serviert wurde. Ohne Argwohn und Mißtrauen machte er sich über den Teller her, das heißt, er aß mit der Würde eines Gentleman, der seine Bewegungen unter Kontrolle hält.
Die drei Männer schienen zu einem Entschluß gekommen zu sein. Einer von ihnen verließ die Bar, die beiden anderen näherten sich langsam dem Tisch, an dem Parker saß.
»He, Sie da …!«
»Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Sie mich meinen«, gab der Butler freundlich zurück. Das Steak war ausgezeichnet, und Parker erfreute sich seines Daseins.
»Sie wissen schon verdammt genau, daß ich Sie meine«, antwortete dieser stämmige Mann und baute sich breitbeinig vor dem Tisch auf. »Ich gebe Ihnen den guten Rat, so schnell wie möglich zu verschwinden.«
»Ich danke Ihnen für diesen freundlichen Rat.«
Der Mann hatte so etwas noch nicht erlebt. Er scharrte wie ein Huhn mit den Beinen auf dem Boden herum und setzte sich wieder ab. An der Bartheke nahm er erst einmal einen Drink, um sich von seinen Erlebnissen zu erholen.
Butler Parker verfügte über einen gut ausgeprägten Instinkt. Er fühlte es förmlich, daß ihm die Sympathien vieler Anwesender entgegenflogen. Man hatte diesen drei Rowdys die Abfuhr gegönnt. Es war sicher, daß mancher hier aus Wech-Lake etwas über gewisse Dinge wußte; aber man hütete sich durch die Bank, auch nur ein Wörtchen darüber zu sagen. Wie brutal gewisse Leute vorgingen, hatten die beiden Morde ja bereits hinlänglich bewiesen.
Nachdem Butler Parker sich gestärkt hatte, setzte er einen seiner schwarzen Torpedos in Brand. Mit einigem Erstaunen nahm er zur Kenntnis, daß die Tische in seiner unmittelbaren Nähe schleunigst geräumt wurden. Ein leichtes Hüsteln machte sich breit. Parker roch an der Zigarre, aber er fand sie ausgezeichnet. Sicher, sie war ein wenig stark, aber das beeinträchtigte doch gar nicht das Aroma.
Als er gezahlt hatte, verließ er die Bar.
Kaum hatte er die Pendeltür hinter sich zufallen lassen, als er sich auch sofort zu Boden fallen ließ. Im gleichen Moment bellten zwei Schüsse auf, die knapp über seinen Kopf in die Tür zischten. Diesmal ließ Parker die Schüsse nicht unbeantwortet.
Wie durch Zauberei lag eine schwere Magnum in seiner Hand, eine automatische Waffe mit einem überlangen Lauf, die speziell zur Überbrückung von weiten Entfernungen konstruiert worden war. Parker schoß nur einmal zurück, und sein Ziel war ein Mündungsfeuer, das er auf der anderen Straßenseite gesehen hatte.
Er traf.
Ein gellender Schrei ertönte, dann waren hastige Schritte zu hören.
Parker wartete nicht auf das Erscheinen der neugierigen Gäste, sondern er tauchte tiefer in die Dunkelheit hinein und steckte die Magnum zurück in seine Manteltasche.
Erstaunlich, wie schnell er gewissen Leuten bereits auf die Nerven gegangen war. Sie begnügten sich nicht mehr damit, ein Bein zu stellen, nein, sie schossen bereits auf ihn. Parker war entschlossen, sich zu stellen. Er hatte keine Angst.
Trotzdem war er alles andere als leichtsinnig.
Er hielt sich betont im Schatten der Häuser und paßte auf, daß er kein weiteres Ziel bot. Er bewegte sich mit der Gewandtheit einer Katze und man hörte keinen Laut. Erst als er den freien Platz vor der kleinen Kirche erreicht hatte, entspannte er sich etwas.
Er öffnete ein Etui, in das er die Zigarre gelegt hatte. Sie brannte noch, und Parker konnte sich wieder dem Genuß seines schwarzen Torpedos hingeben. Er überlegte, ob er schon jetzt in das Haus des Arztes eindringen sollte.
Nein, er hielt es für richtiger, sich erst einmal mit der Witwe Anderson zu unterhalten. Vielleicht erfuhr er von dieser Dame einige wichtige Einzelheiten über Doktor Flander.
Parker wußte, wo das Haus