Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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ans Telefon. Er sprach lange und beinahe etwas aufgeregt. Erstaunlicher war es, daß der Name des ermordeten Doktor Flanders einige Male genannt wurde.

      Butler Parker schritt unterdessen zielstrebig weiter. Die sengende Hitze, die über dem Land lag, machte ihm nichts aus. Er schwitzte nicht einmal, obwohl er doch den schwarzen Covercoat trug. Er hielt schwitzen für unfein und leistete sich deshalb diesen Luxus auch nicht.

      Er hatte sich inzwischen längst mit Wech-Lake vertraut gemacht. Der Ort bestand aus einer Anhäufung von unregelmäßig hingesetzten Holzhäusern, durch die sich eine breite Straße schlängelte. Dort, wo der Bach sich in den Wech-Lake ergoß, standen einige Steinbauten. Östlich des Sees erhoben sich bereits die ersten Hügel, die später in die rauhe Bergwelt übergingen. Das Gelände war mit Tannen und Kiefern bewachsen, zwischen dem tonnenschweren Steingeröll wucherten Büsche und Sträucher, die übermannshoch waren.

      Butler Parker hörte hinter sich das schrille Hupen eines Wagens. Er dachte aber nicht daran, in den Staub seitlich der Straße zu springen. Er marschierte weiter, als habe er nichts gehört.

      Das Hupen hinter ihm wurde lauter und nervöser, aber Butler Parker erinnerte an einen Schwerhörigen, der seinen Verstärker ausgeschaltet hatte. Und Parker zuckte auch mit keiner Wimper, als der Jeep dicht und hart an ihm vorbeizischte. Der Fahrer des Wagens, ein junger Bursche von vielleicht zweiundzwanzig Jahren, drehte sich herum und grinste Parker an. Es war kein gutes Grinsen.

      Freundlich winkte Parker zurück, als habe er überhaupt nichts gemerkt. Der Fahrer des Jeeps gab Gas und verschwand bald in einer dichten Staubwolke. Butler Parker sog nachdenklich an seiner Zigarre und machte sich so seine Gedanken.

      Er war übrigens tatsächlich allein nach Wech-Lake gekommen. Mike Rander hatte einen dringenden Fall zu verhandeln und konnte vorerst nicht abkommen. Butler Parker hatte den Auftrag erhalten, sich um den Mordfall Flander zu kümmern, der von der Polizei in Chikago an die Ortsbehörden von Wech-Lake zur Ermittlung zurückgegeben worden war. Mike Rander war der Meinung, daß man ohne Bürokratie schneller zum Ziel kommen würde. Daher Parkers Fahrt nach Wech-Lake. Mike Rander, der Strafverteidiger und Amateurdetektiv aus Leidenschaft, wollte so schnell wie möglich nachkommen.

      Butler Parker arbeitete nicht zum erstenmal auf eigene Faust. Er hatte schon manchen Fall aufklären können. Parker drängte sich förmlich danach, solche Aufgaben übertragen zu bekommen.

      Stimsons Restaurant war übrigens nicht zu übersehen. Der Steinbau lag hart an dem kleinen Fluß und machte einen etwas verschlafenen und ungepflegten Eindruck. Die Sonnenblenden waren durchweg heruntergelassen worden, in der Eingangstür stak ein Holzrahmen, der mit Fliegendraht bespannt war.

      Butler Parker stieg über die ausgetretenen Stufen nach oben und zog den Rahmen zur Seite. Von innen brachte er den Fliegenschutz wieder vor und stellte sich vor die Theke der Anmeldung.

      Als sich nichts in der Halle rührte, hüstelte Parker einige Male. Er besorgte das mit aller Diskretion, doch das Hüsteln war trotzdem nicht zu überhören. Es dröhnte durch das Haus. Und wirklich, wenige Sekunden später erschien ein etwa fünfzigjähriger Mann, der Parker mürrisch anschaute.

      »Man empfahl mir Ihr Haus«, sagte Parker geziert.

      »Wenn Sie ’n Zimmer haben wollen, dann kommen Sie gerade richtig«, sagte Stimson. »Wollen Sie im ersten oder zweiten Stock schlafen?«

      »In dieser Hinsicht entwickle ich keine Wünsche«, entgegnete Butler Parker höflich.

      »Wollen Sie angeln?«

      »Ich möchte etwas für meine angegriffenen Nerven tun«, antwortete Parker. »Ich bin Haushofmeister in Chikago … Wie Sie gleich meinen Eintragungen entnehmen können.«

      Stimson drehte das Tablett, auf dem das Eintragungsbuch lag, zu Parker herum, der in zierlich gestochener Schrift die erforderlichen Angaben in das Meldebuch eintrug. Stimson reichte ihm einen Schlüssel und knurrte ihm zu, daß er das Zimmer acht im ersten Stock habe.

      »Ich werde Ihre Freundlichkeit überall zu rühmen wissen«, sagte Butler Parker, griff nach seinem Koffer und ging über die Holztreppe nach oben.

      Das gemietete Zimmer war keine Offenbarung, aber Butler Parker machte sich nichts daraus. Hauptsache, es war alles sauber. Er stellte den Koffer auf den dafür vorhandenen Bock und zog sich den schwarzen Mantel aus.

      Butler Parker wirkte nach dieser ersten Demaskierung nicht freundlicher oder weltoffener. Er trug einen dunklen Anzug, einen Stehkragen mit gebogenen Ecken und eine silbergraue Krawatte, um damit zu unterstreichen, daß er außer Dienst war. Er öffnete eines der beiden Fenster, die auf den Hof des Hauses hinausführten und dicht über einem flach geneigten Dach lagen, das zu einem Wagenschuppen gehörte. Butler Parker rauchte mit sichtlichem Genuß seine Zigarre und schien tatsächlich die Absicht zu haben, Urlaub zu machen.

      Als die Sonne am höchsten stand, warf er sich den Mantel über und verließ sein Zimmer. Unten in der Halle war kein Mensch zu sehen. Stimsons Restaurant schien an chronischem Gästemangel zu leiden. Butler Parker überquerte die Straße und betrat einen Store, vor dessen Theke sich einige Männer in Nietenhosen und Buschhemden herumlümmelten. Höflich zog Parker die Melone und erkundigte sich nach der Adresse des Doktor Flander.

      Die Anwesenden, die sonst bestimmt jeden Fremden mit Wonne und Genuß musterten, rätselten an Parker herum. Solch einen Mann hatten sie in Wech-Lake noch nie gesehen. Und bevor sie sich mit Parker befassen konnten, wußte er bereits, wo das Haus des Doktors lag.

      »Ich bedanke mich für Ihre Freundlichkeit«, sagte Butler Parker zu dem Verkäufer hinter der Theke. Er hob elegant die Melone und trippelte zurück auf die Straße. Erst jetzt brandete in dem Store ein brausendes Gelächter hoch.

      Das Haus des Doktor Flander war in der Zwischenzeit bereits vom Sheriff durchsucht worden, denn noch hatte sich die Staatspolizei nicht eingeschaltet. Die erschien erst auf ausdrücklichen Wunsch des Sheriffs, wie es bei der Gewaltentrennung nun mal so ist. Butler Parker läutete und wartete auf Ergebnisse. Doch kein Mensch erschien, um ihm zu öffnen.

      Parker umschritt das Haus des ermordeten Junggesellen und gelangte in den Hof. Alle Fenster waren verschlossen, die Vorhänge zugezogen worden. Parker hütete sich, irgend etwas zu unternehmen. Er wußte mit Sicherheit, daß er bereits beobachtet wurde.

      Als er zurück zur Straße gehen wollte, fiel ein Schuß, der in unmittelbarer Nähe Parkers abgefeuert worden war. Schrotkörner umspritzten Parker, aber er duckte sich noch nicht einmal ab. Ohne sich umzuwenden oder schneller zu gehen, erreichte er die Straße und ging im Schatten der Holzhäuser auf den Steinbau zu, an dem das Schild des Sheriffs angebracht war.

      Der Schrotschütze, der absichtlich den gefährlichen Schuß abgefeuert hatte, teilte einen Strauch auseinander und sah Parker verblüfft nach. Er hatte sich von seinem Schuß eine wesentlich andere Wirkung versprochen. Er starrte auf die Flinte, aus deren Mündung grauer Qualm kroch, trat wütend gegen eine leere Konservenbüchse und war bald zwischen den Holzhäusern verschwunden.

      Butler Parker stand inzwischen im Büro des Sheriffs und lächelte den Ortsgewaltigen an. Sheriff Longer bearbeitete weiter die vor ihm liegende Akte. Fast war es so, als habe er den Eintritt Parkers überhaupt nicht wahrgenommen.

      »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir einige Sekunden Ihrer kostbaren Zeit schenken würden«, sagte Butler Parker schließlich. »Es handelt sich nur um eine kleine Auskunft.«

      Sheriff Longer, ein breitschultriger Mann mit einem nichtssagenden Gesicht hob den Kopf und sah Parker fassungslos an.

      »Was war das?« fragte er dann. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Mann?«

      »Nichts liegt mir ferner«, antwortete Parker höflich. »Ich wollte meinen Freund Doktor Flander besuchen, aber sein Haus ist fest verschlossen.«

      »Kunststück, er ist nämlich tot … Er wurde in Chikago erschossen.«

      »Lebte er hier allein?«

      »Er hatte so ein Faktotum … einen Nigger …«

      »Darf