Sie mußten wütend auf ihn sein, denn Parker hatte sie mit seinem hochbeinigen Monstrum auf Rädern einfach überrollt. Beim Anblick dieses Wagens waren die beiden Männer fast in Ohnmacht gefallen und hatten keine Zeit gefunden, den Butler zu stoppen. Inzwischen mußten sie sich von ihrer Überraschung erholt haben.
Die beiden Muskelmänner tauchten neben dem Butler auf. Sie maßen ihn immer noch mit scheuen Blicken. Es waren jene Blicke, mit denen man leicht geistesgestörte Mitmenschen mustert.
»Schafft ihn weg«, herrschte Mrs. Soldan ihre beiden Wachleute an. Unter den Augen der Chefin fanden die beiden Muskelmänner zu sich selbst zurück. Sie begingen den Fehler, nach Parkers Schultern zu greifen.
Sie hätten es besser nicht getan.
»Ich möchte Ihnen ebenso dringend wie eindringlich raten, mich nicht anzufassen«, sagte Parker höflich. »Ich bin allergisch gegen solch eine Behandlung.«
»Schmeißt ihn raus!« Ruth Soldans Stimme klang schrill.
Die beiden Wachmänner griffen fester zu.
Und sie wunderten sich, daß Parker so ohne weiteres nicht von der Stelle zu bewegen war. Als sie Gewalt anwenden wollten, erlebten sie eine herbe Enttäuschung.
Parker, in allen Tricks der Selbstverteidigung bestens erfahren, wandte einen Judo-Hebelgriff an. Der erste Muskelmann verlor sein Gleichgewicht, drehte sich um seine Längsachse und kam in gefährliche Nähe des Beckenrandes.
Der zweite Muskelprotz fühlte sich veranlaßt, andere Saiten aufzuziehen. Er wollte es mit einem Fausthieb versuchen. Er riß seinen angewinkelten rechten Arm hoch, um einen Uppercut anzubringen, wie es in der Boxfachsprache so treffend heißt.
Parker ließ sich natürlich nicht treffen. Er nutzte aber die günstige Gelegenheit, das Handgelenk des Schlägers zu packen. Ein kurzer Ruck, eine schnelle Drehung … und schon taumelte der entgeisterte Muskelprotz auf seinen Partner zu, der am Rand des Schwimmbeckens noch immer mit seinem Gleichgewicht kämpfte.
Der Zusammenprall der äußerlich so gleichen Männer war noch nicht einmal besonders stark, er reichte aber aus, um beide Männer in das hoch aufklatschende Wasser fliegen zu lassen. Unter dem hellen Gelächter der Wassernixen tauchten die beiden Muskelmänner unter und gingen auf Tauchstation.
Mrs. Ruth Soldan starrte Parker aus zusammengekniffenen Augen an. Sie sah sehr böse aus.
Parker inszenierte einen zweiten Kratzfuß.
»Ich komme im Auftrag Mr. Ben Zalakoffs«, sagte er, »für welchen zu dienen ich die Ehre habe. Mr. Zalakoff interessiert sich für Ihr Wasserballett, Madam. Er beabsichtigt es zu einer Privatparty einzuladen. Wegen dieses Vorhabens habe ich mir die Freiheit genommen, zu Ihnen zu kommen.«
»Ben Zalakoff?« Dieser Name schien Mrs. Soldan etwas zu sagen. Wahrscheinlich hatte sie die Morgenzeitungen gelesen. Ihre bösen Blicke lösten sich in freundliches Lächeln auf. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Leider wurde ich daran gehindert«, entgegnete der Butler. »Ich hoffe, die beiden Männer tragen mir mein vielleicht nicht ganz korrektes Benehmen nicht nach.«
»Schon in Ordnung. Mr. Zalakoff will mein Ballett also engagieren! Ich denke, das läßt sich machen.«
»Er ist, wie ich betonen möchte, nur an den Delphinen interessiert, nicht aber an Haien.«
»Haie?« Sie runzelte die Stirn und sah den Butler verständnislos an.
»Die Strandhaie, um mich genau auszudrücken«, redete Parker weiter. »Wie Sie den Zeitungen vielleicht entnommen haben, hat Mr. Zalakoff einigen Ärger mit diesen Gangstern.«
»Wollen wir uns nicht setzen?« schlug Mrs. Soldan vor. Parker nickte, er sah an der Frau vorbei und beobachtete die beiden Schwimmkünstler, die gerade aus dem Wasser stiegen. Sie tuschelten miteinander und warfen Parker tückische Blicke zu.
»Um es nicht zu vergessen«, redete Parker plötzlich ohne Übergang weiter, »Mr. Zalakoff hat mich beauftragt, Erkundigungen über eine gewisse Miss Carol Hastings einzuziehen. Es handelt sich um einen Ihrer weiblichen Delphine, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
»Carol Hastings …?«
»Ich glaube, so lautete der Name.«
»Ich habe sie an die frische Luft gesetzt«, kam die prompte, wahrscheinlich aber unehrliche Antwort. »Sie hielt sich nicht an die Regeln die ich für mein Ballett aufgestellt habe.«
»Dann möchte ich gern die Adresse jener jungen Dame erfahren.«
»Sie ist nicht mehr … ich meine, natürlich können Sie die Adresse haben. Ich glaube allerdings, daß Sie sie dort nicht erreichen werden. Wie ich hörte, wollte sie die Stadt verlassen.«
»So schnell, und Hals über Kopf, wie es im Volksmund heißt?«
»Ich weiß nicht, warum sie es so eilig hatte. Sie interessiert mich nicht mehr. Wollen wir jetzt zur Sache kommen?«
»Das ist bereits geschehen«, gab Parker höflich zurück und lüftete seine schwarze steife Melone.
»Was soll das heißen?«
»Sie haben mir bereits die Fragen beantwortet, um die es Mr. Zalakoff ging. Haben Sie meinen herzlichsten Dank!«
»Und das Ballett?«
»Auf das wird Mr. Zalakoff bei Gelegenheit zurückkommen. Bis dahin können Sie ja, wenn es Ihnen paßt, noch einige neue Wassertänze einstudieren. Vielleicht, wenn mir ein Rat gestattet ist, den Tanz der mörderischen ›Strandhaie‹.«
Parker schritt würdevoll und steif davon. Er ließ eine Mrs. Ruth Soldan zurück, die lange Sekunden brauchte, um endlich wieder Luft schnappen zu können …
*
Naß, wie sie waren, setzten sich die beiden Muskelmänner in einen Chrysler und nahmen Parkers Verfolgung auf. Parkers Wagen war nicht zu übersehen. Das hochbeinige Monstrum keuchte scheinbar asthmatisch durch die Straßen und pfiff hörbar aus dem letzten Loch.
Josuah Parker saß mit der Würde eines Erzbischofs am Steuer. Er schien einen Besenstiel verschluckt zu haben, so steif und aufrecht harrte er auf der harten Polsterbank aus. Hin und wieder warf er einen schnellen, prüfenden Blick in den seitlich angebrachten Rückspiegel. Er wußte sehr wohl, daß er verfolgt wurde, doch das brachte ihn überhaupt nicht aus der Ruhe.
Als er die berühmte A 1 A erreicht hatte, die breite Küstenstraße hart am Meer, beschleunigte er etwas. Das hochbeinige Monstrum setzte sich wiederwillig in Trab und rumpelte mit steigender Geschwindigkeit über den glatten Asphalt.
Der Chrysler ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Auch er wurde von seinem Fahrer sanft gekitzelt. Der schwere Motor nahm willig das Gas an und blieb hinter Parkers Gefährt hängen.
Der Ausblick zu beiden Seiten der Straße war einmalig und atemberaubend schön. Rechts von ihr lag das Meer mit seiner Brandung. In Sichtweite zogen Segeljachten und schnelle, kleine Außenborder durch die See. Palmblätter bewegten sich im sanften Wind. Links der Straße war der Blick frei auf die tropische Vegetation, die fast bis an die Straße heranreichte. Dazwischen lagen märchenhaft anzusehende Bungalows aller Größenordnungen, gepflegte Rasenflächen und kleine Stichkanäle, die das Wasser der nahen Everglades ins Meer führten.
Der Butler genoß diesen Anblick. Die beiden Verfolger berührten ihn überhaupt nicht. Wie oft schon war er verfolgt worden! Wie oft schon hatte er sich mit Gangstern herumschlagen müssen!
Um seine Verfolger aber etwas zu beschäftigen, kitzelte der Butler sein hochbeiniges Monstrum. Der unter der eckigen Motorhaube versteckte Spezial-Rennmotor brachte das Monstrum in Schwung. Der Chrysler hatte plötzlich Schwierigkeiten zu folgen.
Noch vor Miami Beach bog Parker von der breiten Prachtstraße ab. Ihm kam es darauf an, die beiden Verfolger auf neutrales Gelände zu locken. Falls es zu einer Schießerei kam, wollte Parker