Erika Roman Staffel 1 – Liebesroman. Diane Meerfeldt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diane Meerfeldt
Издательство: Bookwire
Серия: Erika Roman Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931070
Скачать книгу
»Hast du eine Erklärung für ihr Verhalten? Sprich doch!«

      Kammermaier nahm das Blatt Papier in die Hand.

      »Ich habe es noch nicht gelesen, Magda, ich möchte jedoch meinen, daß Inge diese Zeilen hier geschrieben hat.«

      Magdalene Gräfenhan riß ihm den Bogen aus der Hand. Hastig überflog sie die wenigen Sätze. Dann ließ sie das Blatt zurück auf den Schreibtisch fallen. Erschöpft setzte sie sich in einen Sessel.

      »Sie ist zu ihrem Vater gefahren!«

      Kammermaier biß sich auf die Lippen. Jetzt bestand für ihn kein Zweifel mehr daran, daß es ganz so war, wie er sich dachte. Wenn sie zu Harald Gräfenhan fuhr, dann konnte es doch nur aus Protest gegen einen zweiten Mann ihrer Mutter geschehen sein.

      Dabei war es doch noch gar nicht soweit. Er hatte doch lediglich schonend auf eine derartige Möglichkeit hinweisen wollen, damit Inge später nicht aus allen Wolken fiel.

      Nichts weiter hatte er gewollt. Und nun diese unerwartete Reaktion. Wie konnte Inge das nur tun?

      Er hätte als ihr Onkel wohl wenigstens erwarten dürfen, daß sie sich ihm anvertraute.

      Heimlich war sie davongegangen, das schmerzte ihn sehr. Sollte er sich so sehr in ihr getäuscht haben? Nein, es war nur möglich, daß sie völlig kopflos geworden war.

      »Was soll nun geschehen?« fragte Magdalene Gräfenhan tonlos.

      »Sie wird wiederkommen, Magda, ganz bestimmt. Sieh mal, sie hat ihren Vater sehr gern gehabt. Sicher hat sie sich mit dieser Liebe zu ihm abgequält und es nun einfach nicht mehr ertragen können. Sie wollte zu ihm, um sich selber ein Bild über ihn machen zu können. Ernüchtert wird sie zurückkommen und niemals wieder davonlaufen.«

      »Meinst du, Franz?« fragte die Mutter. Ein erster Hoffnungsschimmer trat in ihre Augen.

      Franz Kammermaier sah es. Magdalene liebte ihre Tochter also doch. Jetzt, in diesem Augenblick, wurde es offenbar. Wenn sie nur früher schon mehr von dieser Zuneigung gezeigt hätte. Inge hatte darauf gewartet, sie wäre nicht so einsam und verschlossen geblieben, wenn man ihr liebevoller und mit größerem Verständnis entgegengekommen wäre.

      »Ich hätte ihr nicht sagen dürfen, daß ich mich von Harald scheiden lassen will«, bekannte die Mutter. »Sie hat mich nicht verstehen können. Nun habe ich sie damit aus dem Haus gejagt.«

      Kammermaier richtete sich auf. Dann war er also nicht allein schuld? Den ersten Schock hatte Inge schon durch ihre Mutter selbst bekommen.

      Aber er wollte dies nicht als bequeme Entschuldigung benutzen. Nach wie vor trug er die Hauptschuld und mußte alles tun, um das Schlimmste zu verhüten.

      »Ich werde ihr nachreisen, Magda. Sie darf nicht allein sein. Wer weiß, wie es mit Harald steht. Vielleicht erlebt Inge eine weitere böse Überraschung. Dann wird sie gänzlich kopflos sein. Ja, ich fahre zu ihr. Hattest du nicht Nachricht, wo sich Harald aufhält?«

      »Ja, in Badenweiler«, nickte Magdalene eifrig. »Bitte, Franz, fahr zu ihr, das würde mich ruhiger machen.«

      »Ich werde dir laufend Nachricht geben. Vielleicht tut es Inge selbst schon leid, daß sie uns diesen Schreck bereitet hat.«

      »Vielleicht solltest nicht du, sondern ich selbst diese Reise tun. Ich wäre es Inge schuldig.«

      Leise hatte die Mutter es gesagt. Kammermaier blickte sie nicht ohne Ergriffenheit an. Eine ganz andere Magdalene Gräfenhan saß da vor ihm, die Angst um ihr Kind hatte Magdalene gewandelt.

      Langsam ging er auf sie zu und legte ihr begütigend die Hand auf den Arm.

      »Es ist besser, wenn ich fahre, Magda, dich würde das Wiedersehen mit Harald nur unnötig aufregen.«

      *

      Inge stand im Gang des D-Zug-Wagens und blickte tief in die Rheinniederung hinein. Auf der anderen Seite zogen sich die Berge des Schwarzwaldes dahin. Gleich hatte sie ihr nächstes Ziel erreicht. Sie mußte umsteigen, und dann war es nicht mehr weit. Die kleine elektrische Bahn würde sie in einer guten Stunde an ihr endgültiges Ziel bringen.

      Sie war ganz ruhig. Beinahe wunderte sie sich selbst darüber.

      Wenn sie sich zu Anfang noch gefragt hatte, ob der Vater sie überhaupt erkennen würde, ob sie selbst ihn aus der Menge der fremden Menschen herausfinden würde, so erschien ihr das jetzt ganz bedeutungslos. Wenn er überhaupt noch hier war, dann würden sie sehr bald einander gegenüberstehen.

      Und was sollte sie dann sagen? Vielleicht würde er sie sofort wieder nach Hause schicken.

      Ich muß es abwarten, dachte Inge. Nach Hause fahre ich unter keinen Umständen wieder. Wenn mein Vater mich nicht bei sich behalten will, dann werde ich auch allein weiterkommen.

      Der Zug fuhr langsamer. Inge ging in ihr Abteil zurück und griff nach ihrem Gepäck. Einer der Mitreisenden half ihr bereitwillig.

      »Ich reiche es Ihnen dann heraus«, sagte er und blickte sie bewundernd an.

      »Vielen Dank!«

      Gerade fuhr der Zug ein. Inge winkte einen Gepäckträger heran. Der Zug hatte nur wenig Aufenthalt. Als sie dann zwischen den dicht gedrängten Menschen auf dem Bahnsteig war, zog die Lokomotive bereits wieder an. Inge sah an den vorbeirollenden Wagen entlang. Aus einem der Fenster neigte sich ein Herr und winkte ihr zu. Es war derjenige, der ihr so freundlich das Gepäck herausgereicht hatte. Der Zug fuhr weiter nach Süden, in die Schweiz? Nach Italien? Sie wußte es nicht. Am liebsten wäre sie mitgefahren um die halbe Welt.

      »Wohin sollen die Koffer?« riß die tiefe Stimme des Gepäckträgers sie aus ihren Gedanken.

      »In den Zug nach Badenweiler.«

      »Dort drüben, meine Dame.«

      »Dort drüben? Sieht eher wie eine Straßenbahn aus.«

      »Ist wohl auch eine, geht jedenfalls immer an der Straße lang.«

      Inge folgte dem bepackten Mann. Später gab sie ihm ein gutes Trinkgeld. Das letzte Stück ihrer Reise begann.

      Die Bahn fuhr durch viele kleine Ortschaften. Bergauf ging es. In Badenweiler angekommen, wußte Inge nicht recht, was sie nun tun sollte.

      Hoteldiener standen da und blickten den Reisenden erwartungsvoll entgegen.

      Sollte sie sich gleich in demselben Hotel einmieten, in dem sich ihr Vater aufhielt? Ja, das wollte sie tun.

      Sie winkte den betreffenden Hoteldiener heran. Der trat ehrerbietig näher. »Fräulein Dr. Petersen?« fragte er.

      »Nein, mein Name ist Gräfenhan.«

      »Haben gnädiges Fräulein bei uns ein Zimmer bestellt? Wir sind auch in der Nachsaison voll belegt.«

      Der Mann wußte offensichtlich nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Suchend blickte er sich um, der erwartete Gast schien nicht zu kommen.

      »Wir halten schon seit zwei Tagen ein Zimmer für Fräulein Dr. Petersen frei, die Dame scheint auch heute nicht zu kommen.«

      Damit nahm er Inges Koffer und tat ganz so, als wäre sie für ihn dieses Fräulein Petersen. Inge war es recht. Wenige Minuten später hielten sie vor dem Hotel.

      »Fräulein Gräfenhan?« fragte der Empfangschef, als sie ihren Namen genannt hatte. »Wir haben bereits einen Herrn gleichen Namens in unserem Hause.«

      »Es ist mein Vater«, erklärte Inge lakonisch.

      »Dann herzlich willkommen, gnädiges Fräulein. Selbstverständlich haben wir noch ein Zimmer für Sie frei. Allerdings liegt es im dritten Stockwerk. Wenn Ihr Herr Vater uns doch nur rechtzeitig von Ihrem Kommen unterrichtet hätte.«

      »Mein Vater weiß nichts von meinem Besuch, es ist eine Überraschung.«

      »Oh, da wird sich Herr Gräfenhan aber freuen.«

      Der Empfangschef winkte einen