Erika Roman Staffel 1 – Liebesroman. Diane Meerfeldt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diane Meerfeldt
Издательство: Bookwire
Серия: Erika Roman Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931070
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denn er sagte plötzlich: »Die Leute halten dich für meine Freundin. Aber das bist du doch auch, nicht wahr? Allerdings in einem anderen Sinne, als sie meinen.«

      Inge nickte. Sie fand es wunderschön, mit dem Vater spazierengehen zu können. Jetzt bogen sie in den Kurpark ein, üppige Pflanzen wucherten hier.

      »Gefällt dir dieser Park, Inge? Es wachsen hier Pflanzen, die in unseren Breiten sonst nicht gedeihen. Der Ort hat ein beinahe subtropisches Klima. Vor dem Thermalbald wachsen sogar Bananenstauden, du wirst sie nachher sehen.«

      »Hier lebst du nun immer, Papa?« wollte Inge wissen.

      »Erst seit einigen Wochen. Mein Herz ist nicht mehr ganz in Ordnung, Inge. Ich mußte mal ausspannen. Natürlich möchtest du gern wissen, wie ich sonst lebe. Ich habe eine ausgezeichnete Generalvertretung und in Köln ein großes Büro. Nur daß mir das Klima dort gar nicht behagt. Aber ich bin soweit, daß ich mir dann und wann einen längeren Urlaub leisten kann. Ich bin sehr zufrieden in meinem Beruf, schon weil ich viel unterwegs sein kann. Du weißt doch, daß es mich nicht lange an einem Fleck hält. Da ist die Mutter ganz anders. Sie bleibt an einer Stelle und baut Stein um Stein an dem Gebäude ihres Lebens. Das kann ich nicht, mir muß etwas durch einen großen Wurf gelingen. Wir sind grundverschieden und haben uns dadurch auf die Dauer nicht verstehen können.«

      »Wird man mit zunehmendem Alter nicht ausgeglichener, Papa?«

      »Ich kenne deine Gedanken«, lächelte Harald Gräfenhan, »du fragst dich, ob es nicht eine Brücke gibt, über die wir noch einmal zueinanderfinden können. Ich glaube es nicht, Inge. Wohl wird man mit zunehmendem Alter ausgeglichener, vielleicht ist es auch nur Bequemlichkeit, andererseits ist man ein fertiger Mensch und hat noch weniger als in der Jugend die Kraft, sich zu ändern.«

      »Bist du immer allein geblieben, Papa?«

      »Darauf ist schwer zu antworten, Kind. Derartige Fragen können auch nur junge Damen stellen, die noch der Meinung sind, daß es darauf ein klares Ja oder Nein gäbe. Natürlich hat es flüchtige Bekanntschaften gegeben, im tieferen Sinne jedoch bin ich allein geblieben.«

      »Ich wollte dich nicht ausfragen, Papa, sei mir wegen meiner Frage nicht böse.«

      Gräfenhan sprach schnell von etwas anderem, er wollte nicht, daß seine Tochter nun ihrerseits von Herzensdingen zu sprechen begann. Er befürchtete einen neuen erschütternden Ausbruch.

      Und wußte er nicht schon alles? Durch Einzelheiten würde er nicht klüger werden. Nein, sie wollten davon nicht mehr sprechen, wenigstens nicht in den ersten Tagen. Später sah alles ganz anders aus. Inge sollte zunächst einmal Abstand gewinnen, das war das wichtigste.

      Sie wanderten durch die ausgedehnten Parkanlagen. Zwischendurch setzten sie sich für ein Viertelstündchen auf eine der vielen an den schönsten Stellen aufgebauten Bänke. Schließlich gingen sie wieder in das Hotel zurück.

      »Zieh dich um, Inge, mach dich noch hübscher, wenn das überhaupt möglich ist. Ich werde mich in feierliches Schwarz werfen und dann für uns eine Speisenfolge zusammenstellen lassen, daß dir die Augen übergehen. Du mußt doch Hunger haben, Kind, nach der langen Reise. Wir wollen uns an diesem Abend ein kleines Fest geben, ganz allein für uns beide. Du sollst das Gefühl haben, daß für dich ein köstlicher Urlaub begonnen hat.«

      »Ich danke dir, Papa«, sagte Inge und sah ihn liebevoll an. Dann ging sie in ihr Zimmer hinauf.

      *

      Es wurde sehr spät an diesem Abend. Bis in die Nacht hinein saßen sie zusammen. Der Vater wußte viel zu erzählen. Oft mußte Inge hellauf lachen. Wie froh und unbeschwert ihr Vater doch sein konnte. Sie konnte die Mutter nicht verstehen. Wie war es nur möglich gewesen, daß sie sich von diesem Mann trennen konnte? Sie, Inge, würde stets zu ihm halten, ihr Gefühl hatte nicht getrogen, der Vater war für sie immer ein guter Mensch gewesen.

      »Nun müssen wir aber wirklich schlafen gehen, Inge. Ich bin rücksichtslos. Du hast in der vergangenen Nacht im Zug gesessen und kaum geschlafen. Nun ist schon wieder ein gut Teil der Nacht herum. Außerdem sitzen mir hier zu viele neugierige Herren. Merkst du gar nicht, wie man sich nach dir umsieht?«

      »Es interessiert mich nicht«, sagte Inge. »Aber du hast schon recht, es ist Zeit, ins Bett zu gehen, nur hättest du mir nicht soviel Champagner geben dürfen. Wer weiß, ob ich überhaupt einschlafen kann.«

      »Dann werde ich mich an dein Bett setzen und ein Märchen erzählen müssen«, lachte der Vater. »Das habe ich früher immer getan, mit dem Erfolg, daß du dann nur noch auf diese Art ins Bett zu kriegen warst.«

      Sie verließen den Saal. Gräfenhan lächelte, als er abermals sah, wie sehr man sich mit ihnen beschäftigte. Wenn es ihn auch ein wenig kränkte, daß man Inge für die Geliebte eines älteren Mannes hielt, so sagte er sich andererseits, daß man sich ihr dann wenigstens nicht nähern würde.

      So war das nun mal. Wenn er sich bisher auch nicht um seine Tochter gekümmert hatte, jetzt erwachte in ihm plötzlich die Furcht, sie könnte sich an einen wertlosen Mann verlieren. Oftmals war es doch so, daß man, um eine große Enttäuschung zu vergessen, sich kopfüber in ein anderes Erlebnis stürzte.

      Das durfte nicht sein. Solange sie bei ihm war, konnte er sie davor bewahren.

      »Gute Nacht, Papa. Dieser Tag war sehr schön.«

      Harald Gräfenhan küßte seine Tochter. »Schlafe gut, morgen gehen wir baden, vielleicht machen wir auch eine kleine Autofahrt.«

      *

      Harald Gräfenhan fand noch keine Ruhe. Sein Gesicht war plötzlich sehr ernst und nachdenklich geworden. Das Wiedersehen mit seiner Tochter bewegte ihn sehr. Er konnte einfach nicht so schnell damit fertig werden. War sein Leben all die letzten Jahre über nicht ohne einen tieferen Sinn gewesen? Vielleicht war er doch ein Abenteurer, Magdalene mochte nicht gänzlich unrecht haben.

      Er war damals, nachdem er sie verlassen hatte, durch die Welt gereist. Heute mußte er von Glück sagen, daß er dabei nicht den Halt verloren hatte. Oft genug hatte nicht viel gefehlt, war er drauf und dran gewesen, zu einem Lumpen zu werden. Mit selbstquälerischer Freude hatte er das damals erkannt, soviel Vernunft war ihm immer noch geblieben. Ja, es hätte ihm nicht einmal etwas ausgemacht, damals, Magdalene sollte ruhig recht behalten. Seine einstige Liebe zu ihr hatte sich in Haß gewandelt.

      Aber die innere Zerrissenheit war dann doch eines Tages überwunden gewesen. Er hatte neu angefangen und plötzlich eine unerhörte Energie verspürt. Heute wußte er, wie gut es gewesen war, daß er einen neuen Anfang gefunden hatte. Wie hätte er Inge sonst gegenübertreten können?

      Gräfenhan hatte das Bedürfnis, noch einen guten Kognak zu trinken. Er ließ die Flasche auf sein Zimmer bringen. Dort saß er dann, rauchte eine Zigarette nach der anderen. Mitternacht war längst vorüber, die letzten Gäste waren ebenfalls in ihre Zimmer gegangen.

      Verwundert blickte Harald Gräfenhan auf, als das Haustelefon zu läuten begann. Wer wollte denn da noch etwas von ihm? War es Inge?

      Hastig griff er nach dem Hörer: »Ja bitte?«

      Der Nachtportier meldete sich. »Entschuldigen Sie, Herr Gräfenhan, daß ich jetzt noch störe. Ich hätte es nicht getan, wenn Sie nicht noch vor einer Viertelstunde hier unten vorbeigegangen wären. Ein Herr möchte Sie dringend sprechen, ein Herr Kammermaier.«

      »Kammermaier? Kenne ich nicht, oder warten Sie mal, natürlich.«

      Gräfenhans Gesicht verfinsterte sich. »Ich bin nicht mehr zu sprechen«, sagte er hart.

      »Der Herr macht es sehr dringend!«

      Einen Augenblick zögerte Harald Gräfenhan noch.

      »Also gut, schicken Sie Herrn Kammermaier herauf«, entschloß er sich dann.

      Mit festem Druck legte er den Hörer auf die Gabel. Zornig lief er auf und ab. Man wollte Inge also keine Ruhe lassen. Nur gut, daß sie schon in ihrem Zimmer war. Er würde diesen Herrn Kammermaier schon abfertigen. Der hatte sofort wieder zu verschwinden, dafür wollte