STRATTON: DIE GEISEL. Duncan Falconer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Duncan Falconer
Издательство: Bookwire
Серия: Stratton
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352827
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Glück dabei.«

      Alle stimmten freudig zu. Brennan grinste, behielt aber ein wachsames Auge auf den Außenspiegel. Er war schon lange genug dabei, um zu wissen, dass sie es erst geschafft hatten, wenn sie den Rendezvous-Punkt erreicht und den Pink in ihrem Kofferraum übergeben hatten. Und keinen Moment vorher. Er griff durchs Fenster und bewegte den Außenspiegel hin und her, bis er den Helikopter sah, nicht mehr als ein kleiner schwarzer Fleck, der immer wieder im Spiegel auftauchte, während der Bus dahinholperte. Die anderen lachten und unterhielten sich über die Ereignisse der letzten Stunde, doch er wurde den Eindruck nicht los, dass da irgendwas mit dem Spiegelbild nicht stimmte. Es sah nicht aus, als würde es kleiner werden. Vielleicht war er nur im Schwebeflug. Sein Lächeln verflüchtigte sich, als das Spiegelbild größer zu werden schien, Stück für Stück, Sekunde für Sekunde.

      Er lehnte sich nach vorn, um genauer in den Spiegel zu schauen, und betete, dass er falsch lag. Aber das tat er nicht. Der Helikopter kam näher, und zwar in vollem Tempo, die Nase nach vorn geneigt, wie ein wütender Bulle, bereit zum Angriff.

      Brennan streckte den Kopf durchs Fenster in den Fahrwind, um sich umzusehen. Die anderen feierten immer noch, waren sich keiner Gefahr bewusst, bis auf Sean, der bemerkt hatte, dass Brennans Stimmung sich geändert hatte und er nach hinten starrte. Er warf einen Blick in den Außenspiegel auf seiner Seite und das Lächeln verschwand sofort aus seinem Gesicht.

      »Er kommt zurück«, sagte Sean. Die beiden singenden Männer hinten im Bus hörten ihn nicht. »Er kommt zurück!«, rief er, als er das Gas durchtrat und der Bus querfeldein in Richtung einer Hecke in einiger Entfernung beschleunigte.

      Die Stille in der Einsatzzentrale war beinahe mit Händen zu greifen. Jeder im kleinen Camp der Einheit war mittlerweile dort versammelt: Funker, die Aufklärungsabteilung, die Einsatzoffiziere, der stellvertretende Kommandant – sogar der Koch, der Mechaniker und der Verkäufer aus dem Laden waren hereingeschlichen und standen hinten, um zuzusehen und zu hören, was vor sich ging.

      Mike lehnte sich abwartend über den Kartentisch. In der letzten Übertragung, die sie gehört hatten, sagte Stratton nur »Hab ihn«, was bedeutete, er hatte das Fahrzeug gefunden, in dem Spinks war, oder genauer gesagt, in dem Spinks Transponder war. Das hieß, zumindest in Strattons Fall, dass er etwas unternehmen würde, den Wagen aufzuhalten. Es machte keinen Sinn, ihn zu fragen, was genau er vorhatte. Es hätte sowieso niemand von ihnen irgendetwas tun können, um zu helfen.

      »Wie weit entfernt sind unsere Wagen?«, fragte Mike leise. Damit meinte er die Autos der anderen Agenten, die das Camp verlassen hatten, um das Gebiet zu erreichen.

      »Gute zehn Minuten«, sagte Graham.

      Das hieß, sie waren alle aus dem Rennen. Mike tippte, während er nachdachte, rhythmisch mit seinem Wachsstift auf das Plexiglas, das die ganze Karte bedeckte.

      »Wie lange seit dem letzten Funkspruch?«

      »Eine Minute und 20 Sekunden«, sagte Graham.

      Mike richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, als müsste er sich zusammenreißen, damit seine Sorge nicht sichtbar wurde. Aber er konnte sie nicht länger verbergen. Er nahm das Handset und drückte den Knopf an der Seite.

      »Whisky One, Zero Alpha, Lage?«, sagte er.

      Jeder sah zum Lautsprecher, aber der blieb ruhig.

      »Whisky One, hier Zero Alpha, Lage?«

      »Hab ihn«, donnerte Strattons Stimme plötzlich aus dem Lautsprecher, der Koch zuckte zusammen und als Reaktion auch der Mechaniker.

      Mike und Graham sahen sich an, beide dachten dasselbe. Stratton hatte schon vor einer Weile gesagt: »Hab ihn.« Sie fragten sich, wieso sich in der Zwischenzeit nichts an der Situation geändert hatte.

      »Position?«, fragte Mike und tat sein Bestes, um die Anspannung zu verbergen, die er noch nie zuvor empfunden hatte.

      Ein langes Schweigen folgte. Mike wurde unruhig.

      »Whisky One, wie ist Ihre Position?«

      »Sind im Grünen«, erwiderte Stratton ruhig.

      Die Unruhe breitete sich im Raum aus.

      Mike ließ das Handset sinken. Der stellvertretende Kommandant und der Einsatzoffizier sahen ihn an und fragten sich, was sein nächster Schritt sein würde.

      Mike dachte lange und angestrengt nach. Es war offensichtlich, was gerade vor sich ging. Der Bus war mit Spinks darin über die Grenze gefahren. Er hatte nicht vor, Stratton zu sagen, er solle die Verfolgung abbrechen. Selbst wenn das eine Option gewesen wäre – und in diesem Fall war es das nicht –, hätte Stratton ihn sowieso ignoriert. Ein kleiner Ausflug über die Grenze war nichts im Vergleich dazu, einen Agenten zu verlieren. Mike war die Sorte Offizier, der in einem Kampf seinen Männern beistand. Wenn er Stratton nicht zurückbeorderte, bedeutete das, er unterstützte ihn. Er konnte also auch sofort damit anfangen.

      »Holt mir das Einsatzbüro in Lisburn an die Strippe«, sagte er leise zu Graham. »Und Bill Lawton soll sich bereit machen. Wir können genauso gut jetzt damit anfangen, das mit den Iren zu klären.« Mike hoffte nur, dass Stratton das so schnell und sauber wie möglich durchzog, und ohne die Schlacht bis nach Dublin auszuweiten.

      »Die Straße, die Straße!«, brüllte Brennan und deutete auf eine Hecke, etwa hundert Meter voraus. Direkt dahinter war eine zweite Hecke, die parallel dazu verlief. Das deutete darauf hin, dass dazwischen eine Straße oder ein Feldweg war. Sean fuhr eine sanfte Kurve und passte den Winkel so an, dass er durch das Tor donnern und ohne abzubremsen auf die Straße einbiegen konnte. Das Tor sah stabil aus, aber nichts würde sie jetzt noch aufhalten.

      Er traf es mit Wucht und die Scheinwerfer gingen kaputt. Er lenkte den Wagen schroff auf die enge Straße; der Wagen schleuderte nur ein wenig, aber ohne groß an Geschwindigkeit einzubüßen. Die hintere Seite traf die Hecke.

      Die Gazelle verfolgte ihn weiter wie ein unnachgiebiger Jäger. Sie drehte scharf bei, schloss auf der rechten Seite mit dem Bus auf, nicht höher als ein Torpfosten über dem Boden, und fing an, sie zu überholen. Sean warf einen Blick darauf. Das war sinnlos, dachte er. Sie waren auf der Straße gefangen wie auf einer Bowlingbahn und konnten nirgendwo hin außer geradeaus.

      Als die Gazelle näherkam, betrachtete Brennan den Mann auf dem linken Sitz des Helikopters, der sich mit einem Gewehr in der Hand aus der Pilotenkabine lehnte. Er konnte ihn jetzt deutlicher sehen, seine Zivilkleidung, strähniges Haar, das unrasierte Gesicht. Er sah Brennan direkt in die Augen, während er die Waffe an die Schulter hob.

      »Ein Pink«, sagte Brennan leise. »Ein beschissener Pink!«

      Er lehnte sich zum Fenster hinaus und feuerte eine lange Salve ab, wobei fast sein Gewehr in der Hecke hängen geblieben wäre. Sean versuchte, auf dem engen Weg so gut es ging zu manövrieren. Die beiden Männer hinten drin versuchten, sich irgendwo festzuhalten. Der Bus schlingerte heftig und Spinks Kiste rutschte von einer Seite auf die andere. Einer der Männer fiel auf den Rücken, während er sein M16 hielt, darauf lösten sich ein paar Schüsse, rissen Löcher in einer Linie ins Dach und verfehlten um ein Haar Brennans Kopf. Der war zu sehr auf seine verzweifelte Lage konzentriert, als dass er seine Wut auf die beiden entladen hätte.

      »Was sollen wir tun?«, schrie Sean.

      Brennan schien wie erstarrt und starrte auf den Mann im Helikopter.

      »Brennan?«, rief Sean.

      »Fahr! Fahr einfach!«, brüllte Brennan zurück.

      »Wir könnten in vier verschiedene Richtungen rennen. Die können uns nicht alle schnappen«, sagte Sean.

      Brennan richtete den Lauf seiner Waffe auf Sean und funkelte ihn wütend an, einen wahnsinnigen Ausdruck in den Augen. »Wenn du diesen Bus anhältst, dann schieß ich dich in Stücke«, donnerte er.

      Sean verstand die Botschaft klar und deutlich.

      Stratton presste das Gewehr fest gegen seine Schulter und behielt sein Ziel im Auge. Eine Kugel streifte den Boden der Gazelle.