Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу
Gesandten entgegen, welcher aus dem Hause in den Garten trat.

      Herr von Persiany hatte ein wenig geschlafen, ein wenig Toilette gemacht und ein wenig gegessen, und sah bei weitem frischer aus als vorhin.

      Mit noch immer etwas schwankenden Schritten ging er dem Grafen Ingelheim entgegen.

      »Willkommen im Hauptquartier, mein lieber Kollege,« rief dieser, indem er ihm die Hand entgegenstreckte, — »das Corps diplomatique vervollständigt sich, bis jetzt war ich sein einziger Vertreter! — Sie sind ermüdet von der Reise, nicht wahr?«

      »Bis zum Tode!« rief Herr von Persiany, indem er sich auf eine Gartenbank niedersinken ließ, auf welcher der Graf Ingelheim neben ihm Platz nahm, — »bis zum Tode, — und es scheint nicht, daß man hier Gelegenheit haben wird, sich zu erholen —«

      »Nein, das hat man in der That nicht,« sagte Graf Ingelheim, »den ganzen Tag Lärm, Trommelschlag und Hörnerklänge —«

      »Entsetzlich!« rief Herr von Persiany.

      »Und des Nachts kein Bett oder eine harte Strohmatratze —«

      Herr von Persiany faltete die Hände und richtete den Blick gen Himmel.

      »Das sind aber kleine Schwierigkeiten, über die man leicht hinwegkommt,« sagte Graf Ingelheim.

      Herr von Persiany sah ihn von der Seite mit dem Ausdruck tiefsten Erstaunens an.

      »Unangenehm wird es aber werden,« fuhr der österreichische Diplomat fort, »wenn es zur wirklichen Aktion kommt, — der König wird gewiß mitten darin sein, und wir werden natürlich bei ihm sein müssen —«

      »Glauben Sie, daß wir etwas zu fürchten haben?« fragte Herr von Persiany, — »unser diplomatischer Charakter —«

      »Wird mich vielleicht vor Gefangenschaft nicht schützen,« sagte Graf Ingelheim, »denn wir sind ja im Krieg mit Preußen, — bei Ihnen ist das etwas Anderes, Sie sind der aufmerksamsten Behandlung sicher, sobald Sie sich vor irgend einem Truppenkommandeur legitimiren. — In dem Démêlé freilich —« und er zuckte die Achseln.

      »Sollten wir etwas zu fürchten haben?« fragte Herr von Persiany.

      »Mein lieber Kollege,« erwiederte Graf Ingelheim leicht seufzend, indem er von der Seite einen forschenden Blick auf den russischen Diplomaten warf, — »eine Kanonenkugel, das Pistol eines Husaren, der Säbel eines Kürassiers nehmen sehr wenig diplomatische Rücksichten —«

      »Aber mein Gott!« rief Herr von Persiany, — »wenn es zum Aeußersten kommt, so weiß ich nicht, ob ich hier bleiben darf, wir sind ja im Frieden mit Preußen.«

      »Das kommt plötzlich und wahrscheinlich ohne Vorbereitung, — da bleibt dann keine Wahl,« sagte Graf Ingelheim trocken. »Uebrigens glaube ich auch nicht gerade an eine ernste Lebensgefahr, — freilich bleibt es immer unangenehm, den furchtbaren Lärm des Schlachtfeldes zu hören, das Blut zu sehen, — die Leichen —«

      Herr von Persiany sank auf seine Bank zurück, seine bleichen Lippen bebten bei dem Gedanken an eine solche Aufregung seiner Nerven.

      »Ob man wohl etwas Sodawasser hier haben kann?« fragte er.

      »Das glaube ich nicht,« sagte Graf Ingelheim, — »solche Sachen finden sich nicht, und was man auftreiben kann, wird für die Kranken und die demnächstigen Verwundeten mit Beschlag belegt. An der Tafel des Königs haben wir dünnes Bier, kaltes Rindfleisch und abgekochte Kartoffeln —«

      »Aber das ist unmöglich!« rief Herr von Persiany.

      Graf Ingelheim zuckte die Achseln.

      »Was wollen Sie,« sagte er, »im Kriege kann man keine guten Diners verlangen; — übrigens sind wir Jäger das gewöhnt —«

      »Aber ich bin kein Jäger,« sagte Herr von Persiany.

      »Da kommt Graf Platen,« rief der österreichische Gesandte, — »vielleicht bringt Der Neues!«

      Graf Platen kam und bat den durch die Schilderungen des Grafen Ingelheim auf's Tiefste erschütterten russischen Gesandten, ihn zum Könige zu begleiten.

      »Sie glauben also, daß keine Verhandlungen mehr möglich sind?« fragte Herr von Persiany, indem sie die Treppe hinaufstiegen.

      »Ich glaube nicht, daß der König sich noch auf irgend etwas einläßt,« — erwiederte Graf Platen nach kurzem Zögern.

      »Dann —« sagte Herr von Persiany, — er sprach seinen Gedanken nicht aus, denn sie waren vor der Thür des Königs.

      »Mein lieber Herr von Persiany,« sagte Georg V., »ich habe Sie bitten lassen, um Ihnen nun, — nachdem Sie hoffentlich ein wenig ausgeruht sind —?«

      »Ich danke, Majestät!« sagte Herr von Persiany seufzend, »ein wenig gestärkt bin ich —«

      »Um Ihnen,« fuhr der König fort, »nochmals zu danken für den Eifer, mit welchem Sie die bei Ihren Jahren und Ihrem schwächlichen Gesundheitszustand doppelt beschwerliche Reise hieher gemacht haben, um mir die freundlichen Gesinnungen des Kaisers auszusprechen und seine herzlich gemeinte Vermittlung anzutragen. Ich würde Sie auch bitten, länger in meinem Hauptquartier zu verweilen —«

      Herr von Persiany horchte hoch auf, — ein leichter Schimmer flog über seine Züge.

      »Wenn nicht,« fuhr der König fort, »die letzte Möglichkeit einer Verhandlung abgeschnitten wäre, nachdem mir der Oberst von Döring noch einmal ein Bündniß auf Grund der Reformbedingungen angetragen hat und ich dasselbe abgelehnt habe. Auch hat der Parlamentär selbst seinen Auftrag für tatsächlich erledigt erklärt, bevor er ihn ausrichtete. Ich würde Sie also nur unnütz quälen und Ihre Gesundheit durch die Entbehrungen und Strapazen des Kriegslebens ernsten Gefahren aussetzen, wenn ich Sie hier zurückhielte. Ich bitte Sie deßhalb, nach Hannover zurückzugehen. Sie können dort der Königin mit Ihrem Rath nützlich sein. Danken Sie dem Kaiser auf das Innigste und Herzlichste für seine Freundschaft und Theilnahme!«

      »Wenn Eure Majestät mir sagen, daß nach der Sachlage jede Verhandlung hier unmöglich ist und ich Ihnen hier von keinem Nutzen sein kann, ja, daß ich vielleicht Ihrer Majestät der Königin in Hannover —«

      »Das ist ganz bestimmt meine Meinung,« sagte der König.

      »Es wäre nur möglich,« sagte Herr von Persiany, »daß vielleicht im Laufe der Ereignisse, — der Uebermacht gegenüber — nochmals der Moment für irgend welche Verhandlungen eintreten könnte, — es wäre dann meine Pflicht zu bleiben — und nur der bestimmte Befehl Eurer Majestät —«

      »Wenn es sein muß, so gebe ich Ihnen diesen Befehl,« sagte der König, »reisen Sie schnell und theilen Sie der Königin mit, wie Sie mich und die Armee hier gefunden!«

      »Dann muß ich gehorchen!« rief Herr von Persiany, »ich bitte Gott, Eure Majestät zu schützen und Alles zum Besten zu fügen.«

      In tiefer Bewegung ergriff der alte Herr die dargebotene Hand des Königs, hielt sie lange in der seinen und eine Thräne fiel darauf nieder.

      Der König lächelte gütig.

      »Ich weiß, welche treuen Gesinnungen Sie für mich und mein Haus haben, Gott schütze Sie — und Ihren Kaiser!« — fügte er herzlich hinzu.

      Herr von Persiany kehrte mit dem Grafen Platen in den Garten zurück, wo Graf Ingelheim sie erwartete.

      »Nun, lieber Kollege!« rief er, »Sie sehen ja viel munterer aus, als vorhin; söhnen Sie sich mit dem Lagerleben aus?«

      »Der König entläßt mich,« sagte Herr von Persiany, — »er sendet mich nach Hannover zurück, — ich werde meinen alten Körper nicht mehr auf diese Probe stellen. — Aber,« fuhr er fort, indem er sich an Graf Platen wendete,— »auf dem Weg, den ich gekommen, kehre ich nicht zurück, — senden Sie mich nach Gotha, ich will über Frankfurt, — von dort werde ich vielleicht auf Umwegen, aber doch schneller und sicherer zurückkommen. — Aber schnell