Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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von hoher Mauer und bedeckten Gängen umgeben, eine weite Veranda bildet die Vermittlung zwischen dem Hause und dem Garten.

      Vor dem Schützenhause stand ein Doppelposten, auf dem Platz sah man die königlichen Equipagen, Offiziere aller Truppenabtheilungen kamen und gingen, die Adjutanten und Ordonnanzen des kommandirenden Generals, welcher sein Hauptquartier in der Stadt hatte, eilten hin und her, um dem Könige Nachrichten zu bringen, — Alles war Leben und militärische Bewegung.

      Die Armee war um Langensalza konzentrirt und aus den Quartieren in eitle Defensivstellung gebracht, da die Nichtanerkennung des Waffenstillstandes seitens des Generals Vogel von Falckenstein jeden Augenblick einen preußischen Angriff besorgen ließ. Zwar hatte der General später, als ihm die Verhandlungen mit dem Generaladjutanten von Alvensleben bekannt wurden, den Waffenstillstand zu respektiren erklärt, — indeß die defensive Gefechtsstellung der hannöverischen Armee war beibehalten worden.

      Der König saß in seinem Zimmer. Tiefer Ernst lag auf seinen Zügen. Der alte General von Brandis stand neben ihm.

      »Mein lieber Brandis,« sagte der König düster, — »ich fürchte, wir befinden uns in einer schlimmen Lage!«

      »Leider bin ich dessen gewiß, Majestät!« erwiederte der General.

      »Ich fürchte,« fuhr der König fort, »diese unglücklichen und unklaren Verhandlungen haben nur dazu gedient, die preußischen Kräfte, die uns gegenüberstehen, zu verstärken und unsere Stellung zu verschlimmern. Ohne diese Verhandlungen hätten wir Eisenach genommen und wären jetzt vielleicht schon in Sicherheit mit den Bayern vereinigt.« —

      »Ganz gewiß,« sagte der General trocken, — »Eure Majestät werden mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen,« fuhr er fort, »daß ich mich stets sehr entschieden gegen diese Art von Verhandlungen ausgesprochen habe. Meiner unmaßgeblichen Ansicht nach muß man entweder verhandeln oder marschiren, Beides zusammen geht nicht. — Auch begreife ich nicht, wohin diese Verhandlungen führen sollten. Ich verstehe den Angelpunkt derselben nicht. Durchmarsch nach dem Süden mit der Verpflichtung, eine gewisse Zeit nicht gegen Preußen zu fechten —«

      »Zwei Monate,« — fiel der König ein.

      »Welche Bedeutung kann das haben?« — fuhr der General fort, — »welchen Empfang würden wir in Süddeutschland finden, wenn wir dort ankämen und sagten: Hier sind wir, Verpflegung und Quartier brauchen wir, — aber schlagen dürfen wir nicht! — Ich wüßte wahrlich nicht,« sagte er mit einer gewissen Bitterkeit, — »was ich als kommandirender General der süddeutschen Truppen zu einer solchen Ueberraschung sagen sollte. Ich glaube, dann wäre es besser gewesen, in Hannover zu bleiben!«

      Ein leichter Zug von Unmuth flog über das Gesicht des Königs, verschwand jedoch sogleich wieder und freundlich, aber ernst sprach er:

      »Aber mein lieber Brandis, der kommandirende General und der Generalstab haben mir vorgetragen, daß die Armee ohnehin durchaus nicht schlagfertig und zu militärischen Operationen ernster Natur nicht tüchtig sei, daß sie, wenn es gelänge, nach Süddeutschland durchzudringen, wenigstens acht Wochen bedürfe, um in schlagfertigen Zustand gebracht zu werden! Darauf hin bin ich auf jene Verhandlungen eingegangen, — wie konnte ich anders?«

      »Ich wage gewiß nicht,« sagte der General, »Eurer Majestät Entschließungen und Handlungen zu beurteilen, aber ich kann nur immer wiederholen: — diese Theorieen des Generalstabs verstehe ich nicht. Ein Generalstab, der als Resultat seiner Arbeiten immer nur Negationen produzirt und Rückwärtsbewegungen vorschlägt? — Vorwärts wollen wir doch, Majestät!« rief er, »und um vorwärts zu kommen, muß man marschiren. Das Vorwärtsmarschiren kräftigt die Armee, — das Stillliegen ermüdet sie, das zwecklose Hin- und Hermarschiren aber wird sie schließlich demoralisiren.«

      Der König schwieg und seufzte tief.

      »Majestät,« fuhr der General warm und lebhaft fort, — »es gibt nur noch einen Weg der Rettung, — das ist der schleunige Vormarsch auf Gotha. Die Preußen erwarten nach den bisherigen Operationen, daß wir bei Eisenach den Uebergang über die Eisenbahnlinie bewirken wollen, — dort haben sie ihre Kräfte zusammengezogen. — Lassen Eure Majestät unverzüglich nach Gotha aufbrechen und in forcirtem Marsch vorgehen, — wir werden dort wenig Widerstand finden und durchbrechen. Wir haben neunzehntausend Mann, lassen wir viertausend liegen, so erreichen wir — dafür stehe ich — immer noch mit fünfzehntausend Mann Süddeutschland, bringen dort eine wesentliche Hülfe und erhalten vor Allem Eurer Majestät Fahne im Felde. Wenn wir hier warten,« fuhr er traurig fort, »so muß es böse enden.«

      »Aber die Verhandlungen mit Alvensleben —« sagte der König zögernd, — »Graf Platen hofft noch immer ein Resultat —«

      »Welches Resultat?« rief General von Brandis, — »die Resultate der beiderseitigen Negoziationen sind bis jetzt wahrlich nicht glänzend gewesen —«

      »Der Minister Graf Platen!« meldete der Kammerdiener.

      Auf den Wink des Königs trat Graf Platen ein.

      »Majestät,« rief er, »der preußische Oberst von Döring ist als Parlamentär von Berlin eingetroffen und bringt eine Depesche des Grafen Bismarck, — es scheint doch, daß man in Berlin weiter verhandeln will —«

      »Lassen Sie den Obersten kommen!« sagte der König, indem er aufstand.

      General Brandis zuckte die Achseln und trat an's Fenster.

      Graf Platen führte den preußischen Stabsoffizier ein.

      »Oberst von Döring,« meldete dieser, indem er in dienstlicher Haltung an den König herantrat, »befehligt, eine Depesche Seiner Excellenz des Ministerpräsidenten Grafen Bismarck vorzulesen!«

      »Ich bin bereit zu hören, Herr Oberst!« erwiederte der König.

      Der Oberst öffnete ein Papier, das er in der Hand trug.

      »Ich muß Eurer Majestät zuvor bemerken,« sagte er, — »daß ich meinen Auftrag für tatsächlich erledigt halte, da ich hier die Verhandlungen abgebrochen und die Truppen des Generals Vogel von Falckenstein bereits im Begriff gefunden habe, anzugreifen.«

      »Dann kann also Ihre Mittheilung nichts mehr nützen?« sagte der König kalt.

      »Erlauben mir Eure Majestät immerhin, meinen Befehl auszuführen.«

      »Es könnte doch —« fiel Graf Platen ein.

      »Lesen Sie, Herr Oberst!« sagte der König.

      Der Oberst las langsam die Depesche vor, welche eine wörtliche Wiederholung der durch den Prinzen Ysenburg am 15. übergebenen Sommation enthielt und ein Bündniß auf Grund der preußischen Reformbedingungen vorschlug.

      »Glaubt denn dieser Mann,« rief der König, als der Oberst geendet, »daß ich jetzt —«

      »Eure Majestät,« sagte der Oberst Döring mit fester Stimme, »bitte ich unterthänigst, allergnädigst bedenken zu wollen, daß ich als preußischer Offizier über den preußischen Ministerpräsidenten Ausdrücke nicht anhören kann —«

      »Ist er nicht ein Mann wie wir alle?« fragte der König mit Hoheit, — »glaubt der Graf Bismarck,« — fuhr er fort, — »daß ich jetzt im Felde, an der Spitze meiner Armee, Bedingungen eingehen kann, welche ich in meinem Kabinet in Herrenhausen zurückgewiesen habe, daß ich jetzt meine Armee gegen Oesterreich marschiren lassen würde?«

      »Könnte man nicht vielleicht eine kurze Bedenkzeit —« bemerkte Graf Platen.

      »Ich habe keinen Befehl, eine solche anzunehmen,« sagte der Oberst von Döring.

      »Und ich bedarf sie nicht,« fuhr der König fort, »um Ihnen meine Antwort zu geben. Sie ist dieselbe wie früher und heißt auf diese Vorschläge einfach: Nein. — Ich habe die Hand zu Verhandlungen geboten, um unnützes Blutvergießen zu vermeiden und dem Bedruck der Einwohner vorzubeugen; auf dieser Basis gibt es für mich keine Unterhandlung, — das Verhängniß mag seinen Weg gehen, — ich kann nichts mehr thun, es aufzuhalten. — Ich