Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу
Pferde zogen an, der Wagen rollte davon und die beiden Offiziere kehrten zu ihrem Feuer zurück.

      Nach kurzer Zeit rief der Posten abermals an — Schritte ertönten von der andern Seite des Hügels, — die Parole wurde gegeben und den schnell aufgesprungenen Offizieren trat der Rittmeister von Einem entgegen.

      Die Lieutenants salutirten, — Herr von Stolzenberg meldete: »Nichts Neues, ein Kurier durchpassirt mit Depeschen und richtigem Passirschein.«

      »Gut, meine Herren,« sagte der Rittmeister, — »es ist Alles in bester Ordnung, — doch nun,« — fügte er heiter lächelnd hinzu, — »lassen Sie den Dienst und geben Sie mir ein Glas von Ihrem Getränk und etwas zu essen, denn ich habe bis jetzt so viel mit den Pferden und Leuten zu thun gehabt, daß ich noch nichts für mich gefunden habe!«

      Die Offiziere beeilten sich, dem Rittmeister ein Souper anzubieten, wie es ihr einfacher, aber reichlicher Vorrath erlaubte, und dazu brauten sie ihm ein so duftiges und würziges Glas Punsch, wie er es besser nicht im tiefen Frieden hinter dem behaglichsten Theetisch hätte finden können.

      »Ja,« sagte Herr von Einem, indem er sich, bequem auf das Stroh niedergestreckt, eine Cigarre anzündete, — »so in den ersten Tagen ist das noch Alles sehr schön und bequem, — aber später, nach einiger Zeit, — da werden wir auch solchen Punsch nicht mehr trinken — und solche Cigarren nicht mehr rauchen.«

      »Um so besser!« rief Herr von Wendenstein lustig, »da werden wir unsern Humor und unsern lustigen Reitersinn auf die Probe stellen, — aber Herr Rittmeister, — werden wir bald marschiren, — eben passirte ein Kurier zur hessischen Armee durch, — mir scheint, um uns mit der zu vereinigen, müßten wir marschiren, die Hessen können doch nicht wieder herauf kommen!«

      »Ob wir marschiren werden?« sagte der Rittmeister seufzend, — »ja davon weiß ich nichts, — vorläufig sieht es noch nicht darnach aus — der hohe Generalstab sitzt und arbeitet und geschrieben wird — und wieder geschrieben, — wenn wir marschiren, das weiß ich nicht.«

      »Um den General von Tschirschnitz thut es mir aber doch leid,« sagte Herr von Stolzenberg, — »es war ein alter derber Herr — und manchmal war nicht gut mit ihm Kirschen essen, — aber altes Schrot und Korn steckte drin, — warum ist er denn eigentlich fortgeschickt?«

      »Graf Kielmannsegge, der vor einer Viertelstunde hier war,« sagte der Rittmeister, »hat mir erzählt, die Armee habe kein Vertrauen mehr in seine Dienstfähigkeit.«

      »Nun, man hielt ihn ja schon lange für etwas gebrechlich,« bemerkte Herr von Wendenstein, »im Dienst war aber nichts davon zu merken, — wenn man je etwas damit zu thun hatte. — Wie ist denn Oberst Dammers, der neue Generaladjutant?«

      »Ich kenne ihn wenig, — es soll ein energischer Mann sein. — Doch das sind Alles Dinge, die uns nichts angehen, — die Kavallerie ist noch von dem alten Schlage, — wo der Feind ist, da geht man hin und schlägt ihn oder fällt, — Punktum!«

      Und er that einen großen Zug aus seinem Glase.

      »Gott gebe, daß die neuen Besen da oben gut kehren — und daß wir bald vorwärts gehen.«

      Er stand auf.

      »Gute Nacht und gute Wache, meine Herren, auf Wiedersehen morgen, und hoffentlich auf dem Marsch!«

      Die Offiziere salutirten, — langsam schritt der Rittmeister in die Dunkelheit dem Dorfe zu.

      Herr von Stolzenberg und Herr von Wendenstein aber beschlossen, abwechselnd Jeder eine Stunde zu schlafen, während der Andere wachen würde, — so sank die Mitternacht herab und still ward es bei den Vorposten, während in Göttingen immer neue und neue Truppenzüge ankamen, Beurlaubte, Reservisten und ungediente junge Leute aus dem ganzen Lande zusammenströmten, um in die Armee eingereiht zu werden.

      Der neue Generalstab arbeitete die ganze Nacht, es wurde viel debattirt und geschrieben in der großen Aula der Georgia Augusta und endlich beschlossen, daß die Armee vier Tage in Göttingen bleiben müßte, um sich marschfertig zu machen.

      — Vier Tage ist eine lange. Zeit, wenn die Ereignisse nach Stunden zählen! —

      Dreizehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Und in der That rückten die Ereignisse in jenen denkwürdigen Tagen nach Stunden vor und die Geschichte machte in Stunden so viel Schritte auf ihrem die Welt umgestaltenden Wege, wie sonst in Jahren.

      Vom Norden her rückte der General von Manteuffel herab, der General Vogel von Falckenstein besetzte Hannover und übernahm die Verwaltung des Landes, dessen Beamten der König erlaubt und befohlen hatte, in ihren Stellungen zu bleiben, der General Beyer konzentrirte sein in Hessen zersplittertes Korps, der General von Seckendorf besetzte von Magdeburg her Nordhausen, von Erfurt aus rückte ein Theil der Besatzung und eine Ausfalls-Batterie nach Eisenach und vereinigte sich dort mit den Truppen des Herzogs von Koburg-Gotha, um diesen Uebergangspunkt der hannöverischen Armee nach dem Süden zu verschließen.

      Die Befehle flogen von Berlin an die Truppenkommandanten und eine rasche und einheitliche Bewegung vollzog sich bei allen preußischen Armeeabtheilungen, dahin zielend, die Knotenpunkte eines Kreises festzulegen, welcher die hannöverische Armee einschloß und der sich immer dichter und fester zusammenzog.

      Es blieb nur die freilich natürlichste und geradeste Straße nach Fulda offen.

      Diese tapfere, von wunderbarem Geiste beseelte Armee aber lag in Göttingen und der nächsten Umgegend.

      Der Generalstab arbeitete Tag und Nacht, um sie marschfertig zu machen. Wohl brausten die jüngeren Offiziere und Mannschaften vor Ungeduld, vorwärts zu gehen — und begriffen nicht, daß die Regimenter, welche aus ihren Standquartieren in so unerhörten Märschen nach Göttingen gekommen waren, nicht marschfertig sein sollten, um von da auf der nach allen Meldungen völlig offenen Straße nach dem Süden weiter zu gehen, — wohl schüttelte der alte General Brandis den Kopf und meinte, es sei wohl besser, mit der nicht marschfertigen Armee durchzubrechen, als mit der marschfertigen eingeschlossen zu werden, — wohl meinte er, daß des großen Wellington Truppen nach reglementmäßigen Begriffen oft sehr wenig marschfertig gewesen seien und doch marschirt wären, geschlagen und gesiegt hätten, — wohl biß der König die Zähne zusammen vor Ungeduld, — er konnte nichts thun, der Herr, dem des Himmels Hand das Augenlicht genommen, als fragen und antreiben und immer wieder fragen und antreiben.

      Der Generalstab aber in der Aula der Georgia Augusta bewies dem braven General von Arentschildt, daß nach allen bestehenden Reglements die Armee noch nicht marschiren könne, — die Reglements lagen vor und der Generalstab hatte Recht, — und der General von Arentschildt meldete dem König, daß die Armee noch nicht marschiren könne.

      Auch wartete der Generalstab auf das Vorrücken der Hessen und Bayern zur Vereinigung mit der hannöverischen Armee.

      Der König mußte warten, verzehrte sich in stiller Ungeduld in seinen Zimmern im Gasthof zur Krone.

      Die Truppen in ihren Quartieren und Kantonnements mußten warten, und ihre Ungeduld war nicht still, sondern machte sich Luft in lauten und derben Flüchen, und am lautesten und lebhaftesten war die Ungeduld bei den Kavallerieregimentern, deren Pferde wiehernd den Boden scharrten und deren Mannschaften meinten, sie dürften nur in den Sattel springen, um so marschfertig zu sein als irgend ein Kavallerist der Welt.

      Alles wartete.

      Graf Platen wartete auf eine Rückäußerung des Prinzen Ysenburg. Er hatte die Erklärung auf die preußische Sommation von Göttingen aus an den Prinzen geschickt und hoffte, daß sich auf Grund derselben irgend eine Negoziation anbahnen lassen würde. — Aber am zweiten Tage kam die Erklärung selbst zurück, — zwar eröffnet, — aber mit der kurzen und kalten Bemerkung des Prinzen Ysenburg, daß nach der Kriegserklärung seine diplomatischen Funktionen aufgehört hätten und daß er daher nicht in der Lage sei, Schriftstücke