Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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rief er lebhaft, — »und was bringt er? — lassen Sie ihn kommen!«

      Graf Platen führte den russischen Gesandten in das Zimmer.

      »Willkommen im Lager, mein lieber Herr von Persiany!« rief der König und streckte dem Eintretenden seine Hand entgegen.

      Der alte Herr ergriff dieselbe und sprach mit zitternder Stimme:

      »Mein Gott, Majestät, welche Zeiten, — welcher Schmerz für mich, Eure Majestät unter solchen Verhältnissen wieder zu sehen!«

      Seine Hand zitterte und eine Thräne blinkte in seinem Auge.

      »Herr von Persiany ist sehr erschöpft von der Reise, Majestät!« sagte Graf Platen.

      Der König ließ sich auf das Sopha nieder und rief:

      »Setzen Sie sich, Herr von Persiany, bedürfen Sie einer Erfrischung? — Lieber Lex, suchen Sie ein Glas Wein zu schaffen!« —

      »Ich danke, — ich danke untertänigst, Majestät sind zu gütig,« sagte der alte Herr, indem er wie gebrochen in einen Stuhl sank, — »ich werde nachher etwas finden, — jetzt lassen Eure Majestät mich vor Allem aussprechen, daß der Kaiser, mein allergnädigster Herr, mir befohlen hat, mich zu Eurer Majestät in's Hauptquartier zu begeben und Sie seiner freundschaftlichsten Theilnahme zu versichern.«

      »Der Kaiser ist sehr gütig,« sagte der König, — »und ich erkenne darin die Freundschaft, welche er mir stets bewiesen hat und welche ich von ganzem Herzen erwiedere.«

      »Der Kaiser hat mir befohlen,« fuhr Herr von Persiany tief Athem schöpfend und mühsam die Worte hervorstoßend fort, »mich Eurer Majestät zur Disposition zu stellen, da er voraussetzt, daß Verhandlungen mit Preußen stattfinden würden und daß vielleicht die freundliche Vermittlung eines neutralen, beiden Souveränen befreundeten Monarchen —«

      Des Königs Stirn umwölkte sich.

      »Die Verhandlungen, welche stattgefunden haben, sind abgebrochen!« sagte er.

      »Mein Gott!« rief Herr von Persiany, »so wäre ich zu spät gekommen!« und er sank wie gebrochen von dem Gedanken, daß seine anstrengende Reise umsonst gewesen sein könne, in sich zusammen. — Sollte es denn gar nicht möglich sein,« rief er, die zitternden Hände faltend, — »einen blutigen Zusammenstoß zu vermeiden, — der Kaiser glaubt sicher zu wissen, daß der König von Preußen eine Verständigung dringend wünscht — und wenn Eure Majestät —«

      »Mein lieber Herr von Persiany,« sagte der König, »ich wüßte in der That nicht, wie ich Verhandlungen wieder beginnen sollte, nachdem man mir unmittelbar vor Ihrer Ankunft wiederum die unannehmbare Sommation vom 15. gestellt und ich dieselbe abermals zurückgewiesen habe.«

      »Mein Gott, mein Gott!« rief Herr von Persiany, — »welch' ein Unglück ist es, in solchem Augenblick, so alt und gebrechlich und nicht mehr Herr über seine Nerven zu sein! — Könnte nicht vielleicht durch meine Vermittlung — von Neuem —« — er konnte nicht weiter sprechen, die Stimme versagte ihm, er war einer Ohnmacht nahe.

      »Mein lieber Gesandter,« sagte der König mit milder Stimme, — »ich habe Ihnen herzlich zu danken, daß Sie so schnell diese anstrengende Reise gemacht haben, um mir den Beweis der freundlichen und liebenswürdigen Gesinnungen des Kaisers zu bringen, — für den Augenblick ist aber Nichts zu thun, — Sie bedürfen unumgänglich einer kurzen Ruhe und einiger Stärkung, — ich bitte Sie sich zurückzuziehen, — Graf Platen wird für Sie sorgen.«

      »Ich danke, ich danke, Majestät,« — sagte Herr von Persiany, mühsam aufstehend, — »ich bedarf in der That einiger Erholung und werde mich bald wieder à mon aise befinden, ich bleibe zu Eurer Majestät Disposition für alle Fälle.«

      Seine Kräfte drohten ihn zu verlassen, er nahm den Arm des Grafen Platen, welcher ihn hinausführte und ihm ein Zimmer mit einem Bett besorgte, in welchem der erschöpfte alte Herr alsbald entschlummerte, während man seinem Diener einige leichte Nahrungsmittel in der sehr spärlich bestellten Küche suchte, um seinem Herrn beim Erwachen etwas Stärkung zu geben.

      Graf Platen suchte den österreichischen Gesandten auf, welcher in dem Garten des Schützenhauses auf und ab ging.

      »Nun? eine neue Negoziation? nicht wahr?« fragte Graf Ingelheim, indem er den Minister forschend anblickte.

      »Es scheint,« antwortete dieser, »daß man in Petersburg, sei es aus eigenem Antrieb, sei es auf preußischen Wunsch, zu einer Vermittlung geneigt ist — vielleicht hängt das mit der Sendung des Obersten von Döring zusammen, — jedenfalls —«

      »Mein lieber Graf,« unterbrach ihn der österreichische Gesandte ernst, »ich habe mich jeder Bemerkung enthalten diesen seit mehreren Tagen fortgesetzten Unterhandlungen gegenüber, — sie waren, in der Form wenigstens, militärischer Natur; Sie sehen, wohin diese Unterhandlungen Sie militärisch geführt haben, — fast zur Einschließung durch preußische Truppen, zur Erdrückung, — wenn nicht schnell der noch einzige Ausweg zur Rettung ergriffen wird. — Soll jetzt in diesem äußersten und letzten Moment dem Feinde Zeit gelassen werden, auch diesen vielleicht noch offenen Ausweg über Gotha zu schließen, indem hier neue Verhandlungen begonnen werden? — Dießmal übrigens,« fuhr er fort, »tritt die Sache auf das diplomatische Gebiet und ich muß nun auch ernstlich auf die politischen Folgen aufmerksam machen. Die bisherigen Negoziationen haben Sie in eine höchst gefährliche militärische Stellung gebracht, — soll die politische Stellung ihr gleich werden? — Was soll man in Wien sagen, wenn man erfährt, daß auch in diesem Augenblick kein Verlaß auf Hannover ist, — daß durch russische Vermittlung politische Verhandlungen mit Preußen stattfinden?« —

      »Aber es findet nicht die geringste Verhandlung statt,« rief Graf Platen.

      »Weil der gute alte Persiany jetzt schläft,« sagte Graf Ingelheim, — »weil er keine Nerven mehr hat, — aber wenn er erwacht? — Ich bitte Sie, Graf Platen, schicken Sie diesen russischen Vermittler fort, — glauben Sie denn jetzt noch irgendwo anders einen Halt finden zu können, als bei Oesterreich, — wollen Sie sich dort für immer Thüren und Ohren verschließen, sich ausschließen von der Theilnahme an den Früchten der großen Entscheidung, die dort unten bald fallen wird?«

      »Aber ich bitte Sie — in welcher Form —?« sagte Graf Platen zögernd.

      »In welcher Form?« rief Graf Ingelheim, »der alte kranke Mann wird jede Form mit Dank annehmen, die ihm erlaubt, hier fort zu kommen aus dem Lärm, den Strapazen und der Nähe der Kanonen. — Ich bitte Sie,« fuhr er dringend fort, »denken Sie, was man in Wien sagen würde, der Kaiser, der so fest auf Hannover baute, — alle Ihre Freunde in der Gesellschaft, welche so sicher auf Sie zählen, — die Schwarzenbergs, — die Dietrichsteins, — die Gräfin Mensdorff, — die Gräfin Clam-Gallas —«

      »Persiany wird abreisen,« — rief Graf Platen, — »wie ich zu Oesterreich stehe, weiß man in Wien, — in der exponirten Lage Hannovers —«

      »Thut man am besten, fest zu einer Seite zu stehen,« — sagte Graf Ingelheim, »und jetzt wenigstens, in der zwölften Stunde, einen sichern Freund zu gewinnen!«

      »Ich gehe zum König,« sagte Graf Platen, und schritt langsam dem Hause zu.

      Graf Ingelheim sah ihm nach und schüttelte leicht den Kopf.

      »Wenn er nur unterwegs Niemand begegnet!« sagte er vor sich hin. — »Ich fürchte,« — fuhr er nachdenklich auf und nieder gehend in seinem Selbstgespräch fort, — »ich fürchte, es nimmt hier kein gutes Ende, — der bewundernswürdig heldenmüthige Sinn dieses königlichen Herrn findet keine Organe der Verbindung zwischen ihm und der tapfern Armee, — dieser Generalstab hat keinen Begriff vom Kriege und kennt nur einen Grundsatz, — dem Feinde aus dem Wege zu gehen, wo er sich zeigt, — und der Kronprinz —«

      Er seufzte tief.

      »Indeß,« fuhr er fort, — »es ist immer schon viel erreicht. Dieser hannöverische Feldzug hat Preußen schon viel Zeit gekostet, — viel Truppen absorbirt, — Alles das ist Gewinn da