Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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hinzu, indem er den Becher vor sich auf die Erde stellte, »ich möchte wohl daran glauben, — denn wenn eine Ahnung ein gewisses unbestimmtes Gefühl ist, das uns durchdringt und uns eine Art Spiegelbild der Zukunft erblicken läßt, so muß meine Zukunft sehr schön und sehr hell sein; mir lacht Alles so froh und lustig entgegen und ich möchte vor reinem Vergnügen meilenweit in die Nacht hineinreiten. — Seht Ihr, Stolzenberg,« sagte er, indem er eine Cigarre aus seiner Tasche nahm und mit einem kleinen Messer sorgfältig die Spitze abschnitt, — »es ist doch eine wahre Freude, daß der langweilige, öde Garnisonsdienst ein Ende hat und wir nun hinausziehen in's Feld, in den wirklichen, wahrhaftigen Krieg, alter Freund, so eine Nacht wie diese im Bivouak unter freiem Himmel ist doch das Herrlichste, was ein Soldat wünschen kann, — gebt mir eine Kohle für meine Cigarre!«

      Herr von Stolzenberg reichte ihm ein glimmendes Stück Holz, an welchem jener mit aller Sorgfalt eines Feinschmeckers im Gebiet des Rauchens seine Cigarre anbrannte, deren feiner Duft alsbald in leichten Wölkchen durch die Luft zog.

      »Doch, was sprecht Ihr von Ahnungen, Stolzenberg?« fragte er dann, — »ist Euch etwa eine Ahnung passirt?«

      Herr von Stolzenberg schürte langsam mit einem eichenen Ast das Feuer und blickte sinnend in die Glut.

      »Ja,« sagte er ernst.

      »Nun, nun,« rief Herr von Wendenstein, »Ihr sagt das ja mit einer Stimme, wie der steinerne Gast, — sprecht ernsthaft und erzählt mir etwas davon. — Vorher aber trinkt noch einen ordentlichen Schluck, — Ihr wißt, irgend ein Philosoph hat gesagt, die Ahnungen kämen aus dem Magen — und für den Magen ist nichts besser, als ein paar Zoll hoch vernünftiges Getränk darin.«

      Herr von Stolzenberg kam der wohlmeinenden diätetischen Verordnung seines Freundes bereitwillig nach und sprach dann, wieder ernst in das Feuer blickend:

      »Wißt Ihr, — ich scheue mich eigentlich, davon zu sprechen, denn es ist Nichts, — wenn Ihr wollt, — mir ist weder ein Geist erschienen, noch habe ich einen Traum gehabt, noch sonst irgend etwas, was sich bestimmt beschreiben läßt. — Als ich ganz fertig aus meinem Zimmer ging, um zu Pferd zu steigen, da fuhr mir plötzlich eine eisige Kälte wie ein elektrischer Schlag durch alle Glieder und es war, als ob eine Stimme in mir sprach: Du kehrst nicht zurück. Der Eindruck war so mächtig und so plötzlich, daß ich einen Augenblick wie festgebannt stehen blieb. Dann aber war eben so plötzlich Alles vorüber, so daß ich kaum wußte, was mir geschehen war.«

      »Unsinn ist es!« sagte Herr von Wendenstein, der sich, den Kopf auf dem linken Arm, wieder ganz zurückgelegt hatte und den Blick nach den Sternen richtete, — »ich bleibe dabei, Euer Magen ist in Unordnung, natürlich auch — bei dem frühen Aufstehen und der Unruhe des Tages vorher. — Ihr werdet die Dosis Punsch verdoppeln müssen.«

      »Und noch einmal,« sagte Herr von Stolzenberg sinnend und ohne auf den Scherz seines Freundes einzugehen, »hatte ich dasselbe Gefühl. — Als wir heute bei der Krone in Göttingen vorbeizogen, der König vom Fenster herabgrüßte und unsere Leute wie rasend Hurrah schrieen, da erhob ich den Säbel, um zu salutiren — und in demselben Augenblick durchfuhr mich abermals jene eisige Kälte und abermals rief es in mir: Du kehrst nicht zurück! — und der König auch nicht,« — fügte er dumpf und trübe hinzu.

      »Mensch, seid Ihr rasend?« rief Herr von Wendenstein und richtete sich mit kräftigem Ruck empor, — »ahnt für Euch, soviel Ihr wollt, wenn Euch das Vergnügen macht, aber laßt den König aus dem Spiel, — thut mir wenigstens den Gefallen und sprecht zu Niemand von Euren Hallucinationen!«

      Herr von Stolzenberg blickte vor sich hin.

      »Wenn es sein soll« — sagte er halb leise — »nun in Gottesnamen, — kommt es zum Schlagen, so werden ja manche brave Soldaten fallen und es ist ja unser Loos so — ein schöner, ehrlicher Reitertod, das ist ja Alles, was man wünschen kann — nur keine langen Leiden und nicht zum Krüppel geschossen werden.«

      »Ich antworte Euch nicht mehr,« sagte Herr von Wendenstein, — »das sind zu dumme Gedanken beim Ausrücken in's Feld. — Aber,« fügte er hinzu, indem er sich halb aufsetzte und dem Kameraden gerade in's Gesicht blickte, — »ich will Euch auch eine Confidence machen.«

      Und halb scherzhaft, halb in glücklicher Erinnerung lächelnd, sagte er:

      »Ich glaube, ich bin verliebt!«

      »Ihr?« rief Herr von Stolzenberg lachend, — »das wäre nicht zum ersten Mal, — übrigens ist der Moment schlecht gewählt.«

      »Warum?«

      »Weil ein ordentlicher Reiter, wenn er in's Feld rückt, keine Gedanken zurücklassen soll! — Vorwärts heißt es — und ein Verliebter ist ein schlechter Soldat.«

      »Das versteht Ihr nicht,« sagte Herr von Wendenstein, — »im Gegentheil, es macht so glücklich, wenn man hinauszieht, dem Kampf entgegen, zu denken, daß ein Herz für uns schlägt, uns folgt mit guten Gedanken und Wünschen, — und wenn man etwas Tüchtiges ausführen kann, — stolzer schlägt im Gedanken an den braven Reiter — und dann nachher, — wenn man zurückkommt, — o es muß sehr schön sein!«

      »Wenn man zurückkommt,« — sagte Herr von Stolzenberg düster, — »doch,« fügte er in heiterem Tone hinzu, »wer ist denn Eure neue Flamme?«

      Die mit träumerischem Ausdruck zu den Sternen aufgeschlagenen Augen des Herrn von Wendenstein richteten sich wie erstaunt auf seinen Freund und mit etwas verletztem Ton sagte er, indem er sich wieder ganz in das Stroh zurückwarf:

      »Neue Flamme! — was das für ein Ausdruck ist, — übrigens werde ich Euch das nicht sagen!«

      »Dann ist es Ernst,« erwiederte Herr von Stolzenberg, — »und jetzt muß ich Euch ein ordentliches Glas Punsch verordnen, — denn ich bleibe dabei, die Liebe ist eine Krankheit, besonders wenn man in's Feld zieht.« —

      Herr von Wendenstein antwortete nicht, sondern fuhr fort, aufmerksam den Lauf der Sterne zu beobachten, welche ja in diesem Augenblick auch hinabfunkelten auf das alte Haus in Blechow, auf die alten Bäume und die wohlbekannten Fluren und Föhrenwälder, auf das Pfarrhaus und die blühenden Rosenbeete — und leise summte er vor sich hin:

      »Wenn Menschen auseinander geh'n, —

       So sagen sie: Auf Wiedersehen!«

      »Halt, wer da!« rief der Posten aus dem Hügel und schlug den Karabiner an.

      Die beiden jungen Offiziere sprangen im Nu auf.

      Ein offener Halbwagen mit zwei Extrapostpferden kam schnell die Straße herauf und hielt auf den Ruf des Postens.

      In einem Augenblick waren die beiden Offiziere am Schlage. Einige Dragoner erschienen in kurzer Entfernung.

      »Wen haben wir hier?« fragte Herr von Stolzenberg in den Wagen hineinblickend, in welchem eine Gestalt im Mantel saß, — »man passirt die Vorposten nicht!«

      Ein junger Mann mit offenem frischen Gesicht warf den Mantel zurück und bog sich zum Schlage heraus, die Offiziere begrüßend.

      »Es ist Alles in bester Ordnung, meine Herren,« sprach er lächelnd, — »ich bin der Kanzlist Duve, vom Grafen Platen und dem General von Arentschildt abgeschickt, um eine Depesche des Grafen Ingelheim an den Baron Kübeck nach Frankfurt zu bringen und zugleich die hessische Armee zu suchen, um ihr Nachrichten von uns zu bringen, damit wir uns mit ihr vereinigen können. — Hier sind meine Depeschen und hier die Ordre zum Passiren der Vorposten.«

      Der Lieutenant von Stolzenberg trat mit dem Passirschein an das Licht des Feuers, las denselben und gab ihn dann dem Herrn Duve zurück.

      »Es ist in voller Ordnung,« sagte er dann. »Ich wünsche Ihnen glückliche Reise und guten Erfolg, — schaffen Sie uns bald die Hessen und wo möglich die Bayern herauf!«

      »Was ich thun kann, wird geschehen,« erwiederte der Kurier.

      »Stolzenberg,« rief Herr von Wendenstein, »gebt ein Glas Punsch her! Da, mein Herr,« sagte er, »nehmen Sie das mit in Ihrem