Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Befehl, Majestät!«

      Und in militärisch dienstlicher Haltung verließ Graf Wedel das Zimmer.

      »Das ist schlimm — sehr schlimm!« sagte der König ernst und traurig, »denn eine Armee, die kein Vertrauen zu ihren Führern hat, ist halb geschlagen, — gut aber, daß ich noch zu rechter Zeit davon erfahren habe.«

      Der Kronprinz war an's Fenster getreten und blickte zu den bunten Gruppen auf der Straße herab.

      Die beiden Minister traten ein.

      General von Brandis, lächelnd und ruhig wie immer, Graf Platen bleich und abgespannt.

      »Meine Herren,« sagte der König, »ich höre, daß die Persönlichkeiten des Generaladjutanten und des von mir gewählten Kommandeurs der Armee nicht das volle Vertrauen der Truppen haben.«

      Er hielt inne.

      »Es ist leider so, Majestät, — ich habe dasselbe hier von allen Seiten gehört,« sagte Graf Platen.

      »Und Sie, General Brandis?«

      »Majestät,« sagte der General mit seiner ruhigen Stimme, — »ich habe viele ähnliche Aeußerungen hier gehört, wie ich nicht leugnen kann, indeß, wenn man auf alle solche Aeußerungen, die in so aufgeregter Zeit gemacht werden, entscheidendes Gewicht legen wollte, so müßte man oft das Kommando wechseln. — Die Hauptsache scheint mir, daß gut kommandirt und rasch vorwärts gegangen wird.« —

      »Ich gebe gewiß nicht viel auf das, was hie und da gesprochen wird,« sagte der König, »indeß dieß scheint mir ernst zu sein und ich möchte wahrlich nicht, daß die Armee ohne Vertrauen zu ihren Führern in's Feld rückte!«

      »Gewiß, Majestät, ist die Sache ernst,« sagte Graf Platen, — »es ist mir peinlich,« — fuhr er fort, »hier in militärischen Dingen, die nicht zu meinem Ressort gehören, eine Meinung auszusprechen und Eure Majestät wissen, daß ich mich nicht durch Aeußerungen, die von einer oder der andern Seite kommen, beeinflussen lasse —«

      General Brandis lächelte leicht.

      »Hier aber,« fuhr Graf Platen fort, — »liegt doch gewiß ein Fall vor, in welchem man den Aeußerungen der allgemeinen Stimmung Rechnung tragen muß.«

      »Haben Sie auch den Generallieutenant von Arentschildt nennen hören?«

      »Er wird allgemein genannt, Majestät!« erwiederte Graf Platen.

      General Brandis schwieg.

      »Ich kenne Arentschildt wenig!« sagte der König nachdenklich, — »was denken Sie über ihn, General Brandis?«

      »Herr von Arentschildt ist ein tüchtiger General und ein ehrenhafter Charakter,« sagte der Kriegsminister.

      »Halten Sie ihn für den Mann, um die Armee glücklich hindurchzuführen?« fragte der König.

      »Majestät, die Probe für einen General ist der Erfolg, — ich bin ein alter Feldsoldat und beurtheile den Soldaten nur im Felde.«

      Der König stützte den Kopf in die Hand und saß lange schweigend da.

      Endlich richtete er sich empor.

      »Es gilt die Zukunft meines Hauses und meines Königreichs,« sprach er ernst — »ich opfere alle persönlichen Wünsche und Rücksichten, wo jene großen Interessen in Frage kommen, — niemals würde ich es mir verzeihen, wenn durch einen begangenen Fehler der Erfolg in Frage gestellt würde, — es ist keine Zeit zu verlieren, — der Entschluß muß gefaßt werden. — Mein armer, braver Tschirschnitz,« sagte er leise, das Haupt schüttelnd, — »es wird ein harter Schlag für ihn sein. — Wen würde man denn als Generaladjutanten mit Vertrauen begrüßen?« unterbrach er sich.

      »Man nennt den Oberst Dammers, Papa,« sagte der Kronprinz, der wieder vom Fenster zurückgetreten war und sich dem Könige genähert hatte.

      »Oberst Dammers?« fragte der König.

      »Ein tüchtiger und energischer Offizier,« sagte der General Brandis, »ein Mann der That und des Entschlusses!«

      »Ich habe mich mit ihm unterhalten,« sagte Graf Platen, — »es ist ein sehr verständiger und intelligenter Mann, — ich habe ihm die Politik der letzten Zeit entwickelt und er sah vollständig deren Richtigkeit ein, — ich glaube —«

      »Ist der Oberst hier?« fragte der König.

      »Er war soeben im Hause,« antwortete der Kronprinz.

      Der König klingelte.

      »Ich lasse den General Gebser und den Generaladjutant von Tschirschnitz bitten,« sagte er seufzend.

      Beide Herren traten ein.

      General Gebser, eine hohe, elegante Gestalt mit kühnem Gesichtsschnitt, freiem Blick, leicht ergrauend an Haar und Schnurrbart; der Generaladjutant von Tschirschnitz trug einige Papiere in der Hand.

      »Mein lieber General Gebser und Sie, mein Generaladjutant!« sagte der König mit bewegter Stimme, »ich habe ein ernstes Wort mit Ihnen zu reden und einen neuen Beweis Ihres Patriotismus und Ihrer Hingebung für mich und mein Haus von Ihnen zu fordern.«

      General Gebser blickte den König gerade und frei an, der alte Generallieutenant von Tschirschnitz richtete seinen Blick erstaunt von dem Papier, das er in der Hand trug, auf seinen Herrn, als begriffe er nicht, welche Beweise der Hingebung man von ihm noch erwarten könne.

      »In einer Stunde wie diese,« fuhr der König fort, »ist ein offenes, ehrliches Wort nothwendig. Ich höre, daß die Armee die Wahl, welche ich getroffen, indem ich Ihnen, mein General Gebser, das Oberkommando zu übertragen beschlossen, nicht mit der freudigen Zustimmung ausgenommen hat, welche sie verdient, und daß ein anderer Name populärer unter den Reihen der Soldaten ist. Auch,« fuhr er fort, »höre ich, daß die Sorge allgemein ausgesprochen wird, Sie, mein lieber Generaladjutant, könnten bei Ihren vorgerückten Jahren zu sehr von den Strapazen dieses ohne Zweifel überaus mühevollen und anstrengenden Feldzuges angegriffen werden und es könnte dadurch vielleicht eine Unterbrechung des Dienstes eintreten, welche mitten im Marsch verhängnißvoll werden könnte. — Meine Herren,« sagte er leiser, indem er den Kopf vorbeugte, als wolle er durch die sein Auge verhüllenden Schleier den Eindruck wahrnehmen, welchen seine Worte hervorbrachten, — »Sie wissen, daß ich stets bereit bin, meine Person und alle persönlichen Rücksichten der Sache meines Landes zum Opfer zu bringen, — ich weiß, Sie denken wie ich und ich darf von Ihren treuen Herzen ein gleiches Opfer erwarten. Ich, Ihr König, der Ihre Verdienste und Gesinnungen hoch anerkannt und stets anerkennen wird, — ich bitte Sie, dieß Opfer zu bringen.«

      Der König schwieg, — ein tiefer Athemzug drang aus seiner Brust herauf.

      Der General Gebser hob den Kopf stolz empor, ein Lächeln zuckte über seine Lippen. Bleich, aber ohne zu zögern, trat er einen Schritt gegen den König vor und sprach mit fester Stimme:

      »Es war meine Pflicht, Majestät, auf meines Königlichen Kriegsherrn Befehl die Armee gegen den Feind zu führen und meinen Degen zur Verteidigung des Vaterlandes zu ziehen. Es ist ebenso meine Pflicht, wenn Eure Majestät einen Würdigeren finden, diesem das Kommando zu übergeben. Ich danke Eurer Majestät für das mir geschenkte Vertrauen —«

      »— Das keinen Augenblick erschüttert ist,« fiel der König ein.

      »Und ich hoffe,« fuhr der General fort, »daß Derjenige, welcher an meine Stelle tritt, mit demselben Eifer und derselben Hingebung Eurer Majestät und dem Vaterlande dienen möge, — ich weiß, daß dieß geschehen wird,« fügte er hinzu, »denn er ist hannöverischer Offizier!«

      Der König reichte ihm stumm die Hand, und festen Schrittes, ohne den Kronprinzen oder die Minister zu beachten, verließ der General das Zimmer.

      Der Generaladjutant von Tschirschnitz biß in mächtiger Bewegung auf seinen weißen Schnurrbart — eine Thräne glänzte in seinem Auge.

      »Majestät,« sprach er langsam, »es ist nicht die