Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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rief die Königin, — »ist denn gar keine Transaktion möglich, — könnte ich vielleicht etwas thun zur Verständigung!« rief sie, wie von einer plötzlichen Eingebung erfaßt, »die Königin Augusta wird wie ich vor einem solchen wahren Bruderkriege zurückschrecken.«

      »Ja, ein Bruderkrieg ist es im eigentlichsten Sinne des Wortes,« sagte der König, — »denn aus manchen Familien steht ein Bruder in meinem, der andere in preußischem Dienst, — aber zu thun ist da nichts mehr, — glaube es mir, — ich bin dessen gewiß und das Einzige ist, daß ich so viel als möglich suchen werde, Blutvergießen hier im Lande zu vermeiden. Graf Platen glaubt zwar noch vermitteln zu können —«

      »O hätte er nicht so lange vermittelt!« rief die Königin lebhaft, — »dann wären wir jetzt nicht in dieser schweren Lage, — nach beiden Seiten ohne Halt, — hätte er dann wenigstens nicht Gablenz und seine Truppen fortgehen lassen. Glaube mir, Männchen,« rief sie in innigem Ton, »diese lächelnde Zweiseitigkeit Platen's stürzt uns Alle in's Unglück!«

      Der König blickte finster vor sich hin.

      »Jetzt ist jedenfalls nichts zu ändern,« sagte er, — »die Situation muß erfaßt werden wie sie ist. — Ich gehe diese Nacht mit Ernst zur Armee, die ich nach dem Süden des Königreiches zusammenberufen will, um wo möglich die süddeutschen Truppen zu erreichen.«

      »Und wir, — wohin gehen wir?« rief die Königin ängstlich.

      Der König nahm ernst ihr Haupt in beide Hände, drückte einen Kuß auf ihre Stirn und sprach mit unendlicher Milde und Weichheit, aber eben so großer Entschiedenheit:

      »Du und die Prinzessinnen — ihr bleibt hier!«

      »Hier?!« rief die Königin, in rascher Bewegung einen Schritt zurücktretend, indem ihr Auge erschreckt zu ihrem Gemahl emporsah, — »hier? während der feindlichen Okkupation? — Nimmermehr! das kann Dein Ernst nicht sein!«

      »Es ist mein Ernst,« sagte der König, — »und Du, meine Engelskönigin, wirst bei ruhiger Prüfung ganz meiner Meinung sein, — davon bin ich überzeugt.«

      Die Königin blickte ihn fragend an und schüttelte leicht den Kopf.

      »Ich will meinem Lande,« fuhr der König fort, »die Schrecken des Krieges, meiner Armee einen, der Uebermacht gegenüber vielleicht unnützen Kampf ersparen und sie deßhalb zu den süddeutschen Armeen führen, wo sie Gelegenheit haben wird, mit an der großen Entscheidung theilzunehmen. Mein Platz und der des Kronprinzen ist inmitten der Armee. — Die feindliche Okkupation mit ihren Bedrückungen, Leiden und Schmerzen kann ich aber meinen Unterthanen, den Familien meines Landes nicht ersparen. Sie werden die feindlichen Truppen in der Heimat sehen, sie in ihren Häusern aufnehmen müssen, während ihre Söhne im Felde stehen. — Wie ich mit meinem Sohne das Schicksal meines Heeres theile, so mußt Du, die Königin, mit unsern Töchtern das Schicksal des Landes theilen, das ist unsere königliche Pflicht, — es soll in keiner Familie Hannovers gesagt werden, daß die Familie des Königs anders handelt, als es von den Unterthanen verlangt wird — wir sind mit dem Lande durch tausendjährige Bande verwachsen, wir sind Fleisch von seinem Fleisch und Blut von seinem Blut, — wolltest Du, daß man sagen sollte, die Königin säße fern in ruhiger Sicherheit, während die schwere Zeit auf dem Lande lastet?«

      Und seine ausgestreckte Hand suchte seine Gemahlin, während sein Haupt sich nach der Seite richtete, wo er das leise Rauschen ihres Kleides vernahm.

      Die Königin hatte die Hände gefaltet, — ihr Auge, auf ihren Gemahl geheftet, hatte den Ausdruck der Angst und des Schreckens verloren und in feuchtem Glanz strahlte es dem Könige entgegen.

      Als er geendet, ergriff sie seine suchende Hand, legte seinen Arm um ihre Schultern und schmiegte sich innig an ihn.

      »Du hast Recht!« rief sie, — o Du hast Recht wie immer, — Dein großes, edles Herz findet ja immer das Rechte und Wahre. Ja, mein König und Gemahl, ich bleibe hier, getrennt von Dir — aber vereint durch unser Land, unsere Liebe, unsere Pflicht!«

      »Ich wußte, daß Du meinen Entschluß billigen würdest,« sagte der König ruhig und freundlich, — »meine Königin konnte nicht anders denken und empfinden wie ich.«

      Und in stummer Umarmung standen die königlichen Gatten lange umschlungen, in stillem Weinen legte die Königin ihr Haupt an die mächtige Brust des Königs, und mit leiser Hand fuhr der König sanft hin und her über ihr reiches Haar.

      Die Blumen dufteten, die Wasser rauschten draußen, — die Vögel sangen in den Bäumen und die ganze Natur athmete glücklichen Frieden.

      Und über all' dem sonnigen Licht, über all' dem Frühlingsduften und Singen stand unsichtbar die finstere Wetterwolke, deren zuckender Strahl bereit war, herabzufahren und all' dieß stille Glück, all' diesen königlichen Glanz zu zertrümmern für immer.

      Ein Schlag an die Thür ertönte.

      Der König drängte die Königin sanft von sich.

      »Die Minister stehen zu Befehl,« meldete der eintretende Kabinetsrath.

      »Nun,« sprach der König sanft zu seiner Gemahlin, »laß mich mit den Ministern das Nöthige abmachen, — wir sehen uns nachher!«

      »Gott segne Deine Entschlüsse!« sagte die Königin innig.

      »Es sind schwere Zeiten, lieber Lex,« fügte sie freundlich hinzu, indem sie an dem tief sich verneigenden Kabinetsrath vorüberschritt — »wäre erst Alles glücklich vorüber!«

      Und sie verließ langsam das Kabinet des Königs.

      Die Minister traten ein und setzten sich um den Tisch.

      Außer Graf Platen, Bacmeister und dem General von Brandis waren hier noch um den König versammelt der Hausminister und Oberhofmarschall von Malortie, ein alter Herr mit kurzem grauen Haar und kleinem faltigen Gesicht, das mit seinem stets unzufriedenen Ausdruck in Verbindung mit der gebückten Haltung, der hohen schwarzen Binde und dem bis zum Halse zugeknöpften Frack weit eher einen unterleibskranken Kanzleirath hätte vermuthen lassen, als den geistvollen Verfasser des an allen Höfen als Autorität geltenden Buches: »Der Hofmarschall wie er sein soll.«

      Es war da ferner der Justizminister Leonhardt, der berühmte Gesetzesverfasser, ein einfacher, schlichter Mann mit dünnem Haar und scharfen, intelligenten Zügen, dessen ausdrucksvolles, lebhaftes und durchdringendes Auge von einer silbernen Brille verdeckt war, — der Kultusminister von Hodenberg, ein noch junger, blonder Mann, früher Diplomat und Ministerresident im Haag, und der ebenfalls noch junge Finanzminister Dietrichs, den Graf Platen zum Generalsekretär für einen Minister mit hocharistokratischem Namen vorgeschlagen und den der König mit den Worten ernannt hatte: »Wenn er fähig ist, die Arbeiten zu machen, so soll er auch selbst Minister sein!«

      Alle diese Herren traten in tiefem, ernsten Schweigen in das Kabinet des Königs.

      Als sie Platz genommen hatten, sprach Georg V.:

      »Meine Herren Minister! Seine Majestät der König von Preußen hat mir durch seinen Gesandten an meinem Hofe einen Vorschlag übermachen lassen, um mit ihm ein Bündniß zu schließen, nachdem der deutsche Bund aufgelöst sei. Sie kennen den Vorgang in Frankfurt a. M. Ich vermag zunächst nicht die Auflösung des Bundes durch die Erklärung des preußischen Gesandten als rechtlich vollzogen anzusehen, — leider muß ich aber anerkennen, daß der deutsche Bund tatsächlich gebrochen ist. Ich würde, wie ich hier vor Ihnen wiederhole, bei dem nunmehr zum Unglück Deutschlands unvermeidlich erscheinenden Kriege zwischen Oesterreich und Preußen bereit sein und mich für berechtigt halten, einen Neutralitätsvertrag mit der Krone Preußen abzuschließen. Allein das ist es nicht, was Seine preußische Majestät von mir verlangt. — Graf Platen, ich bitte Sie, die Note des Prinzen Ysenburg zu verlesen.«

      Graf Platen las die preußische Sommation langsam vor.

      Als er geendet, sprach der König:

      »Ich darf voraussetzen, meine Herren, daß Ihnen sämmtlich die preußischen Reformbedingungen, auf Grund deren ich dieß Bündniß eingehen soll,