Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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älteren Freundes, ist oft ein großer Schatz — brauchen Sie je eine solche, — die meinige steht Ihnen stets offen.«

      Und mit einer edlen, freien Bewegung reichte er dem jungen Offizier seine feine weiße Hand.

      Dieser ergriff sie nicht ohne Bewegung.

      »Ich war ein thörichtes Kind Ihnen gegenüber,« rief er mit offener Herzlichkeit — »und habe Ihnen viel zu danken, vielleicht eine glückliche Wendung in meinem Leben.«

      Beide kehrten zu ihren Sekundanten zurück und fuhren zur Stadt.

      Herr von Stielow begab sich nach seiner Wohnung, setzte sich an seinen Schreibtisch und legte in eine große Enveloppe drei Bankbillets von tausend Gulden, dazu den Brief, welchen Graf Rivero ihm anvertraut.

      Er siegelte und adressirte dieß Paket und klingelte.

      »Dieß sogleich an Frau Balzer in der Ringstraße. Persönlich abzugeben,« sagte er dem eintretenden Diener.

      Dann streckte er mit lautem Athemzuge beide Arme empor und warf sich in einen Fauteuil.

      »Das Irrlicht ist versunken,« rief er — »jetzt sei mir hold, du schöner Stern, dessen klares Licht mir so friedlich und sanft lächelt!«

      Und er schloß die Augen.

      Die Natur forderte ihr Recht nach der durchwachten Nacht und der Aufregung des Morgens. — —

      In einem großen, eleganten Salon eines schönen alten Hauses in der Herrengasse in Wien fand sich am späten Nachmittage desselben Tages ein Theil der Gesellschaft zusammen, welche wir vor einiger Zeit im Salon der Gräfin Mensdorff gesehen haben.

      In dem großen Marmorkamin flackerte ein leichtes Feuer, dessen Reflexe über die glänzenden Quadrate des Parkes hinzitterten. Ein einfacher Lustre mit drei Careellampen erhellte den Salon angenehm und ließ die großen Goldrahmen der Familienbilder an den Wänden in einzelnen Lichtpunkten erglänzen; dem Kamin gegenüber befand sich ein großer Tisch, auf welchem ebenfalls eine Lampe von schöner Bronze mit großem blauem Glasschirm stand und die hochlehnigen Fauteuils mit dunkelblauem Seidenbezug beleuchtete, welche von dem gleichen Kanapee ausgehend den Tisch umstanden.

      Auf diesem Kanapee saß die Herrin des Hauses, die Gräfin Frankenstein, eine ältere Dame von jenem Typus der alten österreichischen Aristokratie, welche so sehr an die alte französische noblesse des ancien régime erinnert und doch dabei die österreichische Gemütlichkeit und den österreichischen Volkston nicht verleugnen kann — eine Mischung, welche die Kreise der hohen Gesellschaft von Wien so überaus anziehend macht.

      Das ergrauende Haar der Dame war sorgfältig frisirt, eine hohe Robe von dunklem, schwerem Seidenstoff umgab ihre Gestalt in reichen Falten, und schön gefaßte alte Diamanten glänzten in ihrer Broche, ihren Ohrgehängen und ihrem Bracelet.

      Neben ihr saß die Gräfin Clam-Gallas.

      Auf dem Fauteuil zur Seite ihrer Mutter saß die junge Gräfin in reicher Toilette, welche vermuthen ließ, daß sie am späteren Abend noch in Gesellschaft zu gehen habe. —

      Neben ihr stand, auf die Lehne eines Sessels gestützt, der Graf Clam.

      Man sprach von den großen Fragen des Tages und die ganze Gesellschaft war in erhöhter Stimmung wegen der immer deutlicher hervortretenden Gewißheit, daß der Krieg in nächster Zeit ausbrechen werde.

      »Ich bin heute Morgen bei Mensdorff gewesen« sagte Graf Clam-Gallas — »er hat mir gesagt, daß der Ausbruch nur noch nach Tagen zählen könne. — Nachdem wir, wie ganz recht, den Bund aufgefordert, hatten, über das Schicksal der Herzogtümer zu beschließen, ist der General von Manteuffel in Holstein eingerückt.«

      »Aber das ist ja der Krieg,« rief die Gräfin Frankenstein, »und was ist geschehen, was hat Gablenz gethan?«

      »Gablenz ist schon hier,« erwiederte der Graf — »und seine Truppen kehren zurück, — dort sind wir in zu geringer Zahl und in zu vorgeschobener Stellung, um etwas thun zu können. — Wir erwarten Alle täglich die Ordre, zur Armee nach Böhmen zu gehen. Graf Karolyi wird von Berlin abberufen und in Frankfurt der Antrag auf Mobilmachung der ganzen Bundesarmee gegen Preußen gestellt.«

      Die Gräfin Clam rief lebhaft:

      »Endlich also wird dieß übermüthige Preußen die verdiente Züchtigung empfangen und alles Böse gerächt werden, was die Hohenzollern unserem erhabenen Kaiserhause gethan haben.«

      »Aber wie ist es mit Hannover?« fragte die Gräfin Frankenstein. — »Sollte nicht Gablenz mit seinen Truppen dort bleiben?«

      »Man hat sich dort zu nichts entschlossen,« sagte der Gras.

      »Unglaublich!« rief die Gräfin Frankenstein und die Gräfin Clam fügte hinzu:

      »Hat denn Graf Platen all' seine Freundschaft für Oesterreich vergessen?!« —

      Die junge Gräfin Frankenstein seufzte.

      »Was haben Sie, Comtesse?« fragte Graf Clam, — »unsere Damen dürfen nicht seufzen, wenn wir im Begriff stehen, zu Pferde zu steigen und unsere Degen für den alten Glanz Oesterreichs zu ziehen.«

      »Ich denke an die vielen Unglücklichen,« sagte die junge Gräfin, »deren Blut fließen wird,« — und ihr Blick richtete sich nach Oben, wie einem bestimmten Bilde folgend.

      Ein Lakai öffnete die Thüre.

      »Feldmarschalllieutenant Baron Reischach!«

      Der Baron trat ein, lächelnd und heiter wie immer. Er begrüßte die Damen in seiner ritterlichen Weise mit der Vertraulichkeit eines alten Bekannten.

      »Sie sind gewachsen, Comtesse Klara,« sagte er scherzend zu der jungen Gräfin, — »diese Kinder wachsen uns wirklich über den Kopf!«

      Er setzte sich und reichte Graf Clam die Hand.

      »Nun,« sagte er, »ihr Glücklichen, — ihr werdet bald in's Feld gehen?«

      »Ich erwarte stündlich die Ordre zum Aufbruch.«

      »Wir alten Krüppel müssen zu Hause bleiben,« sagte Reischach dumpf und ein Zug ernster Traurigkeit zog über sein joviales Gesicht, verschwand aber bald wieder. — »Ich habe Benedek gesehen, ehe er nach Böhmen ging,« sagte er dann.

      »Ist er schon fort?« fragte die Gräfin Clam.

      »Er ist fort,« sagte der Feldmarschalllieutenant, »und befindet sich auf dem Wege, der zum Kapitol oder zum tarpejischen Felsen führt. — Er drückt das freilich anders aus, in seiner Manier, aber nicht minder treffend.«

      »Sagen Sie uns, wie er das ausdrückt,« rief die Gräfin Clam, — »das ist gewiß wieder eins jener herrlichen Kraftworte, die Niemand so zu finden weiß, wie er.«

      »›In sechs Wochen,‹ sagte er ganz nachdenklich,« erwiederte Herr von Reischach, »›bin ich entweder auf dem Postamentel — oder mi grunzt kein Hund an.‹«

      Alle lachten laut.

      »Vortrefflich,« rief die Gräfin Clam. — »Und glaubt er an das ›Postamentel‹?« fuhr sie fort.

      »Nicht zu sehr,« sagte Herr von Reischach. »Er scheint dem Geist und der Ordnung in der Armee nicht zu vertrauen — und sich selbst vielleicht auch nicht.«

      »Ueber sich selbst mag er urtheilen wie er will,« rief der Graf Clam-Gallas lebhaft, — »was die Armee betrifft, so hat er kein Recht, ihr zu mißtrauen. Die Armee ist vortrefflich und in musterhafter Ordnung — wenn freilich der Herr General Benedek die Offiziere und besonders die adligen Offiziere so behandelt, wie er das zu thun anfängt, und dem gemeinen Soldaten und Unteroffizier überall Recht gibt, dann wird die Ordnung auch nicht lange halten.«

      Und der Graf rückte heftig den Stuhl, an den er sich gelehnt hatte, zurück und schritt im Salon auf und ab.

      »Es ist gewiß meine Sache nicht,« sprach er etwas ruhiger nach einigen Augenblicken, — »Kaiserlicher Majestät Vorschriften