Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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— nothwendig für die Zukunft, die ich träume, — er liebt mich nicht, — o nein, — aber er bedarf mich für seine Pläne, das fühle ich und durch ihn kann ich erreichen, wonach ich dürste: Macht, Einfluß, Herrschaft. — Und dieser kleine Offizier, — was kann er mir sein, mir bieten, — er ist reich!« flüsterte sie — »doch was will das sagen, — und doch, und doch,« rief sie lauter, »möchte ich ihn festhalten, seine schöne Gestalt, sein reizendes Haupt umklammern, um ihn zurückzuziehen vor der Gefahr. — — Antonie, Antonie,« sprach sie plötzlich kalt und rauh, das Haupt erhebend — »ich glaube, Du hast Dein Herz nicht getödtet, Du bist auf dem Wege, eine Sklavin zu werden!«

      Und sie schüttelte den Kopf, wie um eine Wolke zu entfernen. Ein trotziger Zug legte sich um ihren Mund, ihre Gestalt hob sich höher empor und ihr Auge öffnete sich in flammender Energie.

      »Nein,« rief sie — »nein, ich will nicht Sklavin sein — auch nicht meines Herzens. — Ich will herrschen — herrschen — herrschen,« wiederholte sie immer leiser, aber immer fester und energischer.

      Dann aber löste sich allmälig die feste Spannung in ihren Gliedern, sie sank auf das Ruhebett, kreuzte die schönen Hände über der Brust, ließ das Haupt langsam auf das Kissen sinken und während ihre Augen sich mit feuchtem Schmelz verschleierten, flüsterten ihre zitternden Lippen:

      »O, er war so schön!«

      Und wie in träumende Bewußtlosigkeit versunken blieb sie liegen.

      Herr von Stielow hatte inzwischen den Grafen eingeholt, der die Treppe hinabstieg.

      »Ich habe auf Ihre letzte Bemerkung nicht geantwortet, Herr Graf,« sagte er, »weil in Gegenwart einer Dame eine Antwort nicht passend gewesen wäre. Sie schienen mir eine Lektion geben zu wollen und ich glaube, mein Name sowohl als die Uniform, die ich trage, sollten Ihnen sagen, daß ich solche Lektionen von Niemand annehme, am wenigsten von Unbekannten.«

      Der Graf blieb ruhig stehen.

      »Es scheint, mein Herr,« sagte er, »daß Sie Streit mit mir suchen.«

      »Und wenn ich es thäte?« rief der junge Offizier aufbrausend.

      »So würden Sie sehr Unrecht haben,« erwiederte der Graf.

      »Ich habe niemals Unrecht, wenn ich eine Insolenz zurückweise!« erwiederte Herr von Stielow, der durch die Nähe des Grafen immer aufgeregter wurde.

      »Wohlan, mein Herr,« sagte dieser, »ich glaube, jetzt ist es an uns, das Gespräch abzubrechen und die Fortsetzung desselben unsern Sekundanten zu überlassen.«

      »Ich liebe in solchen Dingen Eile und Pünktlichkeit,« rief Herr von Stielow.

      Er reichte dem Grafen seine Karte.

      »Ich werde in meiner Wohnung Ihren Sekundanten erwarten.«

      »Nichts hindert mich,« erwiederte der Graf, »diese Angelegenheit auf der Stelle zu ordnen.«

      Und mit kalter Verbeugung trennten sich Beide.

      Siebentes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Eine Stunde später hatten die Sekundanten das Nöthige verabredet.

      Die erste Morgenfrühe des nächsten Tages sah zwei Wagen nach einer einsamen Stelle am entlegensten Ende des Praters fahren.

      Graf Rivero und Herr von Stielow mit den Zeugen und einem Arzt betraten den thaufrischen Boden einer kleinen Lichtung.

      Die Vorbereitungen waren schnell getroffen.

      Zwei gekreuzte Degen bezeichneten die Stelle der Barriere. Die Pistolen wurden geladen und die beiden Gegner stellten sich je zehn Schritt hinter der Barriere auf. Der Lieutenant von Stielow war sehr bleich. Seine Züge trugen den Stempel einer durchwachten Nacht. Dunkle Ringe umzogen seine Augen. Dennoch aber lag auf seinem Gesicht eine heitere Ruhe, fast ein Ausdruck der Befriedigung.

      Sein Sekundant, ein Offizier seines Regiments, trat zu ihm heran und reichte ihm die Pistole.

      »Noch ist es Zeit,« sagte er, »ein kleines Wort der Entschuldigung und alles Unheil wird vermieden.«

      »Du weißt, daß ich stets für meine Worte und Handlungen einstehe,« antwortete Herr von Stielow, »jetzt sich zurückziehen wäre unwürdig und feig. Uebrigens sei ruhig, meinerseits geschieht kein Unheil.«

      Er nahm die Pistole. Der Sekundant trat zurück.

      Die Gegner grüßten sich mit der Waffe.

      Der Graf war frisch, ruhig und ohne jede Spur von Aufregung.

      Er hatte den ersten Schuß und das Recht, bis zur Barriere vorzutreten.

      Er that keinen Schritt, hob das Pistol, senkte es leicht, der Schuß fiel.

      Das Käppi des Lieutenants von Stielow flog von dessen Kopf — die Kugel hatte es am oberen Rande erfaßt. —

      Der Lieutenant erhob seine Waffe, visirte eine Sekunde — aber wie die Sekundanten bemerken konnten, zu hoch — der Schuß fiel und die Kugel flog zwei Fuß über dem Kopf seines Gegners in die Luft.

      »Herr Graf,« sagte der Lieutenant mit ruhiger Höflichkeit — »es ist geschehen, was die Ehre und der Brauch unseres Standes erforderte. Ich bitte wegen meiner Worte von gestern um Entschuldigung.«

      Der Graf trat rasch, aber in ruhiger, würdevoller Bewegung vor, und ein Strahl freundlichen Wohlwollens blitzte aus seinen Augen — ähnlich einem Lehrer, der mit dem Betragen eines jungen Schülers zufrieden ist.

      Er reichte Herrn von Stielow die Hand.

      »Kein Wort mehr darüber,« sagte er herzlich.

      »Doch, Herr Graf,« erwiederte der Offizier — »ich bitte Sie noch um ein Wort, und zwar unter vier Augen.«

      Der Graf verneigte sich und Beide traten in das nächste Gebüsch aus der Hörweite der Uebrigen.

      »Herr Graf,« sagte der Lieutenant mit leichtem Beben der Lippe, »was ich Ihnen sagen, um was ich Sie bitten werde, mag Ihnen sonderbar erscheinen, — indeß ich hoffe, Sie werden meine Frage so auffassen, wie ich sie stelle — vor dem Kugelwechsel wäre sie eine neue Beleidigung gewesen, jetzt kann ich sie stellen als Ehrenmann dem Ehrenmann gegenüber.«

      Der Graf blickte ihn gespannt an.

      »Wie stehen Sie mit — jener Dame?« fragte Herr von Stielow, — »Sie haben das Recht, mir nicht zu antworten — wollen Sie es aber thun, so leisten Sie mir einen Dienst, — den ich nie vergessen werde,« fügte er mit Wärme.hinzu.

      Der Graf dachte einen Augenblick nach und senkte seinen ruhigen Blick tief in die Augen des jungen Offiziers, der erwartungsvoll vor ihm stand.

      »Ich will Ihnen antworten,« sagte er nach einer Pause, zog ein elegantes Portefeuille aus der Tasche seines Ueberrocks, nahm aus demselben einen Brief und reichte ihn Herrn von Stielow.

      Dieser durchflog ihn. Ein halb wehmüthiges, halb verächtliches Lächeln umspielte seine Lippen. Des Grafen dunkles Auge ruhte mit tiefer Theilnahme auf ihm.

      »Noch eine Bitte,« sagte Herr von Stielow, »die nur durch die ganz außergewöhnliche Lage, in der wir uns befinden, gerechtfertigt werden kann.«

      Der Graf verneigte sich.

      »Wollen Sie mir den Brief überlassen? Mein Ehrenwort, daß er nicht länger als eine Stunde in meinen Händen bleiben und daß kein anderes Auge, als das jener Frau, ihn erblicken wird,« sprach Herr von Stielow.

      »Auch dieß sei gewährt — ein Beweis meines unbedingten Vertrauens.«

      »So nehme ich es auf und ich danke Ihnen von Herzen dafür!«

      »Und nun, mein Herr,« sagte der Graf mit tiefem, metallischem Ton, »erlauben Sie mir die