Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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warst im Begriff, ihm zu antworten. Sein Brief und der Deinige lagen auf Deinem Tisch — als Du wahrscheinlich eiligst den lieben Stielow empfangen mußtest, und einen Shawl darüber warfst. Dort wurden sie vergessen, und als ich meiner theuren Gattin einen Besuch machen wollte, fand ich sie und nahm sie an mich — damit sie nicht in falsche Hände kämen,« fügte er hohnlachend hinzu.

      »Also Diebstahl,« sprach sie mit unendlicher Verachtung.

      »Deine Sache ist das sechste Gebot — nicht das siebente,« erwiederte er mit rohem Ton.

      »Ich muß meine Unvorsichtigkeit bezahlen,« flüsterte sie halblaut. Dann erhob sie den Blick mit eisiger Kälte zu ihm und sagte:

      »Du sollst die zwölfhundert Gulden morgen haben — gegen die Auslieferung der gestohlenen Briefe.«

      »Ich werde pünktlich um diese Stunde morgen hier sein,« erwiederte er mit vergnügtem Tone. »Hat meine reizende Frau sonst noch Befehle für mich?«

      Sie deutete, ohne sich zu bewegen, mit dem leicht erhobenen Finger nach der Thür.

      Ein heller Glockenschlag ertönte draußen.

      »Herr von Stielow!« rief das eintretende Kammermädchen. Zugleich hörte man das Klirren eines Säbels im Vorzimmer.

      »Gutes Geschäft und viel Vergnügen!« rief Herr Balzer und entfernte sich durch eine Seitenthür.

      Kaum hatte er das Zimmer verlassen, so veränderten sich wie durch einen Zauberschlag die Züge der jungen Frau. Alle jene harten, scharfen Linien, welche in dem Gespräch mit ihrem Manne ihrem Gesicht fast den Ausdruck einer Wachsmaske gegeben hatten, verschwanden, die zusammengepreßten Zähne öffneten sich und das Auge nahm jenen feuchten, magnetischen Glanz an, der dem Blick einen so lieblichen Zauber gibt.

      Sie erhob sich halb und breitete ihre Arme dem Eintretenden entgegen.

      Herr von Stielow, frisch, keck und elegant wie immer, eilte auf sie zu und blieb einen Moment wie geblendet von ihrer Schönheit vor ihr stehen; dann beugte er sich zu ihr herab und drückte seine Lippen auf ihren Mund.

      Sie schlang die Arme um seinen Nacken und hauchte mehr als sie sprach: »Mein süßer Freund!«

      Nach einer langen Umarmung zog er ein kleines, niedliches Tabouret neben das Ruhebett, auf welchem sie lag, und setzte sich so, daß ihre Häupter fast in gleicher Höhe waren. Sie änderte mit leichter, graziöser Bewegung ihre Stellung und lehnte den Kopf an seine Schulter, während sie mit beiden Händen seine Rechte ergriff und an ihr Herz drückte. Indem sie so mit einer leisen, schlangenartig weichen Bewegung sich immer inniger an ihn schmiegte und sich um ihn ranken zu wollen schien, schloß sie die Augen und flüsterte:

      »O, nun bin ich glücklich!«

      Es war ein schönes, liebliches Bild, diese beiden so eng an einander geschmiegten, schönen und anmuthigen jungen Gestalten; bei aller zitternden Glut, die man in ihnen wallen sah, bot das ganze Bild keinen unedlen, niedrigen Zug, — es war ein Bild glücklicher, reiner Liebe.

      Kein Zug in dem Antlitz der jungen Frau hatte auch nur entfernt die Szene ahnen lassen, welche sich so unmittelbar vorher in demselben Raum abgespielt hatte, und Niemand hätte beim Anblick dieses schönen jungen Mannes, der mit seinen Lippen das duftige Haar des an seine Schulter gelehnten Hauptes berührte, vermuthet, daß in seinem Herzen durch den duftigen Nebelhauch des Rausches, der ihn umgab, ein reiner Stern leuchtete, der immer wieder hervortauchte.

      Es war ein Bild der Gegenwart, des glücklichen, flüchtigen Augenblicks, den man genießt, ohne zu fragen, was ihm vorherging, was ihm folgen werde.

      Ein tiefer Seufzer hob die Brust der jungen Frau und zitterte durch ihre ganze an den Geliebten geschmiegte Gestalt.

      »Warum seufzt meine süße Toni?« fragte Herr von Stielow, »welches Glück fehlt Dir, die geschaffen ist, das Glück zu spenden?«

      »O mein Geliebter,« sagte sie, und ein zweiter Seufzer zitierte aus ihren Lippen, — »ich bin nicht immer so glücklich wie jetzt, wo ich an Deiner Brust ruhe — und eben noch —« — sie stockte.

      »Was war eben noch?« fragte er, »was hat diese schönen Lippen nun schon zweimal seufzen lassen, die doch nur zum Lächeln — und — zum Küssen bestimmt sind?«

      Und er hob leicht den Kopf der jungen Frau empor und drückte den Mund auf ihre Lippen.

      »Mein Mann war hier,« sagte sie, zum dritten Mal seufzend.

      »Ah,« machte er, — »und was wollte dieser Unglückliche , der eine solche Blume sein nennt und es nicht versteht, an ihrem Duft sich zu erfreuen?«

      »— Und für den sie niemals duften würde,« fiel sie lebhaft und mit einer Vibration der Stimme ein, welche an die frühere Szene erinnerte, »er quälte mich,« fuhr sie fort, »mit Vorwürfen, mit Eifer-sucht —«

      Sie stockte — dann erhob sie den schönen Kopf von seiner Schulter, rückte ein wenig zurück und lehnte sich wieder in ihr rothes Kissen, ohne seine Hände loszulassen.

      »Siehst Du,« sagte sie, »früher, wenn er mir Vorwürfe machte und eine Othelloszene spielte, weil ich diesen oder jenen Herrn öfter bei mir sah, Diesem oder Jenem freundlicher zulächelte, so ließ mich das völlig gleichgültig, — ich sah hoch auf ihn herab und antwortete ihm, ohne daß mein Herz schneller schlug oder mein Blick sich senkte — jetzt aber,« fuhr sie fort, indem ihr Auge mit feuchtem Glanz auf ihm ruhte und die rosigen Schleifen auf ihrem Busen sich in schnellerer Bewegung hoben und senkten, — »jetzt zittere ich — und mein Blick möchte sich verhüllen mit dichten Schleiern, — mein Herz schlägt und treibt mein Blut durch die Adern — denn —«

      Sie warf sich wieder zu ihm hin — lehnte ihr Haupt wie zusammenbrechend an seine Brust und flüsterte:

      »Denn jetzt bin ich schuldig!«

      Er beugte sich zu ihr und drückte sie an sich.

      »Und bereust Du das?«

      »Nein,« sagte sie mit Innigkeit. — »Aber es demüthigt mich, wenn ich daran erinnert werde, daß er doch mein Gemahl ist, daß ich von ihm abhängig bin, — abhängig,« fuhr sie leiser und stockend fort — »in allen materiellen Dingen — und wenn er mich diese Abhängigkeit fühlen läßt — schwer fühlen läßt —«

      »Und warum,« unterbrach er sie, »sollst Du von ihm abhängig sein? Warum Dich nur einen Augenblick an solche Abhängigkeit erinnern — wenn Dein Freund, Dein Diener da ist, den Du glücklich machst, wenn Du ihm sagst, was Du bedarfst, was Du wünschest?«

      »O, ich bedarf so wenig,« sagte sie, — »aber er verweigert mir Alles!«

      »Arme Toni!« rief er, »ist es möglich, daß diese Lippen jemals einen Wunsch vergebens aussprechen!«

      Er zog ihre Hände an seine Lippen.

      »Was war es, — was hat er Dir verweigert?«

      »O,« rief sie schmerzlich, »daß ich damit die.süßen Stunden unserer Liebe beflecken sollte — laß das — es ist schon vergessen!« und sie seufzte abermals.

      »Es wird nicht eher vergessen sein, als bis Du es mir gesagt hast, — ich bitte Dich, wenn Du mich liebst — so sage mir, was Dich drückt, damit rasch dieser Mißton verschwinde.«

      »Er zankte mit mir,« antwortete sie, ohne die Augen zu erheben, »wegen der Rechnung für meine Schneiderin und verweigerte mir rücksichtslos jeden Beistand — und,« fuhr sie lebhaft fort, — »solche Sorgen quälen mich so sehr, diese Dinge passen nicht in meinen Kopf und in mein Herz — wo nur ein Gedanke und ein Gefühl wohnen.« —

      »Nun nur noch ein Wort,« rief er heiter, »den Betrag jener elenden Rechnung, welche sich untersteht, in diesem schönen Kopf und in diesem süßen Herzen den Platz mit mir theilen zu wollen?«

      »Zweitausend Gulden,« flüsterte sie.

      »Welche Oekonomie!« rief er, — »doch was bedarf eine so herrliche Schöpfung der