Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу
Geheime Kabinetsrath legte den Brief auf den Tisch, tauchte eine große Feder ein und reichte sie dem König, legte dann dessen Hand auf die Stelle des Papiers, wohin die Unterschrift zu setzen war, und der König schrieb mit fester Hand und großen, kräftigen Zügen: Georg Rex.

      »Ist es gut?« fragte er.

      »Vollkommen,« erwiederte der Geheime Kabinetsrath, nahm das Papier und entfernte sich.

      Kaum hatte er das Kabinet verlassen, als der Kammerdiener die Thüre mit den Worten öffnete:

      »Seine Durchlaucht der Prinz Karl.«

      Der Prinz trat ein.

      Der Stiefbruder des Königs, aus der Ehe der nachmaligen Königin Friederike mit dem Prinzen von Solms-Braunfels, war ein Mann von einigen fünfzig Jahren, von hoher, schlanker Gestalt, das ergrauende Haar kurz geschnitten; das dem Könige ähnliche, aber weit weniger scharf geschnittene Gesicht trug die Farbe der Gesundheit, aber zeigte in den etwas erschlafften Zügen Spuren von Kränklichkeit.

      Der Prinz trug die große Uniform eines österreichischen Generalmajors, in der Hand den Hut mit dem grünen Federbusch und einen versiegelten Brief, — auf der Brust den großen Stern des hannöverischen Guelphenordens, den österreichischen Leopoldorden um den Hals. —

      Er eilte auf den König zu, der ihn auf das herzlichste umarmte.

      »Woher kommst Du, mein lieber Karl,« rief Georg V., »was verschafft mir die so unerwartete Freude, Dich hier zu sehen? — Was machen vor Allen die Deinigen?«

      »Ich danke für Deine gnädige Frage,« erwiederte der Prinz— »es geht besser zu Hause und meine Frau befindet sich jetzt wohl.«

      »Und die Herzogin von Ossuna?«

      »Ich habe die besten Nachrichten.«

      »Und Du selbst — was macht Deine Gesundheit?«

      »Die Nerven plagen mich zuweilen, sonst geht es mir gut.«

      »So« — sagte der König, — »und nun setze Dich und erzähle mir, was Dich herführt — ich habe eine Andeutung davon durch Graf Ingelheim erhalten.«

      Der Prinz setzte sich neben den König und antwortete:

      »Ich wünschte, daß ich in weniger ernster Zeit und aus weniger ernster Veranlassung hieher käme,« sagte er seufzend, — »der Kaiser schickt mich zu Dir. Hier ist sein Brief.«

      Und er reichte dem König das Schreiben, welches er in der Hand trug.

      Dieser nahm es, ließ die Finger leicht über das Siegel gleiten und legte es vor sich auf den Tisch.

      »Kennst Du den Inhalt, steht etwas Besonderes darin?« fragte er.

      »Nichts von Bedeutung, es ist nur meine Beglaubigung. Meine Mission ist mündlich.«

      »So sprich, ich bin gespannt zu hören.«

      Der Prinz sprach:

      »Der Kaiser ist entschlossen, den Kampf um die künftige Gestaltung Deutschlands aufzunehmen und mit allen Kräften durchzuführen, da er überzeugt ist, daß nur durch diesen Kampf und nach einem entscheidenden Siege Oesterreichs dauerhafter Frieden und dauerhafte Sicherheit für die souveräne Selbstständigkeit der deutschen Fürsten herzustellen sein werden.«

      »Also habe ich mich nicht getäuscht,« sagte der König, »der Kampf ist beschlossen?«

      »Er ist beschlossen,« erwiederte der Prinz, »und der Kaiser legt den höchsten Werth darauf, in diesem Kampf von den deutschen Fürsten umgeben zu sein, wie er es beim Fürstentage in Frankfurt war.«

      »Wo man mich mediatisiren wollte« — warf der König halblaut ein, — »doch weiter.«

      »Der Kaiser,« fuhr der Prinz fort, »legt vor Allem hohen Werth auf die feste Allianz Hannovers. Er hat mir befohlen, Dir zu sagen, daß er die Interessen des Hauses Habsburg und des Welfenhauses für identisch in Deutschland halte —«

      »Das Welfenhaus hat stets gegen den Cäsarismus gekämpft« — sagte der König.

      »Der Kaiser,« fuhr der Prinz fort, »hofft, daß die alte innige Verbindung zwischen Hannover und Oesterreich auch in dieser Krisis sich bewähren werde. Er sieht ein, daß bei dem Wiener Kongreß Hannover nicht die richtige Stellung in Deutschland, besonders in Norddeutschland, erhalten habe; — berufen, in Norddeutschland ein mächtiges und selbstständiges Gegengewicht gegen die preußischen hegemonistischen Bestrebungen zu bilden, sei Hannover durch die Diplomatie des Wiener Kongresses zu schwach hingestellt —«

      »Weil die Bestrebungen des Grafen Münster von Metternich nicht unterstützt wurden,« bemerkte der König abermals halb für sich.

      »Der Kaiser erkennt die Notwendigkeit,« fuhr der Prinz fort, »jenen Fehler des Wiener Kongresses bei einer neuen Gestaltung und Organisation Deutschlands zu verbessern, und schlägt Dir deßhalb ein festes Offensiv- und Defensivbündniß vor.«

      »Auf welcher Basis?« fragte der König.

      »Die wesentlichen Punkte des Bündnisses, welches der Kaiser im Sinne hat, sind folgende,« erwiederte der Prinz: »Hannover stellt sofort seine ganze Armee auf den Kriegsfuß und verpflichtet sich, gemeinschaftlich und zugleich mit Oesterreich den Krieg an Preußen zu erklären. — Dagegen stellt der Kaiser die in Holstein befindliche Brigade Kalik zu Deiner Disposition und tritt Dir den General von Gablenz für die Dauer des Feldzugs ab. — Er garantirt für alle Fälle den ungeschmälerten Besitzstand Hannovers und verspricht für den Fall des Sieges, Holstein und das preußische Westphalen Deinem Königreiche einzuverleiben.«

      »Für den Fall des Sieges,« sagte der König. — »Glaubst Du an diesen Sieg?«

      Der Prinz schwieg einen Augenblick.

      »Ich bin österreichischer General,« sagte er dann.

      »Laß den österreichischen General einen Augenblick bei Seite und antworte mir als mein Bruder!«

      »Wenn unsere Kräfte richtig geleitet und in Tätigkeit gesetzt werden,« erwiederte der Prinz nach einer kurzen Zögerung, »und wenn Deutschland kräftig und energisch zu uns steht, so kann uns der Erfolg nicht fehlen. Unsere Artillerie ist vortrefflich und unsere Kavallerie der preußischen weit überlegen.«

      »Hm,« machte der König, — »doch lassen wir diese Erörterung, Du könntest glauben, daß ich meine Entschlüsse nur nach dem Nützlichkeitsprinzip fassen wolle, und dem ist nicht so. Für mich liegt in dieser ganzen Krisis ein höheres Prinzip, als das des Erfolgs, und nach diesem Prinzip allein werde ich handeln.«

      »Ich bitte Dich unterthänigst,« sagte der Prinz, »die Zukunft und Größe Deines Hauses zu bedenken und nicht zu vergessen, daß Preußen in seiner jetzigen Macht und mit den jetzigen Tendenzen seiner Politik eine stete Drohung und Gefahr für Hannover ist.«

      Der König schwieg einige Augenblicke nachdenkend.

      »Mein lieber Karl,« sagte er dann, »Du kannst überzeugt sein, daß Alles, was vom Kaiser kommt, bei mir die ernsteste Aufnahme und die höchste Beachtung findet — und daß er, indem er mir die Freude machte, Dich zu mir zu schicken, einen Boten gewählt hat, der ganz geeignet ist, diese Beachtung noch zu verstärken. Ich bin jederzeit bereit, dem Hause Habsburg und Oesterreich meine auf Neigung und Ueberzeugung beruhende Freundschaft zu beweisen. — Hier aber, — ich muß es Dir sogleich sagen, — kommen Prinzipien in Frage, die mir als Herrscher meines Landes und als Mitglied des deutschen Bundes höher stehen als Alles. — Ich will Dir in diesem Augenblick noch keine definitive Antwort geben, Du kannst doch einige Tage hier bleiben?«

      »Einige Tage gewiß,« erwiederte der Prinz, »der Kaiser erwartet aber mit Spannung meine Rückkehr und lange möchte ich nicht —«

      »Ich will Dich auch nicht lange aufhalten und Deine Proposition sogleich meinen Ministern vorlegen.«

      Der König klingelte und sagte dem eintretenden Kammerdiener:

      »Wenn