Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу
sagte er, »die Verhältnisse auf dem kirchlichen Gebiete beobachtet und verfolgt haben, sollten Sie sonst nicht auch gesehen haben, was nützlich – oder gefährlich sein könnte?«

      »Ich habe hier gehört,« sagte der Kandidat ein wenig zögernd, »daß in Angelegenheiten Luxemburgs eine Verwicklung mit Frankreich in der Luft schwebe, ich fürchte fast, daß die Agitation, welche von dem König Georg oder dessen Umgebung ausgeht, in großer Tätigkeit ist, und daß vielleicht irregeleitete junge Leute – Offiziere zu bedenklichen Zwecken gemißbraucht werden könnten, wodurch viele Familien in Bekümmernis versetzt werden würden.«

      Herr von Hardenberg blickte in höchster Spannung auf das gleichmäßig ruhige Gesicht des Kandidaten.

      »Wissen Sie etwas Näheres darüber?« fragte er lebhaft, »können Sie mir einen Anhaltspunkt für meine Wachsamkeit geben, können Sie mir Personen bezeichnen?«

      Der Kandidat machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand.

      »Herr Baron,« sagte er, »ich kann wohl warnen, aber nicht denunzieren.«

      »Die Sache ist ernst!« erwiderte der Zivilkommissar mit Betonung, »ich hätte ein Recht nach Ihrer Andeutung, Sie nach bestimmten Angaben zu fragen, indes, ich will Sie nur darauf aufmerksam machen, daß eine Mitteilung, die Sie mir machen könnten, keinen denunziatorischen, keinen gehässigen Charakter haben würde. Auch ich habe Grund zu glauben, daß in den welfischen Kreisen etwas vorgeht, im Interesse der jungen Leute selbst, welche verführt und gemißbraucht werden könnten, wünschte ich dringend, Präventivmaßregeln treffen zu können, bevor etwas geschehen ist, denn jedes wirkliche feindliche Vorgehen gegen uns in diesem Augenblick würde mit der vollsten und rücksichtslosesten Strenge der Gesetze geahndet werden müssen.«

      »Das wäre schrecklich!« rief der Kandidat mit dem Ausdruck eines lebhaften Erschreckens, »wenn diese so würdige Familie –! Herr Baron,« sagte er, die Hand wie in unwillkürlicher Bewegung auf den Arm des Zivilkommissars legend, »wenn es sich um Präventivmaßregeln handelt – achten Sie auf den Leutnant von Wendenstein!«

      »Von Wendenstein?« fragte Herr von Hardenberg, »der Sohn des Oberamtmanns, der seit dem vorigen Jahre hier wohnt?«

      »Derselbe,« sagte der Kandidat, »ich fürchte, er verkehrt viel mit sehr preußenfeindlich gesinnten Offizieren, Herr von Tschirschnitz, Herr von Hartwig –«

      »Herr von Hartwig?« rief der Zivilkommissar lebhaft, »das ist ja –« er unterbrach sich – »und Herr von Hartwig ist hier bei dem Herrn von Wendenstein gewesen, das könnte auf eine Spur fühlen,« murmelte er, »wenn es gelänge, die Fäden zu entdecken –«

      »Ich bitte Sie aber um Gottes willen, Herr Baron,« rief der Kandidat, »mit Vorsicht zu verfahren – und mich nicht zu kompromittieren – vergessen Sie nicht, daß ich in der besten Absicht gehandelt habe!«

      »Seien Sie unbesorgt, mein Herr,« sagte Herr von Hardenberg, »und rechnen Sie auf meine Dankbarkeit für Ihren wohlmeinenden Eifer, uns nützlich zu sein!«

      Er stand auf.

      Der Kandidat erhob sich und verließ, sich tief verneigend, mit niedergeschlagenen Augen das Kabinett.

      »Wenn es gelingt,« flüsterte er, »diese nahe Hochzeit aufzuschieben, so habe ich noch ein weites Feld vor mir und kann das Verlorene wiedergewinnen. – Alles gestaltet sich günstig, soll ich das Vermögen des Oheims verlieren, weil es einem nichtsbedeutenden Offizier gefällt, einen Roman mit meiner Cousine zu spielen? Wir werden sehen!«

      Und mit einem triumphierenden Lächeln auf seinen dünnen Lippen verließ er das Haus.

      Herr von Hardenberg hatte inzwischen einige Zeilen auf ein Papier geschrieben, das er faltete und versiegelte.

      »Dies sogleich dem Herrn Polizeidirektor Steinmann!« befahl er dem auf den Schall der hastig gezogenen Glocke eintretenden Bureaudiener.

      Zehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      In dem großen, hellen Kabinett des Palais am Ballhofplatze in Wien saß in seinem Lehnstuhl vor dem breiten Schreibtisch, den Rücken der Eingangstür zugewendet, der Minister des kaiserlichen Hauses und des Äußern Freiherr von Beust.

      Das leicht ergrauende und etwas dünn gewordene Haar war sorgfältig frisiert und fiel in zwei gleichmäßigen Seitenlocken neben der hohen, weißen Stirn herab. Den an der einen Seite etwas herabhängenden Mund umspielte ein leichtes Lächeln, das im Verein mit dem heiteren Blicke der Augen dem ganzen ausdrucksvollen Gesicht des Ministers den Stempel ruhiger Zufriedenheit aufdrückte.

      Herr von Beust war bequem in seinen Stuhl zurückgelehnt und durchflog mit aufmerksamem Blick einen Bericht, den ihm der Sektionschef von Hofmann, welcher zur Seite des Schreibtisches dem Minister gegenüber saß, soeben gereicht hatte.

      Herr von Hofmann, eine trockene, bureaukratische Gestalt mit ziemlich unbedeutenden, faltigen Gesichtszügen, älter erscheinend als er war, beobachtete mit aufmerksamen Blicken das bewegliche Mienenspiel in dem Gesicht seines Chefs, der bei seiner Lektüre mehrmals mit dem Kopfe nickte, als wolle er seine Billigung mit dem, was er las, ausdrücken.

      »Ich bin sehr erfreut,« sagte er endlich, indem er den durchgelesenen Bericht auf den Tisch warf, »daß der Fürst Michael sich geneigt zeigt, seine weitgehenden Forderungen zurückzuziehen und sich mit der Räumung der serbischen Festungen von türkischem Militär zu begnügen – dieser Prinz von Hohenzollern auf dem rumänischen Fürstenstuhl ist eine böse Sache für uns, man hat ihm durch den französischen Einfluß in Konstantinopel so große Vorrechte zugestanden, daß nun die anderen tributären Fürsten unruhig werden und uns mit ihren Querelen über Nacht die orientalische Frage über den Hals bringen können. – Das ist das Pulverfaß an unseren Grenzen,« fuhr er fort, indem der heitere Ausdruck seines Gesichts einem nachdenklichen Ernst Platz machte, »an welchem Preußen durch seinen Alliierten in Petersburg fortwährend die Lunte hält und das uns in jeder unabhängigen Aktion, in jeder freien Wahl unserer Allianzen behindert!« –

      »Dank der Geschicklichkeit Eurer Exzellenz wird es aber gelingen, diese Gefahr zu beseitigen,« sagte Herr von Hofmann, »Österreich tritt ja jetzt wieder in die Reihe der Staaten, welche wirklich durchdachte und geniale Politik machen, und der Geist vergangener großer Tage weht wieder durch die Räume der alten Staatskanzlei.«

      Das Lächeln kehrte aus die Lippen des Herrn von Beust zurück.

      »Wir müssen nun,« sagte er, die Spitze seines zierlichen Stiefels betrachtend, welche unter dem weiten Beinkleid hervorspielte, »wir müssen allen unseren Einfluß aufbieten, um die Pforte zu bestimmen, diese Räumung zu bewilligen. Lassen Sie schleunigst eine Instruktion in diesem Sinne an den Internuntius abgehen, er soll auf schnelle Antwort dringen, damit diese serbische Frage definitiv geordnet werde.«

      Herr von Hofmann verneigte sich.

      »Doch wir müssen weitergehen,« sagte Herr von Beust, »diese orientalische Frage muß für lange Zeit ihres gefährlichen Charakters entkleidet werden, und zugleich,« fuhr er langsamer und nachdenklicher fort, »können wir sie benutzen, um die Verbindung Rußlands mit Preußen zu lösen, diese Verbindung, welche uns in jeder Bewegung lähmt. Rußland hält fest zu Preußen, weil es eine Rückendeckung für seine Politik im Orient bedarf, kommen wir ihm unsererseits entgegen, zeigen wir ihm, daß es hier Eingehen auf seine Wünsche findet, so wird es vielleicht gelingen, jene enge Verbindung zu lockern. Ich habe schon mit Gramont darüber gesprochen, daß es nötig wäre, durch eine gemeinsame Vorstellung der Großmächte in die Pforte zu dringen, daß sie die gerechten Anforderungen ihrer christlichen Untertanen in Kandia, Thessalien und Epirus durch genaue Ausführung des Hat Humaym befriedige. – Außerdem aber möchte eine Revision des Pariser Traktates von 1856 behufs Abänderung einiger Rußland zu stark beschränkender Bestimmungen desselben anzuregen sein, man wird uns in Petersburg für eine solche Anregung danken. Wollen Sie eine vertrauliche Instruktion in diesem Sinne an den Fürsten