Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Diesen Männern gegenüber müssen wir in der Opposition bleiben und für uns selbst sorgen. – Und.« sprach er weiter, als Graf Bismarck schwieg, »abgesehen von diesen Ministern, verzeihen Eure Exzellenz meine Offenheit, kann es uns Vertrauen einflößen, wenn Sie Männer wie Wagener in Ihre unmittelbare Nähe ziehen? – Ich habe Wagener persönlich ganz gern und habe mich eben noch sehr gut mit ihm unterhalten, aber er ist doch zu allen Zeiten der Vertreter der äußersten Reaktion gewesen, und –«

      Er schwieg.

      »Glauben Sie denn,« rief Graf Bismarck in heiterem Tone, »daß ich am Gängelbande meiner Referenten gehe – und daß,« fügte er lachend hinzu, »der Huf des Centauren in ängstlichem Respekt zurückbebt vor dem Hühnerauge der Bureaukratie? – Wagener!« fuhr er fort, »sehen Sie, mein lieber Doktor, wenn Sie arbeiten, wenn Sie jene geistreichen Reden überdenken, welche ich oft bewundere, so werden Sie öfter Ihr Konservationslexikon aufschlagen. Nun sehen Sie, ich habe noch viel weniger Zeit wie Sie, ich kann nicht nachschlagen und lesen, ich bedarf eines lebendigen Konversationslexikons –«

      Doktor Lasker lachte herzlich.

      »Nun,« fuhr Graf Bismarck fort, »Sie werden zugeben, daß Wagener unerreichbar in dieser Beziehung ist, er hat eine Gewandtheit der Auffassung und Reproduktion, eine Geschicklichkeit in der Assimilierung fremder Gedanken, die mich oft in Erstaunen setzt, und das habe ich nötig, die Entschlüsse aber sind die meinen, mein allein,« fügte er mit stolzem Emporwerfen des Kopfes hinzu, »und ich will die Freiheit, die ich allen gönne, auch für mich!«

      »So lassen Eure Exzellenz Ihrem aufrichtigsten Verehrer und Bewunderer auch die Freiheit seiner gewiß gut gemeinten Opposition, da ja doch die auswärtige Politik, in der Sie stets auf mich zählen können – Pause macht.«

      »Pause?« fragte Graf Bismarck mit dem Ausdruck des Erstaunens, »Pause, die auswärtige Politik? – mir scheint, die Pause ist vorbei!«

      Erstaunt und betroffen blickte Doktor Lasker auf.

      Graf Bismarck schwieg einen Augenblick gedankenvoll. »Mein lieber Doktor,« sagte er dann, »ich glaube, die auswärtige Politik steht an einem Punkte, der mir viel Sorge machen wird.«

      Mit höchster Spannung sagte Doktor Lasker: »Ich weiß nicht, ob die Diskretion mir erlaubt, Eure Exzellenz zu fragen, was in dieser anscheinend tiefen Ruhe Ihnen Sorge machen kann?«

      »Warum nicht?« sagte Graf Bismarck. – »Sehen Sie, der König von Holland will Luxemburg an den Kaiser Napoleon verkaufen.«

      Doktor Lasker machte fast einen Sprung.

      »Und das wollen Eure Exzellenz dulden?« rief er mit funkelnden Augen, »Luxemburg ist deutsch, deutsches Gebiet an Frankreich?!«

      »Ich bin in einer eigentümlichen Lage,« sagte Graf Bismarck achselzuckend, indem sein klares, graues Auge scharf zu dem erregten Gesichte des Deputierten herabblickte, »Sie wissen, der deutsche Bund ist aufgehoben, die staatsrechtliche Seite der Frage ist dadurch ein wenig verwickelt geworden –«

      »Was Staatsrecht!« rief Doktor Lasker zitternd vor Aufregung, »dies ist eine Frage des nationalen Rechtes, der nationalen Ehre Deutschlands –«

      »Damit sie das würde,« warf Graf Bismarck ein, »müßte die Nation sprechen –«

      »Und wenn sie spräche,« rief Doktor Lasker, »würden Eure Exzellenz –«

      »Wenn die Nation spricht,« sagte Graf Bismarck mit leuchtendem Blick und metallischer Stimme, »dann werde ich der Vollstrecker ihres Verdikts sein, so wahr ich hier vor Ihnen stehe, und wehe dem, der sich dem Willen Deutschlands entgegenstellt!«

      »Exzellenz,« rief Doktor Lasker, »darf ich von dem Inhalt unserer Unterhaltung Gebrauch machen?«

      »Warum nicht?« fragte Bismarck.

      »Am 1. April ist Ihr Geburtstag, Exzellenz,« sagte Doktor Lasker, indem er die Hand erhob, »Sie sollen den einmütigen Ausspruch des nationalen Willens als Geburtstagsgeschenk erhalten.«

      »Ein solches Geschenk wird mich seiner würdig finden,« sagte Graf Bismarck.

      Und freundlich grüßend, wendete er sich zu einer Gruppe von Diplomaten, mit jedem einige Worte wechselnd.

      Doktor Lasker aber durcheilte den Saal, bald hier, bald dort einen seiner Bekannten zur Seite ziehend und eifrig mit ihm sprechend.

      Bald bemerkte man überall eine außergewöhnliche Bewegung. Gruppen bildeten sich in lebhaftem Gespräch, die hervorragenderen Mitglieder der Parteien sahen sich umringt, Bestürzung und Unruhe lag auf allen Gesichtern.

      Bald teilte sich diese Bewegung den Diplomaten mit, man drängte sich zum Grafen Bylandt, welcher mit wenigen Worten die Nachricht bestätigte, die wie ein Lauffeuer durch die Säle zog. Die Vertreter der größeren Mächte traten an den Ministerpräsidenten heran, er antwortete mit ruhigster Miene und leichtem Achselzucken auf ihre Fragen.

      Aus einer Gruppe, welche sich um den Doktor Lasker gebildet hatte, trat Herr von Bennigsen und näherte sich dem Bundeskanzler.

      Graf Bismarck, dessen scharfes Auge jede Nüance der im Saale entstandenen Bewegung verfolgte, trat ihm entgegen.

      »Ich bitte um Verzeihung, Exzellenz,« sagte Herr von Bennigsen mit leicht zitternder Stimme, »daß ich Sie anrede, aber die unerhörte Nachricht, welche hier die Runde macht –«

      »Der Verkauf von Luxemburg?« warf Graf Bismarck leicht hin.

      »Diese schmähliche Geschichte ist also wahr?« fragte Herr von Bennigsen.

      »Es scheint etwas daran zu sein,« sagte Graf Bismarck ruhig, »ich sehe noch nicht klar –«

      »Aber dazu kann, dazu darf,« rief Herr von Bennigsen, »die Nation, der Reichstag nicht schweigen, würden Eure Exzellenz etwas gegen eine Interpellation im Reichstage zu erinnern haben?«

      »Wie sollte ich?« erwiederte Graf Bismarck, »je mehr Licht in diese Sache kommt, desto besser. – Selbstverständlich werde ich auf eine solche Interpellation nur antworten können, was ich weiß.«

      »Aber der Reichstag muß seinen Standpunkt, seinen Willen klar aussprechen!« rief Herr von Bennigsen.

      »Und dieser Wille wird mir maßgebend sein!« sagte Graf Bismarck.

      Herr von Bennigsen verbeugte sich und bald verließen die Führer der Parteien die Säle.

      »Es scheint, mein lieber General,« sagte Graf Wrangel an den Ministerpräsidenten herantretend, »daß da eine Federfuchserei im Werk ist –«

      »Der Kürassier ist auf dem Posten, Exzellenz,« erwiederte Graf Bismarck mit festem Ton, »und wenn es Not tut, wird der Pallasch dazwischen fahren.«

      Ruhig und still, mit glattem, lächelndem Gesicht hatte Herr Benedetti die Bewegung verfolgt, welche den Saal erfüllte. »Er ist ein furchtbarer Gegner!« flüsterte er und glitt mit leichtem Schritt über das Parkett zur Ausgangstür hin.

      Die Säle leerten sich immer mehr.

      Graf Bismarck trat zu Herrn von Keudell.

      »Lassen Sie morgen in allen Zeitungen eine Notiz über die luxemburger Sache erscheinen, einfach und tatsächlich, ohne alles Räsonnement, äußerst friedlich und in keiner Weise provozierend.«

      Herr von Keudell verneigte sich.

      »Der Schneeball ist losgelöst,« sprach der Ministerpräsident leise, »warten wir ab, ob der schlaue Cäsar es wagen wird, sich der rollenden Lawine des deutschen Nationalwillens entgegenzustellen!«

      Artig verabschiedete er sich von den letzten seiner Gäste und schritt langsam seinen Gemächern zu.

      Achtes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Es