Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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»könnte ich Eurer Königlichen Hoheit die Frage zurückgeben.«

      Prinz Georg lächelte mit einem trüben Anflug. »Wenn ein Prinz in seinen Mußestunden einige Verse macht, so darf man ihn noch nicht einen Dichter nennen!«

      »Lassen wir also den Prinzen,« sagte Putlitz, sich verneigend, »und sprechen wir von G. Conrad! – Ich habe sein Schauspiel Elektra gelesen, welches er die Güte hatte mir zuzuschicken, und ich kann Eure Königliche Hoheit versichern, daß ich darin den Geist und die Sprache des wahren Dichters erkannte.«

      »Wirklich?« rief der Prinz, indem ein freudiger Strahl sein Auge belebte.

      »So gewiß,« fuhr Herr von Putlitz fort, »daß ich den Verfasser bitten möchte, mir zu erlauben, dies Stück nach meiner Bühnenerfahrung für die szenische Ausführung vorzubereiten.«

      »Sie glauben in der Tat,« rief Prinz Georg, indem sein bleiches Gesicht sich mit heller Röte färbte, »daß es möglich wäre, die Elektra aufzuführen?«

      »Ich bin davon überzeugt und rate dringend zu dem Versuch. – G. Conrad,« fuhr er fort, »hat die Gestalt der Elektra, welche Euripides der wahren Würde der Weiblichkeit entkleidet, wieder in ihrer Reinheit hergestellt und dem Herzen sympathisch gemacht, die Verse – ich muß es sagen – erinnern zuweilen an den Reiz der Sprache Goethes.«

      Ein glückliches Lächeln spielte um den Mund des Prinzen. »Sie machen mir eine große Freude, Herr von Putlitz,« sagte er, »darf ich Sie bitten, mich morgen zu besuchen, wir wollen dann weiter darüber sprechen. O,« fuhr er mit einem Seufzer fort, »es macht so glücklich, eine Tätigkeit zu haben, mit der man vielleicht hie und da ein Menschenherz erfreuen kann, das brächte Ziel und Beruf in ein Leben, dem Schwäche und Kränklichkeit den Kreis der harten Arbeit in dem Ringen und Kämpfen der Welt verschlossen haben.«

      Herr von Putlitz blickte mit inniger Teilnahme in das edle, traurig bewegte Gesicht des Prinzen. »Dieses Ziel,« sagte er, »ist gewiß eben so groß und herrlich als irgend ein anderes – und vielleicht noch befriedigender für ein so großes, warmes Herz, als es aus den Dichtungen Conrads zu uns spricht,« fügte er sich verneigend hinzu.

      »Was sagen Sie zu dem Tode von Cornelius?« sagte der Prinz nach einer kurzen Pause.

      »Ein harter Schlag für die Kunstwelt,« erwiderte Herr von Putlitz traurig. »Der alte König Ludwig von Bayern hat an Frau von Cornelius aus Rom einen Brief geschrieben, worin er an die Sonnenfinsternis anknüpft und sagt: »Die Sonne verfinsterte sich, als der erlosch, welcher der Kunst eine Sonne war. Jene scheint wieder, aber schwerlich kommt ein Cornelius wieder.«

      »Wahr, wahr!« rief der Prinz, und mit träumerischem Ausdruck fügte er hinzu: »Wie schön muß es sein, zu sterben nach einem Leben, das solche Schöpfungen hinterläßt! – Also auf morgen!« sagte er dann Zu Herrn von Putlitz und wendete sich nach einem freundlichen Kopfnicken zu dem französischen Botschafter Benedetti, welcher in seine Nähe getreten war.

      Graf Bismarck war in den Saal getreten und unterhielt sich kurze Zeit mit den Mitgliedern des diplomatischen Korps.

      Dann trat er auf einen ziemlich großen Mann zu, dessen rötliches Gesicht mit hoch hinauf kahler Stirn, über welche eine breite Narbe lief, und mit dunklerem Vollbart, ihm das Aussehen eines einfachen Landjunkers gab, wenn nicht die scharfen, beweglich umherspähenden Augen von einer lebhaften und erregten geistigen Tätigkeit Zeugnis abgegeben hätten.

      »Guten Abend, Herr von Bennigsen!« sagte der Ministerpräsident in äußerst höflichem Tone, jedoch ohne wärmere vertrauliche Nüance, »ich freue mich, Sie bei mir zu sehen, fast fürchtete ich, daß Sie sich von hier fernhalten würden.«

      »Wie könnten Eure Exzellenz das glauben!« erwiderte Herr von Bennigsen, sich verneigend, »ich habe doch seit Jahren bewiesen, daß ich dem Werke, welches Eure Exzellenz ein so gutes Stück vorwärts gefördert haben, alle meine Kräfte zu widmen bereit bin.«

      »Gewiß!« erwiderte Graf Bismarck, »aber dennoch hätte ich hoffen können, Ihre Unterstützung bei dem Ausbau des Geschaffenen zu finden, statt dessen sehe ich mit großem Bedauern, daß bei den Beratungen über die Verfassung Sie und die hannoverschen Abgeordneten Ihrer Partei mir ebenso viel Schwierigkeiten in den Weg legen, als die partikularistischen Ritterschaften und die Anhänger des Welfentums. – Auf diese Weise kommen wir nicht weiter auf dem Wege zum Ziel, welches Sie als das Ihrige ebenso sehr bezeichnet haben, wie ich danach strebe.«

      »Ich kann meiner Überzeugung in staatlichen Prinzipienfragen nicht untreu werden,« erwiderte Herr von Bennigsen, »in der praktischen Ausführung des Einigungswerkes werden Eure Exzellenz meiner eifrigsten Unterstützung stets sicher sein, ebenso sehr in Deutschland als in meinem besonderen Vaterlande Hannover.«

      »Hannover ist sehr schwierig!« sagte Graf Bismarck nachdenklich, ich hatte gehofft, daß das preußische Regiment dort freundlicher aufgenommen werden würde, es scheint, daß auch Ihre Partei sich über die Stimmung des Landes getäuscht hatte, die Agitationen des Königs Georg finden einen fruchtbaren Boden.«

      »Der König Georg, Exzellenz,« sagte Herr von Bennigsen, »ist für die Hannoveraner nur die Verkörperung der Autonomie und Selbständigkeit oder unabhängigen Selbstverwaltung des Landes. Dieses allen Hanoveranern eingeborene Unabhängigkeitsgefühl wird von den Agenten des Königs mit Geschick benutzt, während die unteren Organe der neuen Verwaltung es oft ohne Not verletzen. Die Diktatur beängstigt die Bevölkerung und läßt ihr das Vergangene in schönerem Lichte erscheinen. Das beste Mittel ist eine möglichst schnelle Organisation der Verwaltung auf autonomer Basis, man müßte dazu Vertrauensmänner des Landes heranziehen.« –

      »Vertrauensmänner!« sagte Graf Bismarck, »wer hat das Vertrauen des Landes?«

      Herr von Bennigsen sah ihn ein wenig befremdet an.

      »Wie sollen sie ermittelt werden? Soll das Land sie wählen? – Das würde eine bedenkliche Bewegung hervorrufen und vielleicht noch bedenklichere Resultate liefern, soll ich sie berufen? Haben sie dann das Vertrauen des Landes? Die Frage ist nicht leicht,« fuhr er fort, »ich habe wohl auch schon an Vertrauensmänner gedacht, ich will mir das noch überlegen, vielleicht sprechen wir bald wieder darüber.« Herr von Bennigsen verneigte sich.

      Graf Bismarck wendete sich zur Seite und stand dem damaligen Kronoberanwalt des Appellationsgerichts zu Celle, früheren hannoverschen Staatsminister Windthorst gegenüber.

      Es war kaum möglich, daß zwei Persönlichkeiten einen schärferen Kontrast bildeten, als Graf Bismarck und Herr Windthorst.

      Der frühere hannoversche Justizminister, im damaligen Augenblick Bevollmächtigter des Königs Georg für die Verhandlungen über die Vermögensabfindung, erschien in seiner auffallend kleinen, durch die gebückte Haltung noch niedrigeren Gestalt fast zwerghaft neben dem hohen, mächtigen Wuchs des Bundeskanzlers. Ebensoviel freie Offenheit, bewußte und stolze Kraft als in den markigen Zügen des Grafen Bismarck lag, ebensoviel versteckte List und Schlauheit drückten die geistreichen Züge des eigentümlichen, charaktervoll häßlichen Gesichts Windthorsts aus. Ein sarkastisches Lächeln spielte oft um den breiten, aber beweglichen und ausdrucksvollen Mund, eine Brille mit großen runden Gläsern schien mehr den Zweck zu haben, die Augen zu verhüllen, als das in der Tat schwache Gesicht zu unterstützen, denn der spähende Blick des kleinen grauen Auges richtete sich im Gespräch fast immer über den Rand der Brille auf den vor ihm Stehenden. Die breite, runde, mächtig gewölbte Stirn war überdeckt von sehr dünnen, kurzen grauen Haaren, die auffallend kleinen, weiblich zierlichen Hände, welche aus den weiten, Ärmeln des altmodischen Fracks hervorspielten, begleiteten die Rede mit lebhafter Gestikulation, das Kinn begrub sich oft in die weite weiße Halsbinde, wahrend das Auge von unten herauf den Eindruck der gesprochenen Worte zu verfolgen versuchte.

      Er trug den Stern des österreichischen Ordens der eisernen Krone auf der Brust, das Kommandeurkreuz des hannoverschen Guelfenordens an lang herabhängendem blauen Bande um den Hals.

      »Nun, mein lieber Minister,« sagte Graf Bismarck, ihn artig begrüßend, »wie stehen die Vermögensverhandlungen des Königs Georg – sind Sie zufrieden?«

      »Exzellenz,«