Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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schlanker Mann, trat ein und meldete in dienstlicher Haltung:

      »Der Ministerpräsident Graf Bismarck bittet Eure Majestät in dringenden Angelegenheiten um Audienz.«

      Erstaunt blickte der König auf.

      »Ich bitte ihn einzutreten,« sagte er.

      »Also, mein lieber Schleinitz, unterzeichnen Sie den Vertrag, wie der Fürst von Hohenzollern ihn genehmigt hat – und nochmals mein Kompliment an Ihre Damen.«

      Herr von Schleinitz zog sich mit tiefer Verneigung gegen den König zurück, indem er in der Tür einen leichten Gruß mit dem Grafen Bismarck wechselte, welcher raschen Schrittes hereintrat im weißen Waffenrock mit gelbem Kragen und Aufschlägen, den Stern des Schwarzen Ablerordens auf der Brust, den glänzenden Stahlhelm unter dem Arm.

      »Was bringen Sie, Graf Bismarck?« sagte der König, den Ministerpräsidenten mit freundlichem Kopfnicken begrüßend, »Sie sehen heiter aus – Sie haben also gute Nachrichten.«

      »Gute oder schlimme,« sagte Graf Bismarck, »wie man sie nehmen will, Majestät, für mich ist jede Nachricht gut, welche Licht in eine unklare Situation bringt. Die erste Phase der Auseinandersetzung mit Frankreich beginnt!«

      Das Gesicht des Königs wurde tiefernst. Gespannt blickte er auf den Minister, welcher einige Papiere, die er in der Hand getragen, auseinander breitete.

      »Die Kompensationsfrage taucht wieder auf,« sagte Graf Bismarck, »der Kaiser Napoleon will dem König von Holland Luxemburg abkaufen.«

      »Luxemburg!« rief der König mit flammendem Blick, »deutsches Gebiet?«

      »Zu Befehl, Majestät,« sagte Graf Bismarck, »man wollte das so ganz hübsch im stillen abmachen und uns vor ein fait accompli stellen, glücklicherweise scheint der König Wilhelm III. ein wenig besorgt geworden zu sein und hat uns das Spiel aufgedeckt – wofür man ihm in Paris wahrscheinlich sehr wenig Dank wissen wird. – Befehlen Eure Majestät, den Bericht des Grafen Perponcher zu hören?«

      »Geben Sie!« rief der König, und schnell den Bericht ergreifend, durchlas er ihn aufmerksam.

      »Zugleich,« sprach Graf Bismarck lächelnd, als der König geendet, »zugleich hat Graf Bylandt im Namen des Königs der Niederlande die Vermittlung bei den Verhandlungen mit Frankreich angeboten.«

      »Eigentümliches Spiel!« rief der König. »Sie haben doch,« fuhr er fort, »sogleich geantwortet, daß von einer Abtretung deutschen Bodens – denn deutscher Boden ist Luxemburg – nun und nimmer die Rede sein kann!«

      »Das habe ich gedacht, Majestät,« erwiderte Graf Bismarck ruhig, »und es bei mir selbst als feste Richtschnur meines Handelns festgestellt, aber,« fuhr er fort, »antworten möchte ich es noch nicht.«

      Der König sah ihn fragend an.

      »Ich möchte nicht,« sagte Graf Bismarck, »sogleich und in diesem Augenblick den Konflikt provozieren, den man unter diesen Umständen in Frankreich kaum wird auf die Spitze treiben wollen. – Sollte der Kaiser Napoleon dies aber tun, so müssen wir ihm vor allem die Rolle des Angreifers, der den europäischen Frieden stört, klar vor aller Welt und vor den Kabinetten zuschieben, außerdem ist es nach meiner Meinung die wesentlichste Bedingung für die Zukunft Deutschlands, daß der Krieg mit Frankreich – der nach meiner Überzeugung früher oder später kommen muß und kommen wird, ein wirklicher und wahrhafter Nationalkrieg sei, ein solcher allein gibt uns die volle Sicherheit des Sieges – und zugleich die Gewähr, daß durch den Sieg – und das Blut, das dieser kosten wird,« fügte er mit tiefernstem Tone hinzu, »Deutschland wirklich einig werden wird. Ich möchte also diese Angelegenheit zunächst weniger als Kabinettssache, vielmehr als eine nationale Frage behandeln und habe mir erlaubt, hier einen Entwurf der Antwort aufzusetzen, welche ich Perponcher geben möchte.«

      Er reichte dem Könige das von Herrn von Keudell beschriebene Blatt.

      König Wilhelm las es langsam und aufmerksam durch.

      »Ich verstehe,« sagte er dann lächelnd mit dem Kopfe nickend, »ich verstehe, Sie haben da mit einem Schlage die Sachlage umgekehrt, gut, gut – ich sehe, Sie haben in der Schule zu Paris gelernt und verstehen die dortige dunkle Politik zu behandeln.«

      Er sah einige Augenblicke sinnend zu Boden.

      »Welch labyrinthische Fäden dieser geheimnisvolle Mann zieht!« sprach er dann mit fast trauriger Stimme, »ich kann es nicht leugnen, er hat für mich etwas Angenehmes, sympathisch Berührendes, ich habe oft die Feinheit und Schärfe seiner Auffassung bewundert – namentlich, als ich in Baden mit ihm sprach, und gern möchte ich mit ihm in guten Beziehungen stehen, aber man kann ihm nie trauen!«

      »Weil er auch auf dem Throne niemals aufhört, Konspirateur zu sein!« sagte Graf Bismarck, »das ist stärker als er, diese ganze Sache ist wieder ganz im Verschwörungsstil arrangiert, ich bin übrigens sehr erstaunt, daß alles so weit gedeihen konnte, ohne daß irgendein Avis darüber von Paris gekommen ist.«

      Der König schwieg.

      »Wenn ich übrigens,« fuhr Graf Bismarck fort, »die Ansicht auszusprechen mir erlaubt habe, daß bei richtiger Behandlung diese ganze Frage keinen kriegerischen Charakter annehmen werde, so darf man doch die Augen nicht vor der Möglichkeit verschließen, daß dennoch ernste Verwicklungen daraus entstehen konnten, und da Eure Majestät entschlossen sind, in keinem Falle zu dulden, daß Luxemburg an Frankreich abgetreten werde –«

      »In keinem Falle!« rief der König.

      »So möchte ich Eure Majestät untertänigst bitten, sogleich nach dem Grundsätze zu verfahren: si vis pacem, para bellum – und alles vorzubereiten, damit wir durch die Ereignisse nicht überrascht weiden.«

      Der König neigte das Haupt und dachte einen Augenblick nach.

      Dann schritt er schnell zur Tür des Vorzimmers, öffnete dieselbe und rief: »General von Moltke!«

      Der berühmte Chef des Großen Generalstabs, auf welchen damals der Feldzug von 1866 die Augen von ganz Europa gezogen hatte, trat in der Dienstuniform der Generale der Infanterie, den Helm unter dem Arme, ein.

      In dienstlicher Haltung, das sinnende Auge zum Könige aufgeschlagen, erwartete er die Anrede des Monarchen.

      »Mein lieber General,« sagte der König, »da Sie gerade da sind, können wir sogleich eine vorläufige Beratung über eine sehr ernste Frage halten. – Graf Bismarck teilt mir soeben mit,« fuhr er fort, »daß zwischen Frankreich und Holland Verhandlungen über den Verkauf von Luxemburg bestehen –«

      Der General preßte die feinen Lippen noch fester zusammen, und ein schnelles Licht strahlte aus dem tiefen Blick seines Auges.

      »Obwohl ich hoffe,« sprach der König weiter, »übereinstimmend mit dem Grafen Bismarck, daß die Sache sich friedlich ausgleichen wird, so müssen wir doch auf alles gefaßt sein, da selbstverständlich Luxemburg niemals französisch werden darf. Überlegen Sie, was geschehen muß, um uns für alle Fälle vor Überraschungen zu schützen, natürlich dürfen keine sichtbaren Vorbereitungen stattfinden.«

      Das ernste, stille Gesicht des Generals belebte sich, mit ruhiger Stimme sprach er:

      »Köln, Koblenz und Mainz müssen verproviantiert und alles vorbereitet werden, um diese Plätze sofort armieren zu können, außerdem muß ein zuverlässiger Kommandant von Luxemburg designiert werden, der bei der ersten ernsten Wendung der Sache sofort dorthin abgeht.«

      Der König neigte zustimmend das Haupt.

      »Wen würden Sie vorschlagen?« fragte er.

      »Den Generalleutnant von Goeben,« erwiderte General von Moltke, ohne einen Augenblick zu zögern.

      »Goeben – Goeben, ja, das ist der rechte Mann dafür, er hat etwas von Ihnen, lieber Moltke,« sagte der König.

      »Er wägt wie ein Mann und wagt wie ein Jüngling,« sprach der General ruhig. »Natürlich müßten die Mobilmachungsorders vollständig vorbereitet und