Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Entschluß sich hier an so viele Bedingungen knüpft.«

      »Mein Gott,« sagte Graf Bismarck mit leichtem Achselzucken, »meine Stellung ist unter diesen neuen Verhältnissen eine so komplizierte geworden, ich muß mit so vielen Faktoren rechnen –«

      »Jedenfalls aber,« sagte Benedetti aufstehend, »darf ich bei meiner Anfrage nach Paris schreiben, daß die ganze Frage hier im freundlichsten und versöhnlichsten Geiste aufgefaßt und behandelt wird, wie es den so vortrefflichen Beziehungen der beiderseitigen Souveräne und Regierungen entspricht?«

      »Wie könnten Sie daran zweifeln?« sprach Graf Bismarck im verbindlichsten Ton, indem er den Botschafter zur Tür geleitete. – »So,« rief er, als der französische Diplomat das Kabinett verlassen, »Dank der Indiskretion oder Besorgnis des Königs von Holland ist das Gewebe der Nacht an das Licht des Tages gebracht, morgen werden alle Kabinette Europas alarmiert sein, jetzt zum Könige – und dann – einen Wink an die deutsche Nation!«

      Sechstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      In seinem hellen Arbeitskabinett im Palais zu Berlin stand König Wilhelm leicht über einen Tisch geneigt und blickte aufmerksam auf eine Reihe von Blättern, welche der vor ihm stehende Geheime Hofrat Schneider ihm vorlegte.

      Der König, in seinem schwarzen Interimsrock, sah frisch und blühend aus, der jugendlich kräftige Ausdruck des schönen, männlichen Gesichts im schneeigen Haar und Bart hatte keine Verminderung erfahren durch die Mühen und Aufregungen des Feldzuges im vorigen Jahre, nur lag ein noch tieferer, sinnender Ernst auf diesen kräftigen Zügen, welcher, verbunden mit dem Schimmer einer ruhigen, stillen Milde, Ehrfurcht und Sympathie zugleich jedem einflößen mußte, der in dies königliche Antlitz blickte.

      Der Geheime Hofrat, dessen glatt gescheiteltes Haar noch um eine kleine Färbung weißer geworben, deutete auf ein koloriertes Kostümbild, welches er dem Könige vorgelegt hatte, und sprach mit seiner schönen, sonoren und ausdrucksvollen Stimme:

      »Wie Eure Majestät befahlen, habe ich die Zeichnungen der alten Uniformen, welche in dem Reiterfeste an Eurer Majestät Geburtstag zur Vorstellung kamen, mit der genauesten historischen Treue anfertigen lassen. Hier sehen Eure Majestät,« fuhr er fort, »das Kostüm der Grands Mousquetaires des großen Kurfürsten, roter Rock mit Gold, die Schöße mit weißer Seide aufgenommen, blaugoldenes Wehrgehäng, dreieckiger Hut mit weißblauen Federn und weite Stulpstiefel –«

      Er legte das Blatt, welches der König aufmerksam betrachtet hatte, zur Seite.

      »Und hier,« fuhr er fort, indem er ein zweites Blatt vor Seine Majestät hinlegte, »die Dragoner von Fehrbellin, in ihren weißen Röcken, um den Hals den silbernen Ringkragen mit dem roten kurbranbenburgischen Adler, blaue Stulpenaufschläge und blanke Reiterstiefel, in der Hand den wuchtigen Eisenhauer. – Hier,« sprach er dann, einige andere Bilder vorlegend, welche der König flüchtig betrachtete, »die Kostüme Louis XIII. von der Quadrille des Herzogs Wilhelm, und hier die ungarischen Magnatenkostüme und die Walachen –«

      »Es war ein schönes Fest, das man da für mich arrangiert hat,« sagte der König, »und so ganz nach meinem Sinne, noch ansprechender für mich als jenes Turnier, welches damals zu Ehren meiner Schwester Charlotte gehalten wurde –«

      »Dessen Bild auf der schönen Vase in Potsdam gemalt ist,« bemerkte der Hofrat.

      »Wie die Zeiten vergehen!« sagte der König, indem sein Auge freundlichen Bildern der Vergangenheit zu folgen schien und zugleich ein wehmütiges Lächeln um seine Lippen spielte, »meine Schwester Charlotte ist tot – und wie wenige sind noch übrig von jener fröhlichen Schar, die sich damals so lustig tummelte unter dem ernstfreundlichen Blick meines Vaters! – Wie viele Herzen, die damals in Liebe und Jugendmut schlugen, ruhen im Grabe – und wie viele Gefühle in den Herzen, die noch schlagen, haben ebenfalls sterben müssen!«

      Er stand einen Augenblick schweigend, das sinnende Auge leicht verschleiert. Der Geheime Hofrat blickte voll Teilnahme zu ihm empor.

      Der König nahm das Kostümbild, welches den Dragoner des Großen Kurfürsten darstellte, in die Hand und betrachtete es lange.

      »Es hat mich wunderbar erfaßt,« sprach er dann, »als ich diese Reiter der vergangenen Tage verkörpert vor mir sah, gleichsam einen lebendigen Blick in die Vergangenheit tauchend, welche die Grundsteine legte zu dem Bau der heutigen Größe Preußens. – Da ist der rote Adler von Kurbrandenburg am Ringkragen des Reiters von Fehrbellin, hat er es wohl geahnt, der große Brandenburger, der Deutschlands Ehre und Größe so warm im Herzen trug, daß dieser rote Adler dem schwarzen weichen würde, und daß der König von Preußen unter der schwarzweißen Fahne hoch hinaus vollenden würde, was der Kurfürst von Brandenburg begonnen? – Und der große Friedrich, dieser Fürst mit der französischen Zunge und dem deutschen Herzen, was würde er sagen, wenn er seinen Enkel hier sehen könnte mit der Hand am Reichsschwert der deutschen Nation, die sich um mich schart unter der schwarz-weiß-roten Fahne!«

      Der Geheime Hofrat schüttelte den Kopf.

      »Majestät,« sagte er mit leicht mürrischem Tone, »das Rot ist eine Farbe, die mir nirgends gefällt als an den Kragen königlich preußischer Uniformen, an Fahnen liebe ich es nicht, und meine Fahne wird immer schwarz-weiß bleiben, und diese Fahne wird Deutschland in Ordnung halten, ich hoffe, daß das Rot niemals zu viel Platz gewinnen wird in der preußischen Fahne!«

      Der König lächelte. »Ich weiß, daß Sie nicht leicht für eine Neuerung zu gewinnen sind, nun – folgen Sie nur fest und unbeirrt der alten Fahne – ich glaube, Sie werden in keine Konflikte geraten, denn wohin ich siegreich die Fahne Preußens trage, da wird Deutschlands Ehre und Größe keinen Schaden leiden. – Hier ist übrigens noch eine Neuerung,« fuhr der König fort, indem er sich zu einem Seitentisch wendete, »die Sie interessieren wird, da Sie ja mit Leib und Seele Soldat sind, die Kommission, welche ich unter des Kronprinzen Vorsitz habe zusammentreten lassen, um nach den Erfahrungen des letzten Feldzuges die geeignetste Ausrüstung der Infanterie in Erwägung zu ziehen, hat mir einige Modelle vorgelegt –«

      Und er nahm einen Helm und reichte ihn dem Hofrat.

      »Sehen Sie ihn an,« sagte der König, »er scheint mir viel zweckmäßiger als der frühere, er ist fast ganz aus einem Lederstück gepreßt, so daß alle Metallstücke wegfallen, welche bisher die Nähte verdeckten, das wird ihn viel leichter machen.«

      Der Geheime Hofrat wog den Helm in der Hand und betrachtete ihn von allen Seiten.

      »Im Felde sollen übrigens nur Mützen getragen werden,« sagte der König.

      »Majestät,« sagte der Hofrat Schneider, indem er den Helm wieder auf den Tisch legte, »wenn diese Kopfbedeckung nicht im Felde getragen wird, so ist sie jedenfalls sehr praktisch; im Felde, wissen Eure Majestät, welche Kopfbedeckung ich allen übrigen vorziehe?«

      »Nun?« fragte der König lächelnd.

      »Die alte schwarze Ledertuchmütze mit dem weißen Landwehrkreuz von 1813, die hat ihre Probe bestanden – und –«

      »– Wilhelm Schultze,« lachte der König.

      »Auch Wilhelm Schultze hat seine Erfolge gehabt!« erwiderte der Hofrat.

      »Und welche Erfolge!« sagte der König, indem er mit freundlichem Blick dem Hofrat leicht auf die Schulter klopfte, »und so Gott will,« fügte er ernster hinzu, »wird der preußische Landwehrmann unter dem alten Kreuze mit Gott für König und Vaterland überall und immer seinen Erfolg haben – so lange sie grün bleiben, die alten Tannenbäume im märkischen Sande!« –

      »Majestät,« sagte der Geheime Hofrat, indem seine klaren, lebendigen Augen sich sinnend auf den König richteten, »wenn noch einmal, und ich habe so eine Ahnung davon, eine Reprise vom Kurmärker und der Picarde auf dem großen Welttheater kommen sollte, dann nehmen Eure Majestät mich mit und erlauben Sie mir, die alte Mütze mit dem weißen Kreuz