Das Gesicht von Madame Musard nahm einen kalten, abwehrenden Ausdruck an.
»Man sagte mir,« fuhr die Marchesa fort, »daß Sie einen vollständigen, den schönsten und bestgewählten Marstall in Paris haben, ich hoffte deshalb, baß Sie vielleicht jene Pferde – es sind zwei schwarze Karossiers – entbehren könnten, und daß Sie meine Bitte gewähren würden, sie mir zu verkaufen.«
Ein stolzes Lächeln spielte um die Lippen von Madame Musard.
»Ich handle nicht mit Pferden, Frau Marquise,« sprach sie in kaltem Tone, »und Pferde, mit denen ich selbst fahre, verkaufe ich überhaupt niemals, am wenigsten jenes Gespann, der Kaiser handelte darum; – ich habe es gekauft,« fuhr sie mit stolzem Blick fort, »weil ich wünschte, die schönste Equipage von Paris zu haben – ich bedaure, daß es mir nicht möglich ist, Ihren Wunsch zu erfüllen, da es mir große Freude gemacht hätte, Ihnen nützlich zu sein.«
Die Marchesa senkte mit dem Ausdruck von Enttäuschung und Verlegenheit den Blick.
»Verzeihen Sie mir, Madame,« sagte sie dann, »ich weiß sehr wohl, daß Sie dergleichen Handel nicht machen, ich hoffte nur, daß Sie vielleicht einer Dame, einer Fremden zu Gefallen –«
Madame Musard schüttelte mit leichtem Achselzucken den Kopf.
»– Und dann,« fuhr die Marchesa fort, »dachte ich, daß die drohenden Kriegsgefahren, welche vielleicht alle diese glänzenden Aussichten auf das schimmernde Weltfest der Ausstellung zertrümmern werden, Sie bestimmen könnten, mir diese schönen Pferde zu überlassen, die ich im Falle des Krieges mit mir nach Italien in Sicherheit bringen würde.«
Madame Musard sah sie erstaunt an.
»Sie sprechen von Kriegsgefahr, Madame,« sagte sie, »ich begreife nicht, – wie mir scheint, ist die ganze Welt in tiefem Frieden.« –
»Ja, wie es scheint,« sagte die Marchesa mit wichtiger Miene, indem sie die Augen weit öffnete und mit täuschender Natürlichkeit einen unendlich einfältigen Ausdruck annahm, »aber in Wirklichkeit, freilich wird wohl Frankreich nicht unmittelbar engagiert sein, aber es wird doch für den Kaiser eine Ehrensache sein, Holland in Schutz zu nehmen.« –
Madame Musard horchte hoch auf. Mit lebhafter Spannung richtete sich ihr scharfer Blick auf die lächelnden Züge der plaudernden Dame vor ihr.
»Holland in Schutz nehmen?« fragte sie, »gegen wen, Madame, wer bedroht Holland?«
»O mein Gott,« sagte die Marchesa, die Fingerspitzen leicht gegeneinander schlagend, »wenn man in Berlin erfährt, was vorgeht, so wird man natürlich sofort die rücksichtslosesten Maßregeln ergreifen, und das kleine Holland –«
»Aber mein Gott, was geht denn vor?« rief Madame Musard ungeduldig, »Sie erschrecken mich fast, Frau Marquise,« sagte sie, schnell sich fassend, mit lächelndem Munde, »mit Ihren Kriegsphantasien!«
»Phantasien?« rief die Marchesa wie verletzt durch den Zweifel an ihrer Kenntnis der politischen Lage, »es sind keine Phantasien, wissen Sie denn nicht, Madame, daß der König von Holland an den Kaiser ein Herzogtum verkaufen will – ein kleines Herzogtum mit einer großen Festung,« sie schien sich zu besinnen, »es heißt wie das Palais dort mit dem schönen Garten, worin Marie von Medicis wohnte, Luxemburg – ja Luxemburg, und wenn Herr von Bismarck von diesem heimlichen Handel etwas erfahren wird, und er hat schon davon gehört, so ist der Krieg unvermeidlich.«
»In der Tat, Sie setzen mich in Erstaunen, Frau Marquise,« sagte Madame Musard, indem ein schwerer Atemzug ihre Brust schwellte und ein düsterer Blick aus ihrem Auge hervorschoß, »Sie setzen mich in Erstaunen durch Ihre Kenntnis der politischen Verhältnisse, mir liegt so etwas so fern.«
»Doch ich bitte um Verzeihung, Madame,« sagte die Marchesa, indem sie Miene machte, aufzustehen, »ich habe Sie schon lange aufgehalten und da Sie Ihre Pferde behalten wollen –«
»O ich bitte, Frau Marquise,« sagte Madame Musard, indem sie leicht ihre Hand auf den Arm Antoniens legte, um sie vom Aufstehen zurückzuhalten, – »ich bitte, es ist mir ein hohes Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern, und in der Tat,« fuhr sie, wie sich besinnend, fort, »diese Kriegsgefahr, wenn sie existiert –«
»Wenn sie existiert?« rief die Marchesa lebhaft, – sie existiert, Madame, sobald man in Berlin von dieser Luxemburger Sache hört, man kann freilich dem Kaiser nicht verbieten, dies Herzogtum zu kaufen, aber man wird dem König von Holland verbieten, es zu verkaufen, man wird über Holland herfallen und der Kaiser wird gezwungen sein, diesen armen König zu beschützen, wenn nicht –«
»Wenn nicht –?« fragte Madame Musard in atemloser Spannung.
»Wenn nicht,« sagte die Marchesa lachend, »ein Arrangement gemacht wird, welches dem Kaiser Luxemburg und dies arme Holland den Preußen gibt – und,« fügte sie achselzuckend hinzu, »diese Reihe der unglücklichen Könige ohne Thron und Land, deren unsere Zeit so viele geschaffen hat, um einen vermehrt. – Doch in der Tat,« rief sie, wir sind komisch, wenn man uns hören könnte, zwei Damen, die Politik sprechen –«
Madame Musard blickte sinnend zu Boden.
»Das alles interessiert mich ein wenig,« sagte sie dann, »ich habe – Freunde in Holland, nur begreife ich in der Tat nicht, woher Sie so gut informiert sind, Frau Marquise.«
»O,« rief die Marchesa, »einer meiner Freunde sprach mir davon, »er steht den Tuilerien sehr nahe, – aber mein Gott,« rief sie plötzlich, »ich habe da vielleicht eine Indiskretion begangen, er sagte mir, daß noch niemand etwas davon wisse.«
»Ich bin die Diskretion selbst, Frau Marquise,« rief Madame Musard rasch, »übrigens,« fuhr sie fort, ihr Spitzentaschentuch in der Hand zusammenpressend, »übrigens interessiert mich das alles nur sehr oberflächlich, allein der Krieg – das wäre ja entsetzlich, glaubte denn – Ihr Freund –« sagte sie ein wenig zögernd, »nicht, daß es irgendein Mittel gäbe, den Krieg zu vermeiden?«
»Ach,« sagte die Marchesa, »Sie wissen, wie die Männer sind, er fürchtete den Krieg nicht, er schien ihn vielleicht sogar zu wünschen, »übrigens«, sagte er, »was liegt daran, wenn Holland von Preußen genommen wird, wenn wir nur dies Luxemburg erhalten. – Der König von Holland wird selbst die Schuld haben, hätte er von dem, was vorgeht, zu rechter Zeit in Berlin Nachricht gegeben, so würde er dort den Prätext genommen haben, auf den man vielleicht nur wartet; jetzt wird die diplomatische Verständigung unmöglich gemacht.« – Doch, nun darf ich Sie wirklich nicht länger in Anspruch nehmen,« fuhr sie fort, indem sie von neuem Miene machte, aufzustehen, »ich bedaure –«
»Frau Marquise,« sagte Madame Musard, indem sie einen vollen Blick auf ihren Besuch richtete, »ich habe Ihren Wunsch abgeschlagen, es war vielleicht unrecht von mir, einer Dame, die hier fremd ist, nicht freundlicher entgegenzukommen, ich war überrascht. – Sie wissen,« fuhr sie fort und reichte der Marchesa ihre Hand, in welche diese wie erstaunt und ein wenig zögernd ihre feinen Finger legte, »Sie wissen, es gibt Sympathien, denen man sich nicht entziehen kann, erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß Sie in den wenigen Augenblicken unserer Bekanntschaft solche Sympathie in mir erweckt haben.«
Die Marchesa sah sie lächelnd mit einem naiven Blick an, in welchem man lesen konnte, daß es ihr nichts neues sei, Sympathien zu erwecken.
»Und um Ihnen einen Beweis der Gefühle zu geben, welche Sie mir eingeflößt,« fuhr Madame Musard fort, »erlauben Sie mir, von meiner Gewohnheit abzugehen, ich will Ihnen meine Pferde überlassen, damit eine so schöne und geistvolle