Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Lächeln zuckte um ihre Lippen –, gespannt hing ihr Blick an seinem Munde.

      »Die einzige Möglichkeit, diese Pferde vielleicht zu erhalten, wäre, wenn Sie der Dame einen Besuch machten – › Paris vaut bien une messe‹ – sagte Heinrich IV., und der Besuch würde um so sicherer in seinem Erfolge sein, wenn Sie vielleicht der schönen Frau einen Dienst leisten könnten. – Madame Musard interessiert sich für Holland, sie würde vielleicht dankbar sein, wenn sie in den Stand gesetzt würde, dort eine Gefahr abzuwenden –«

      Die Marquise sprang auf.

      »Genug, Herr Graf,« rief sie, »ich verstehe vollkommen, Sie können sich auf mich verlassen, ich werde Ihnen beweisen,« fügte sie lächelnd hinzu, »daß ich fähig bin, Ihr Werkzeug zu sein, – ich werde mir die Sporen verdienen!«

      »Vergessen Sie nicht,« sagte er, »daß schnell gehandelt werden muß, um Unglück zu verhüten. In drei Tagen muß es sich entscheiden, ob der Zweck erreicht ist, sonst müssen andere Wege eingeschlagen werden.«

      »Er wird erreicht werden,« sagte sie, »ich bedarf eine Stunde zu meiner Toilette, und sogleich werde ich ans Werk gehen.«

      Der Graf stand auf.

      »Und die Pferde?« fragte sie mit fast unmerklichem Lächeln, »sie werden teuer sein.«

      Der Graf zog ein Portefeuille aus der Tasche, nahm daraus das gedruckte Blankett einer Anweisung, trat darauf an einen kleinen, zierlichen Schreibtisch und füllte mit raschen Zügen das Papier aus.

      »Hier ist eine Anweisung für meinen Bankier auf fünfzigtausend Franken, ich hoffe, das wird genügen, jedenfalls zahlen Sie jeden Preis«

      Sie legte die Anweisung, ohne sie anzusehen, in eine Vermeilschale auf einem Fuß von antiker Bronze, welche auf dem Kamin stand.

      »Nun aber, Herr Graf,« sagte sie lächelnd, »bitte ich um die Erlaubnis, meine Toilette zu machen, nicht, daß ich Sie vertreiben will,« fügte sie mit einem eigentümlichen Blick hinzu.

      Der Graf ergriff seinen Hut.

      »Ich habe Sie zur Diskretion ermahnt,« sagte er mit höflichem Lächeln, »und darf mir nicht erlauben, indiskret zu sein.«

      Und mit leichter Verbeugung wendete er sich zur Tür und verließ, den Salon durchschreitend, das Appartement.

      »Er ist von Eis,« sagte sie seufzend, indem sie eine kleine Glocke bewegte, »und seine Herrschaft von Eisen, doch sie führt mich dahin, wohin ich mich so lange gesehnt, und vielleicht – – Ich will ausfahren – meine Toilette, – den Wagen in einer Stunde!« befahl sie der eintretenden Kammerfrau.

      Der Graf stieg die Treppe hinab.

      »So liegt denn der Zündfaden, an welchem der Brand Europas hängt, in den Händen zweier Frauen!« sagte er leise, »und wenn die ernsten und wichtigen Herren vom Corps diplomatique heute abend im Bois de Boulogne diesen beiden aus Samt, Spitzen und Federn hervorlächelnden Damen begegnen, so werden sie nicht ahnen, daß in ihren zierlichen Händen in diesen Stunden das Geschick der Welt ruht. – Wie wunderbare Wege geht doch die lebendige Geschichte, welche später in so feierlich monumentalen Steinbildern vor der Nachwelt dasteht!« –

      »Nach der Nunziatur!« rief er seinem Diener zu und stieg in seinen Wagen, der in schnellem Trabe davonfuhr.

      Eine Stunde später fuhr die Equipage der Marchesa Pallanzoni an dem prachtvollen Hotel der Madame Musard bei den Champs Elysées vor. Alles in diesem Hause atmete die vollendetste Eleganz der allervornehmsten Welt. Die unermeßlichen Reichtümer, welche den auf den amerikanischen Erbgründen der Dame entdeckten Petroleumquellen in unerschöpflicher Fülle entströmten, zeigten sich hier nicht in überladenem Glanz, sondern in jener so schwer herzustellenden, gediegenen Einfachheit, welche nur da zu finden, wo wirklich große Mittel sich mit wirklich gutem Geschmack vereinen.

      Wohl zeigte sich auf den Mienen der gepuderten Lakaien in den dunklen Livreen mit den silbergrauen Achselschnüren und den schneeweißen Strümpfen ein leichter Anflug von Erstaunen, als der Diener der Marchesa deren Karte überbrachte mit der Frage, ob Madame Musard seine Herrin empfangen wolle – denn die Damen mit aristokratischen Namen echten Klanges gehörten hier nicht zu den gewöhnlichen Erscheinungen; indes mit jener schweigenden Schnelligkeit und Pünktlichkeit, welche dem Dienst an einem Hofe Ehre gemacht haben würde, wurde die Karte dem Kammerdiener gebracht, welcher in tadellosem schwarzen Anzug im Vorzimmer der Dame des Hauses saß.

      Madame Musard blickte ein wenig erstaunt auf diese Karte, welche der Kammerdiener ihr auf einem goldenen Teller mit wunderbar schön ziseliertem Rande überreichte.

      »Marchesa Pallanzoni,« sagte sie, »ich habe den Namen gehört, eine sehr schöne und sehr elegante Italienerin, die seit einiger Zeit hier ist, eine wirkliche große Dame, wie man mir gesagt hat,« fügte sie mit einem leichten Lächeln der Befriedigung hinzu, »aber was kann sie von mir wollen? Gleichviel – hören wir! Es wird mir eine Freude sein, die Frau Marquise zu empfangen,« sprach sie zu dem Kammerdiener, welcher zur Türe zurückgetreten war und dort in ehrerbietiger Stellung wartete. – »Gehen Sie selbst hinab und führen Sie die Dame herauf.«

      Der Kammerdiener verschwand.

      Madame Musard, eine hohe, schlanke Gestalt mit feinen und intelligenten, ein wenig scharfen Zügen, dunklem Haar und dunklen Augenbrauen, welche Augen von außergewöhnlicher Schärfe und Intelligenz überwölbten, mochte ungefähr sechsundzwanzig bis achtundzwanzig Jahre alt sein. Der Ausdruck ihrer Augen erschien älter, das Lächeln ihres frischen Mundes jünger. Sie trug eine sehr einfache dunkle Morgentoilette von schwerem Seidenstoff, welche hoch am Halse, von einer seinen Spitze überragt, durch eine Brosche von einem ungewöhnlich großen Rubin geschlossen wurde.

      Nichts in ihrer Erscheinung zeigte eine Spur von jenen Übertreibungen der Eleganz und des Luxus, welche man zu jener Zeit bei den meisten Damen der großen Welt sowohl als der Halbwelt zu sehen gewohnt war. Auch der kleine Salon, in welchem sie sich befand, war mit edelster Einfachheit möbliert.

      Die Flügel der Türe sprangen auf.

      »Die Frau Marquise von Pallanzoni!« rief der Kammerdiener und herein rauschte Frau Antonie Balzer in reicher Promenadentoilette. Über die schweren Falten einer dunkelblauen Robe fiel eine mit Zobel besetzte Mantille von Samt herab, ein kleiner Hut von der Farbe der Robe mit einer prachtvollen weißen Feder umrahmte das feine und zarte Gesicht, das, leicht durch die Luft gerötet, in wunderbarer Schönheit und Frische strahlte.

      Madame Musard ging ihrem Besuch bis fast zur Tür entgegen, mit raschem, prüfendem Blick umfaßte sie diese so jugendliche, so reizende und so vornehme Erscheinung.

      »Ich freue mich, Frau Marquise, Sie in meinem Hause zu begrüßen,« sprach sie dann mit ruhiger Artigkeit, »und ich werde glücklich sein, Ihnen in etwas dienen zu können, wenn es in meiner Macht steht.«

      Sie führte die Marchesa zu einem von Blumen umgebenen kleinen Sofa, welches in der Nähe des Fensters stand, und nahm ihr gegenüber auf einem niedrigen Lehnstuhl Platz, indem sie mit dem Ausdruck ruhiger Höflichkeit erwartete, daß die Dame ihr den Grund ihres Besuches mitteilte.

      »Erlauben Sie zunächst, Madame,« sagte die Marchesa mit einer gewissen Herzlichkeit in dem Tone ihrer vollen metallreichen Stimme, »daß ich Ihnen meine Bewunderung ausspreche über die Einrichtung Ihres Hauses, das heißt dessen, was ich davon gesehen; man spricht in Paris so viel davon,« fuhr sie fort, »daß ich mit großen Erwartungen hieher kam, aber dennoch bin ich erstaunt, – es ist so schwer,« sagte sie mit einem naiven Lächeln, das ihr vortrefflich stand, »in all dem Pariser Glanz die wirklich vornehme einfache Eleganz in der Montierung der Häuser zu finden, ich habe sie nur in einigen alten Häusern des Faubourg St. Germain gefunden – und hier bei Ihnen.«

      Madame Musard neigte leicht den Kopf, das Lächeln ihrer Lippen bewies, daß sie nicht unempfindlich war für das in so natürlicher Weise ausgesprochene Kompliment, indes schien ihr Blick zu sagen: »Ich glaube nicht, daß Sie hierher gekommen sind, um mir dies zu erzählen.«

      Frau Antonie schlug vor diesem klaren und scharfen