Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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groß die Macht Frankreichs ist, Madame,« erwiderte der Graf, »so kann sie doch den heutigen geschlossenen Mächten, den großen und gewaltigen Bewegungen gegenüber, welche in unserer Zeit durch die Völker gehen, nur dann ihres Erfolges sicher sein, wenn sie sich nicht zersplittert, wenn sie nicht an Unmögliches gesetzt wird. Ein geringer Teil dieser Macht genügt, um Rom zu schützen, wenn man weiß, daß sie gleichsam nur ein Symbol ist, hinter welchem das ganze Frankreich steht, jede große und gefährliche Unternehmung, in welche Frankreich sich nach anderer Seite einlassen würde, müßte jenem Symbol seine Bedeutung nehmen, jede solche Unternehmung würde das Signal für die Revolution, das heißt das Königreich Italien, sein, sich in unwiderstehlicher Brandung über Rom zu ergießen.«

      Die Kaiserin hörte mit lebhafter Spannung.

      »Die mexikanische Expedition,« fuhr der Graf ruhig fort, »hat Frankreich verhindert, in dem deutschen Kriege ein seiner Würde und seiner Macht entsprechendes Wort zu sagen, ein Krieg gegen Deutschland würde den französischen Schutz für Rom illusorisch machen.«

      »Sie sind also auch der Meinung,« rief die Kaiserin lebhaft, »daß wir für jetzt um jeden Preis an den Verhältnissen in Deutschland nicht rühren dürfen?«

      »Nicht nur für jetzt, sondern für immer,« sagte der Graf ernst und bestimmt, indem sein klarer Blick fest auf den bewegten Zügen der Kaiserin ruhte, welche ihn mit einer gewissen Befremdung ansah.

      »Ich hoffte,« fuhr er fort, »daß im vorigen Jahre Österreich siegen und das neue Italien wieder gebrochen werden würde, daß an der Spitze Deutschlands eine katholische, der Kirche ergebene Macht stehen würde, welche dann im Bunde mit Frankreich die Herrschaft des Rechts und der Religion wiederherstellen könnte in der Welt, die dem Geist des Abfalls sich zuwendet. – Meine Hoffnung ist nicht erfüllt, Österreich ist besiegt, mehr noch, es hat seine Vergangenheit aufgegeben, es wird sich nicht wieder erheben, Deutschland gehört für immer Preußen!«

      Die Kaiserin bewegte die Lippen, in ihren Augen zitterte es seltsam, es schien, als ob sie sprechen wollte, aber sie schwieg, und mit forschendem Blick sah sie durch die halb gesenkten Augenlider auf den Grafen hin, die Fortsetzung seiner Rede erwartend.

      »Die Sache Deutschlands ist entschieden,« fuhr der Graf fort, »und auch das kann sich zum Besten der Kirche wenden, Preußen bedarf Italiens nicht mehr, und Italien allein wird nicht in seiner jetzigen Form bestehen, wenn Frankreich in gesammelter Kraft ruhig dasteht und dem heiligen Stuhl seine Freiheit und Unabhängigkeit erhält.«

      »So sind Sie auch der Meinung,« sagte die Kaiserin, immer den Blick mit den schönen, langen Wimpern ihrer Augen verschleiernd, »welche hier sich um den Kaiser geltend macht, daß die beste Politik Frankreichs ein fester und dauernder Frieden mit Preußen sei?«

      »Ein Kampf zwischen Frankreich und Deutschland,« sagte der Graf mit Betonung, »würde das Ende der Sicherheit und Unabhängigkeit des römischen Stuhles und damit die höchste Gefahr für die Einheit der Kirche sein.«

      »Sie werden zufrieden sein,« sprach die Kaiserin mit einem Klange unmutiger Enttäuschung in ihrer Stimme, »denn ich glaube, die Basis für einen solchen Frieden wird in diesem Augenblick gelegt, doch,« fügte sie, leicht mit ihrem Batisttuche spielend, hinzu, »glaube ich nicht so Zuversichtlich an seine Dauer.«

      Die Züge des Grafen belebten sich wie durch heftige innere Erregung, sein Auge richtete sich forschend und durchdringend auf die Kaiserin.

      »Bedarf es denn,« fragte er, »einer besonderen Basis für einen Frieden, der durch nichts bedroht ist, und der einfach zu erhalten ist dadurch, daß niemand ihn stört – und von Deutschland ist doch eine solche Störung nicht zu erwarten?« –

      Das Auge der Kaiserin öffnete sich weit und blitzte auf in zornigem Stolz. Sie warf den Kopf in die Höhe und rief mit der Lebhaftigkeit ihres schnell erregbaren Temperaments:

      »Glauben Sie denn, Herr Graf, daß Frankreich ruhig es mit ansehen könne und dürfe, daß dieses militärische Preußen die Kraft von ganz Deutschland in seiner Hand zusammenfasse und die Spitze seines Degens über den Rhein herüber nach unserem Herzen ausstrecke? Sie werden nicht voraussetzen, daß das Frankreich, welches der Erbe der Siege des ersten Napoleon ist, still und resigniert zusehen solle, wie die Ordnung von Europa über den Haufen geworfen wird, und wie eine protestantische Macht das deutsche Kaisertum wieder aufrichtet. Freilich,« rief sie immer lebhafter, »hätten wir nicht geschehen lassen sollen, was geschehen ist, da es aber einmal geschehen ist, müßten wir unsere Kraft sammeln, um mit zerschmetterndem Schlag dieses Werk des vorigen Jahres zu zertrümmern, nicht,« sagte sie leise mit bitterem Ausdruck, indem sie die Zähne zusammenbiß und ihr Auge vor Erregung flammte, »nicht uns abfinden lassen mit armseligen Kompensationen!«

      Der Graf hatte mit immer gespannterer Aufmerksamkeit zugehört; sein Blick ruhte mit durchdringender Schärfe auf der Kaiserin, und ein rascher Ausruf schien aus seinem Munde hervordringen zu wollen.

      Schnell aber nahm sein Gesicht wieder die gewohnte Ruhe an, und mit leichtem Lächeln fragte er:

      »Welche Kompensation könnte Frankreich verlangen, welche Kompensation würde Deutschland gewähren?«

      »Man wird glücklich sein in Deutschland,« rief die Kaiserin schnell mit verächtlichem Aufwerfen der Lippe, den dauernden Frieden mit Frankreich, die definitive Genehmigung der Eroberungen des vorigen Jahres zu erkaufen für den lächerlichen Preis dieses kleinen Herzogtums Luxemburg!«

      »Luxemburg?« rief der Graf, indem er schnell aufstand und mit bestürztem Ausdruck die Kaiserin ansah, »Luxemburg – um Gottes willen, Madame, denkt man ernstlich daran?«

      »Herr Graf,« sagte die Kaiserin, indem die Erregung ihrer Züge dem Ausdruck einer gewissen Verlegenheit wich, »ich habe da in meiner Lebhaftigkeit etwas gefügt, das ich vielleicht nicht hätte sagen sollen, ich bitte Sie, meinen Worten keine weitere Konsequenz zu geben.«

      Der Graf schlug einen Augenblick die Augen sinnend zu Boden.

      »Madame,« sagte er dann, »Eure Majestät hatten vorhin die Gnade, mir zu sagen, daß Ihre hohen Verwandten mich so freundlich mit vielen guten Eigenschaften ausgestattet haben, sollten sie eine vergessen habe, die ich wirklich zu besitzen mich rühmen darf, die Diskretion?«

      Die Kaiserin sah ihn nachdenklich mit tief forschendem Blick an.

      »Ich glaube,« fuhr er fort, »aus Eurer Majestät Worten schließen zu dürfen, daß Sie einer Verhandlung über die Abtretung Luxemburgs nicht günstig sind, nun wohl, Madame, ich würde alles daran setzen, um Eurer Majestät Intentionen in dieser Richtung zu unterstützen, und vielleicht hat man Ihnen auch gesagt, daß ich einige Kenntnis der politischen Fäden und infolgedessen einigen Einfluß besitze, es kommt also nur darauf an, ob Eure Majestät mir Vertrauen schenken wollen.« –

      »Wenn Sie den dauernden Frieden Frankreichs mit Preußen wollen,« sagte die Kaiserin etwas zögernd, »welches Interesse könnten Sie haben, die luxemburger Verhandlungen zu verhindern, deren Abschluß ja die Bedingung und Grundlage eines solchen Friedens sein würde?«

      Der Graf erwiderte fest und ruhig den forschenden Blick der Kaiserin und antwortete mit dem Tone überzeugter Sicherheit:

      »Ich vermag Eurer Majestät Ansicht nicht zu teilen,« sagte er, »diese Frage trägt den Krieg in ihrem Schoße!«

      »Den Krieg?« rief die Kaiserin, »Luxemburg gehört Holland, und wenn der König von Holland es an Frankreich abtritt, sollte Preußen es wagen, zu intervenieren, einer vollendeten Tatsache gegenüber?«

      »O Madame,« rief der Graf, »dieser Weg führt um so sicherer zum Kriege; wenn es vielleicht möglich wäre, Luxemburg durch eine Negoziation mit Preußen zu erhalten, so wird das Berliner Kabinett doch niemals eine vollendete Tatsache akzeptieren, die man hinter seinem Rücken in einer Angelegenheit schaffen würde, in welcher es die Sache Deutschlands zu vertreten hat!«

      Die Kaiserin schwieg. Etwas wie ein freudiger Blitz leuchtete in ihrem Auge auf.

      »In diesem Kriege aber, wenn