Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Seine Majestät die Krone von Hannover wieder,« sagte der Regierungsrath, »so tritt er auch wieder in den Besitz der königlichen Domänen, — wo nicht — so können jene Erinnerungen nur schmerzlich sein. — Ich glaube übrigens,« fuhr er fort, — »daß Preußen gar keine Domänen zugestehen wird, ohne ausdrückliche Anerkennung seiner Souveränetät.«

      Der König schwieg nachdenkend.

      »Majestät,« sagte Graf Platen, »die Bemerkungen des Regierungsraths sind gewiß beachtenswert — allein eben so sehr berechtigt ist doch gewiß auch der Wunsch Seiner Königlichen Hoheit, — man könnte ja beide Ansichten vereinigen und einen Theil des Vermögens in Domänen — etwa ein Drittel, das Uebrige in Kapital verlangen.«

      »Das würde ja die ganzen Verhandlungen auf eine schiefe Basis stellen und unendlich in die Länge ziehen,« sagte der Regierungsrath.

      »Lassen Sie uns diesen Ausweg ergreifen,« sagte der König, — »was meinen Sie, lieber Lex?«

      »Ich bin ganz mit dem Grafen Platen einverstanden,« sagte der Geheime Kabinetsrath.

      Der Regierungsrath schwieg.

      »Sie hatten aber noch ein Bedenken,« sagte der König, sich zu ihm wendend.

      »Majestät,« sagte der Regierungsrath Meding, »mein zweites und sehr ernstes Bedenken bezieht sich auf den Zusammenhang, in welchen der Graf Platen die Vermögensverhandlungen mit der Entbindung vom Fahneneide bringen zu wollen schien. Ein solcher Zusammenhang mag wirkungsvoll sein können, — ich glaube indeß nicht, daß er der Würde Eurer Majestät entsprechend ist.«

      Lebhaft richtete der König das Haupt empor.

      »Sie nehmen mir das Wort aus dem Munde!« rief er lebhaft. »Niemals — niemals, niemals werde ich das Schicksal meiner Offiziere, meiner treuen und tapfern Armee, von Vermögensfragen meines Hauses abhängig machen. — Ich will,« fuhr er mit bestimmtem Ton fort, — »daß diese beiden Fragen vollständig von einander getrennt werden, und daß dieß der englischen Regierung klar und unzweideutig gesagt werde. — Was die Armee betrifft,« — sagte er nach einer Pause, — »so ist mein Entschluß gefaßt. Ich werde niemals die Armee vom Fahneneide entbinden, aber ich werde Jedem, der darum bittet, den Abschied bewilligen, — ich werde keinen meiner Offiziere tadeln, der ohne Vermögen gezwungen ist, sich den Verhältnissen zu fügen, — aber ich werde auch diejenigen nicht von mir lösen, welche mir treu bleiben können und wollen. Ich will militärisch Kommissarien nach Berlin senden, welche in diesem Sinne verhandeln und dafür günstige materielle Bedingungen für diejenigen Offiziere erwirken sollen, welche nicht in preußischen Dienst treten wollen. Arbeiten Sie die Instruktionen in diesem Sinne aus, meine Herren,« fuhr er fort, »und legen Sie mir dieselben vor. — Vor Allem aber: keine Vermengung meiner Vermögensangelegenheiten mit dem Schicksal der Armee! — Es wird auch nöthig sein,« fuhr er nach einigem Nachdenken fort, — »eine Protestation gegen die Einverleibung Hannovers zu entwerfen und bereit zu halten, um sie den europäischen Höfen zuzusenden, sobald die Annexion proklamirt wird, — auch muß ein Plan entworfen werden für ein energisches und thätiges Handeln, um den Kampf für die Wiedererlangung meiner Rechte vorzubereiten.«

      »Mit dem Entwurf der Protestation in französischer Sprache habe ich bereits den Legationsrath Lumé de Luine beauftragt,« sagte Graf Platen, — »die Data und staatsrechtlichen Ausführungen dazu finden sich in der bereits versendeten Denkschrift über die hannöverische Politik! — Was nun,« fuhr er fort, — »die Thätigkeit betrifft, die wir entwickeln können, so wird sich dieselbe wohl auf die Agitation im Lande beschränken, — und auf die scharfe Beobachtung der europäischen Politik, — die wesentlichste Chance zur Wiedererlangung der Krone Hannovers kann demnächst doch nur in dem Schutze und dem guten Willen derjenigen Großmächte liegen, welche etwa einen Krieg gegen Preußen führen.«

      »Ich möchte doch der Ansicht sein, Majestät,« sagte der Regierungsrath Meding, »daß der Plan für die nächstliegende Thätigkeit, — welche ja heute hier nicht ausführlich diskutirt und definitiv festgestellt werden kann, in etwas größerem Maßstabe und auf weiteren Grundlagen entworfen werden müßte. — Was die Agitation in Hannover selbst betrifft, so ist dabei die größte Vorsicht nöthig, — um nicht unglückliche Opfer in's Verderben zu stürzen, aus dem wir keine Macht haben sie zu retten. — Der wesentliche Schwerpunkt scheint mir anderswo zu liegen,« fuhr er fort. — »Eine Wiederherstellung der Rechte Eurer Majestät und der Krone Hannovers ist nur dann möglich, wenn dasjenige Prinzip, welches heute unterlegen ist — das Prinzip der föderativen Einigung Deutschlands mit autonomischer Selbstständigkeit seiner Stämme — jemals den Kampf wieder aufnimmt und siegreich wird. Das wird aber nur geschehen können, wenn in diesem Prinzip die Monarchie mit dem Fortschritt, — mit der Demokratie sich verbindet.«

      »Sie wollen doch nicht den König durch die Demokratie auf den Thron zurückführen?« rief Graf Platen.

      »Wenn dieß überhaupt möglich ist,« erwiederte Herr Meding, »so ist es nur die Macht des wahren Vernünftigen Geistes der reinen Demokratie, welche uns unterstützen kann, — nicht jener Demokratie, welche alles Erhabene und Hochragende herabzieht in den schmutzigen Brei der Masse, — sondern der Demokratie, welche in Uebereinstimmung mit dem Fortschritt der geistigen Entwickelung des Volkes dieses immer mehr und mehr erhebt zur Theilnahme an seinen gemeinsamen öffentlichen Angelegenheiten. — Eure Majestät erlauben mir,« sagte er nach einer kurzen Pause, während der König mit gespanntem Ausdruck zuhörte, — »mich noch etwas deutlicher auszudrücken; die einfache Legitimität, so heilig und ehrwürdig sie für mich ist, bildet heute keinen Faktor mehr im öffentlichen Leben, — sie bewegt nicht mehr das Gefühl der Völker, nicht mehr die Politik der Kabinette. Die Monarchie, — wenn sie in ihre weise, segensreiche und durch das Recht der Jahrhunderte geheiligte Form die lebendige Entwickelung der Zukunft einschließen und begrenzen will, muß diese Form der lebendigen Bewegung anpassen — sie muß sich vermählen mit der Freiheit. Der Boden, der Grund des Rechts muß der alte sein, verwachsen mit dem Felsengrund der Jahrtausende, — aber auf diesem Boden müssen wir die Früchte der Freiheit erwachsen lassen — so allein kann die Monarchie Dauer — und Berechtigung für die Zukunft haben. — Das ist der Zug der ganzen Welt, — in Deutschland insbesondere schließt sich an das Weltbedürfniß der Freiheit die Liebe zur Autonomie und Eigenart des gesonderten Stammes; diese beiden Grundsätze, diese beiden tiefen bewegenden Kräfte sind es, welche in Kampf und Gegensatz stehen zu dem, was sich jetzt vollzogen hat, soweit sich heute die Entwickelung der Verhältnisse übersehen läßt. Die logische Folge wird für das Erste sein, daß Autonomie und Freiheit mehr beschränkt werden, als vorher, — deßhalb wird, wenn jemals eine Aenderung der heutigen Zustände möglich ist, diese nur dadurch erfolgen können, daß der im Geist des deutschen Volkes lebende Drang nach Autonomie und Freiheit sich gegen die angestrebte militärische Centralisation erhebt. — Wollen Eure Majestät daher wirksam kämpfen, so müssen Sie Allerhöchstsich und die hannöverische Sache zu einer Verkörperung jener nationalen Prinzipien Deutschlands machen, Sie müssen an sich heranziehen alle Kräfte, welche das Volk bewegen in seinen edlen Elementen, Sie müssen die Gewalt der Waffen mit der Gewalt des Geistes bekämpfen. Kommt dann ein Augenblick, in welchem der Sturm das unvollendete Gebäude dieser Tage erfaßt, dann werden Eure Majestät die Fahne erheben und Deutschlands Volk für die föderative Autonomie und die Freiheit zum Kampfe rufen. — Wie aber so in geistiger Arbeit die Vorbereitungen getroffen werden müssen, so ist es auch nöthig, für den wirklichen Kampf zu rüsten, — nicht durch Agitationen und Demonstrationen, sondern in Herstellung wirklicher Organisationen, aus denen sich dereinst die Cadres einer Armee bilden lassen, und durch wachsames und unablässiges Verfolgen der Fäden der großen europäischen Politik, damit Eure Majestät den richtigen Augenblick zum Handeln zu wählen im Stande sind und damit Sie auch so viel als möglich auf den Gang der Ereignisse einwirken können. — Ein bloßes Agitiren und Demonstriren ist völlig zweck- und erfolglos nach meiner Ueberzeugung, — ein bloßes Anschließen an diese oder jene Kabinetspolitik höchst gefährlich — denn Eure Majestät werden doch gewiß nicht als König von des Kaisers von Oesterreich oder gar Napoleon's III. Gnaden wieder auf den Thron von Hannover steigen wollen. Die vollste