Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Vorschlag?« sprach er befremdet, — dann fügte er mit gemeinem Lächeln hinzu: »ich höre gern jeden Vorschlag an — und wenn er annehmbar ist —«

      »Ich will, daß Ihre Frau vollkommen frei sei,« sagte der Graf kurz und kalt, — »und«

      »Das wird ein wenig schwer sein,« rief Herr Balzer mit zufriedener Miene, — »eine Scheidung, — sie müßte protestantisch werden — und der Skandal —«

      »Sie wird auch frei — wenn sie Wittwe ist,« sagte der Graf.

      Herr Balzer machte fast einen Sprung von dem Grafen rückwärts.

      Aengstlich blickte er umher, — dann blickte er erstaunt in das ruhige Gesicht des Grafen und sagte mit gezwungenem Lächeln:

      »Sie scherzen, mein Herr.«

      »Durchaus nicht,« sagte der Graf, — »Sie werden die Güte haben, mich ruhig und ohne Unterbrechung bis zu Ende anzuhören, und ich zweifle nicht, daß Sie mir vollkommen Recht geben werden.«

      Herr Balzer schien nicht zu wissen, was er von diesem so ruhig und sicher sprechenden Manne denken solle, — indeß deutete er durch eine Neigung des Kopfes an, daß er bereit sei, zu hören.

      Im einfachsten und natürlichsten Tone von der Welt sprach der Graf weiter:

      »Ihre Verhältnisse, mein Herr, sind vollkommen zerrüttet, — Sie stehen nicht nur vor dem Bankerott, sondern befinden sich mitten in demselben, schon seit lange fristen Sie Ihre finanzielle Existenz nur durch jenes eigentümliche System, welches die alten Schulden durch neue größere deckt, — welches aber mit unerbittlicher Notwendigkeit zuletzt zum vollständigen Zusammenbrechen führt —«

      Herr Balzer blickte mit tiefem Erstaunen auf den Grafen.

      »Der letzte Augenblick des unausbleiblichen Ruins ist gekommen,« sprach dieser, — »ich bin im Besitz einer Reihe von Forderungen, welche, auf einmal geltend gemacht, Sie umwerfen müssen. — Außerdem aber verwickelt sich Ihre Lage in sehr unangenehmer Weise noch dadurch, daß Sie in letzter Zeit, um sich zu retten, oder vielmehr um den Augenblick des Ruins hinauszuschieben, zu dem Mittel der Wechselfälschung gegriffen haben.«

      »Herr Graf,« rief Herr Balzer in einem Tone, dessen Unverschämtheit nur schlecht die Angst und den Schrecken verdeckte, — »ich —«

      Mit einer stolzen Handbewegung gebot ihm der Graf Schweigen.

      Er zog aus der Tasche seines Ueberrocks mehrere Wechselpapiere.

      »Sie sehen,« sagte er, dieselben leicht auseinander blätternd, — »die gefälschten Wechsel sind in meinen Händen, — das Zuchthaus ist Ihnen gewiß, wenn ich dieselben der Behörde überliefere.«

      Aus dem gemeinen Gesicht des Herrn Balzer war jede Spur von Sicherheit verschwunden. Mit starrem Schrecken blickte er den Grafen an, ohne ein Wort zu sprechen.

      »Sie sind also verloren,« sagte dieser kalt, — »und wenn Sie noch einen Funken von Ehrgefühl besitzen, so müßten Sie den Tod der Zukunft vorziehen, welche Sie erwartet.«

      Herr Balzer erhob in sprachloser Verwirrung die Hände wie bittend zu dem Grafen.

      Dieser blickte ihn ernst an und fuhr fort:

      »Ich will Sie aber nicht vernichten, — ich will Ihnen Gelegenheit geben, ein neues Leben zu beginnen —« Ein Strahl von Freude blitzte aus den Augen des Wechselagenten, — er verstand noch nicht, aber er begann zu hoffen.

      »Herr Graf,« rief er, — »befehlen Sie — —«

      »Hören Sie genau, was ich verlange,« sagte der Graf, — »von Ihrem pünktlichen Gehorsam wird Ihre Zukunft abhängen.«

      Herr Balzer horchte gespannt.

      »Sie werden,« sagte der Graf, »sogleich nach Gmunden fahren, — von dort werden Sie einen Brief an Ihre Frau schreiben, in welcher Sie ihr sagen, daß Sie den Bankerott nicht mehr aufhalten können und daher den Tod vorzögen, — dann werden Sie dafür sorgen, daß an irgend einer tiefen Stelle des Sees Ihr Hut, Ihr Stock und etwa ein Handschuh oder ein Taschentuch schwimmend auf dem Wasser gefunden werde. Nachdem dieß geschehen, werden Sie den Bart abschneiden, eine Perrücke aufsetzen und sich nach Salzburg begeben, wo Sie die unter dieser Adresse bezeichnete Person aufsuchen werden, welche Ihnen einen Auswanderungspaß und die Summe von fünftausend Gulden übergeben wird.« Er reichte Herrn Balzer eine beschriebene Karte. — »Dann werden Sie,« fuhr er fort, »sich unverzüglich über Hamburg mit dem ersten Schiffe nach New-York begeben und sich dort an Diejenigen wenden, welche die Person, die Sie in Salzburg finden, Ihnen bezeichnen wird. Sie werden dort jede Förderung und Unterstützung finden, um ein neues Leben zu beginnen, — wenn Sie Ihren Namen und Ihre Vergangenheit vergessen. Denken Sie aber daran, daß man Sie stets beobachtet und Sie vernichten kann, wenn Sie nicht pünktlich gehorchen!«

      Herrn Balzer's Gesicht hatte bei den im einfachsten Tone gesprochenen Worten des Grafen zunächst ein hohes Erstaunen ausgedrückt, dann war etwas wie Hohn und boshafte Freude über seine Züge geflogen, endlich blickte er in tiefem Nachdenken vor sich hin.

      »Nehmen Sie meinen Rettungsvorschlag an?« fragte der Graf.

      »Und meine Wechsel?« sagte Herr Balzer mit einem scheuen Blick.

      »Ich habe sie gekauft, — sie bleiben in meinem Portefeuille,« — erwiederte der Graf.

      »Ich nehme an!« sagte Herr Balzer, — »Sie sollen mit mir zufrieden sein, — aber,« fügte er mit einem unendlich widerwärtigen Lächeln hinzu, — »fünftausend Gulden ist wenig — Sie schätzen meine Frau gering —«

      »Man wird Ihnen die gleiche Summe bei Ihrer Ankunft in New-York zahlen,« sagte der Graf kalt, »wenn Sie Alles pünktlich besorgt haben.«

      »Ich gehe,« sagte Herr Balzer, — »soll ich,« fügte er mit einem schlecht gespielten schmerzlichen Ausdruck hinzu — »von meiner Frau keinen Abschied nehmen?«

      »Nein,« erwiederte der Graf, — »sie soll an Ihren wirklichen Tod glauben, — das ist mein bestimmter Wille, — sie soll ganz frei sein, — auch in ihrem Gewissen!«

      Herr Balzer wendete sich zum Gehen.

      »Ich erwarte also in drei Tagen Nachricht aus Salzburg!« sagte der Graf. — »Und nun,« fuhr er ernst und feierlich fort, — »segne Sie der Himmel und öffne Ihnen in seiner Gnade die Wege eines neuen Lebens!«

      Er streckte die Hand gegen ihn aus, milde Freundlichkeit strahlte aus seinem Blick.

      Herr Balzer verbeugte sich und verließ das Zimmer.

      »Hier sind wir fertig,« sagte der Graf, als er mit dem Abbé allein war, — »bereiten Sie sich vor, in acht Tagen abzureisen.«

      Siebenundzwanzigstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Prachtvoll liegt das langgedehnte mächtige Schloß Schönbrunn da, — umgeben von dem mächtigen uralten Park mit den künstlichen Ruinen, den allegorischen Wasserfällen, den tiefen Schatten und den lichten, sonnigen Rasenplätzen, hoch überragt von dem luftig und leicht auf der Höhe des Berges hinter dem Schlosse erbauten Triumphbogen, der sogenannten Gloriette, von welcher die große Kaiserin Maria Theresia hinüberblickte nach Wien, das mit seinem weitragenden Thurme von St. Stephan am Horizont sich erhebt.

      An das große kaiserliche Residenzschloß, voll von Erinnerungen an die Kaiserin-Königin — und — an Napoleon I., dessen Adler noch heute auf den beiden Obelisken der großen Einfahrt stehen, — und um den weiten Park her liegt das freundliche Hietzing, jene beliebte Sommervilleggiatur der Wiener. Villa reiht sich an Villa, an schönen Sommernachmittagen strömt die elegante Welt von Wien hinaus, um die Konzerte in den großen Gärten der »neuen Welt« oder des »Kasinos« von Dommayer zu hören und sich in den schattigen Gängen des Parks von Schönbrunn zu ergehen, welche