Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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mir wolle man keinen Frieden schließen; — ich will nicht untersuchen, welche Motive die verschiedenen Personen bewegen, die alle in gleichem Sinne sprechen.«

      »Graf Münster, — Windthorst« — sagte Graf Wedel, — »sie hoffen allerdings unter des Kronprinzen Regierung die omnipotenten Minister zu sein —«

      »Gleichviel, wer es ist,« — fuhr der König fort, — »ich kann es verstehen, daß die Königin, daß viele dem Welfenhause ergebene Personen diese Ausführungen für wahr — annehmen, nur schmerzt es mich, daß man glauben kann, ich hätte nicht längst die Rettungsmittel ergriffen, — wenn es eben ein Rettungsmittel wäre. — Als von allen Seiten die Einwirkungen in diesem Sinne kamen, — als die Königin sogar telegraphisch mich dringend bat, zu abdiziren,« fuhr der König langsamer fort, — »da beschloß ich, mit einem Schlage klar zu werden über das, was meine Pflicht sei. Konnte meine Abdankung die Krone meinem Hause retten,« sprach er mit Betonung, »so war es meine Pflicht, zu abdiziren, — that sie dieß nicht, so war es meine Pflicht, alle jene Vorschläge zurückzuweisen; ich sendete deßhalb den Kultusminister von Hodenberg, der sich gerade hier befand, nach Berlin mit dem Aufträge, dem Grafen Bismarck geradezu die Frage zu stellen, ob meine Abdikation meinem Sohne die Krone erhalten könne.«

      »Ah!« machte Gras Wedel.

      »Herr von Hodenberg,« fuhr der König fort, »hatte am späten Abende eine lange und eingehende Unterredung mit dem Grafen Bismarck. Dieser erklärte ihm mit einer durchaus loyalen und anerkennenswerthen Offenheit, daß die Einverleibung Hannovers eine beschlossene Sache sei, welche das Interesse der künftigen Sicherheit Preußens unbedingt nöthig mache und auf welche meine Abdikation ohne jeden Einfluß sein würde. — Herr von Hodenberg stellte dem Grafen vor, daß die Bevölkerung Hannovers der Einverleibung in Preußen widerstrebe und unendliche Schwierigkeiten schaffen werde; der Graf aber erwiederte, daß er das wohl wisse, dadurch aber nicht irre gemacht werden könne in dem, was er für seine Pflicht gegen seinen König und sein Land halte. — Doch,« sagte er, sich unterbrechend, — »das ist hier Nebensache, ich werde Ihnen durch Lex den Bericht des Herrn von Hodenberg geben lassen, — damit Sie ihn ganz lesen, — er ist sehr interessant,— vor Allem aber mußten Sie die Antwort kennen, welche ich auf meine direkte Frage erhalten habe, — jetzt sagen Sie mir — was Sie denken?«

      »Eure Majestät haben tausendmal Recht,« rief Graf Wedel, — »ich sehe von Neuem, wie leicht man vorschnell und falsch urtheilt, wenn man die Verhältnisse nicht kennt.«

      Der Kammerdiener öffnete beide Flügel der Thüre und rief:

      »Seine Majestät der König von Sachsen!«

      Georg V. legte seinen Arm in den des Grafen.

      Rasch schritt er, auf den Arm des Hofmarschalls gestützt, durch das chinesische Vorzimmer.

      An der äußern Thüre desselben erschien die etwas gebückte, schlanke Gestalt des Königs Johann mit dem geistreichen, scharf gezeichneten Profil, dem lebhaften klaren Auge und dem ergrauten Haar. Hinter dem Könige schritt der Flügeladjutant Oberst von Thielau. Der König trug die sächsische Campagne-Generalsuniform.

      Schnell eilte er dem König Georg entgegen und ergriff lebhaft dessen Hand. Graf Wedel trat zurück.

      König Georg nahm den Arm des Königs von Sachsen und schritt, von diesem geführt, in sein Kabinet zurück. Der Kammerdiener verschloß die Thüren.

      Der König Johann führte den König von Hannover zu dem Sessel vor seinem Tisch und zog dann einen in der Nähe stehenden Lehnstuhl heran. Beide Fürsten setzten sich.

      »Ich habe sogleich zu Dir kommen wollen,« sagte der König von Sachsen, — »um Dir mitzutheilen, daß die Grundlagen meines Friedens mit Preußen festgestellt sind.«

      »So wirst Du zurückkehren?« fragte der König Georg.

      »Noch nicht,« erwiederte der König von Sachsen, — »die Ausführungsbestimmungen bedürfen noch längerer Arbeiten und die Truppen können nicht früher zurückkehren, als bis alle neuen Verhältnisse definitiv geordnet sind.«

      — »Und bist Du zufrieden?« fragte der König von Hannover.

      König Johann seufzte.

      »Ich bin zufrieden,« sagte er, »daß mein Haus nicht von meinem Lande getrennt wird, — — im Uebrigen — die Sache, für welche ich mit Ueberzeugung eintrat, ist besiegt, — der Besiegte muß sich dem Schicksal fügen.«

      »Mein Schicksal ist ebenfalls besiegelt,« sagte der König Georg mit trüber Stimme.

      Der König von Sachsen ergriff mit tiefer Bewegung seine Hand.

      »Glaube mir,« sagte er innig, »daß Niemand tiefer und herzlicher mitfühlen kann, was Dich bewegt, — aber,« fuhr er fort, »glaube mir auch, daß ich — wenn ich nur meinem persönlichen Gefühl folgte — weit lieber in Deiner Lage wäre, als in der meinigen. — Lieber — weit lieber — würde ich abtreten vom Schauplatz, mich zurückziehen in ruhige Einsamkeit, der Wissenschaft und den Künsten den Rest meines Lebens widmen, als jetzt einzutreten in neue und fremde, — drückende und demüthigende Verhältnisse,« fügte er seufzend hinzu.

      Der König Georg neigte mit düsterem Ausdruck das Haupt.

      »Und,« fuhr der König Johann lebhaft fort, — »dabei bleibt Deutschland getheilt, statt des einigen, föderalen Deutschlands werden wir zwei streitende Hälften haben, — o,« rief er, »für Deutschland, für seine Größe und Macht wollte ich jedes Opfer bringen, — aber wird dieß Ziel auf diesem Wege erreicht werden?«

      Und sinnend blickte er vor sich hin.

      »Was sagen die Sachsen zu diesem neuen Verhältniß, — wird es nicht große Schwierigkeiten hervorrufen?« fragte der König von Hannover.

      »Das sächsische Volk wird manche schmerzlichen Empfindungen durchzumachen haben,« — erwiederte der König Johann ernst, — »ebenso wie ich, — aber wenn ich meinen Namen unter den Friedenstraktat gesetzt haben werde, so wird mein Wort unverbrüchlich und unter allen Verhältnissen gehalten werden, — und mein Volk wird darin hinter mir stehen. — Ich habe nur den einen Wunsch,« fügte er mit tiefem Seufzer hinzu, — »daß die schmerzlichen Opfer, die ich bringen muß, dereinst wenigstens beitragen möchten, Deutschland groß und einig zu machen!«

      »Auf diesem Wege wird Deutschland nicht zum wahren Heil und zur rechten Größe kommen!« rief der König von Hannover.

      König Johann schwieg.

      »Meinen Minister von Beust muß ich aufgeben,« sagte er nach einer Pause.

      »Fordert man das von Berlin aus?« fragte der König von Hannover.

      »Nicht eben geradezu, — indeß legt man es unabweislich nahe, — außerdem würde seine Lage eine fast unmögliche sein, — ich bedaure es, denn seine Gewandtheit hätte mir das Einleben in die neuen Verhältnisse wesentlich erleichtert. — Vielleicht steht ihm,« fuhr der König fort, »noch ein weiteres Feld offen, auf welchem er seine Fähigkeiten erproben kann, — der Kaiser machte mir Andeutungen, — er scheint die Idee zu haben, ihn demnächst an Mensdorff's Stelle zu sehen, der ja auch hier weder bleiben kann noch will!«

      »Herr von Beust hier in Oesterreich?« rief der König Georg in lebhaftem Erstaunen.

      »Ja,« sagte der König von Sachsen nachdenklich, — »es wird viele Schwierigkeiten haben, — der Erzherzog Albrecht und die Erzherzogin Sophie scheinen eine tiefe Abneigung gegen die Idee zu haben, selbstverständlich muß die Sache bis zur vollständigen Abwickelung aller schwebenden Verhältnisse das tiefste Geheimniß bleiben.«

      »Gewiß,« sagte König Georg. — »Was denkt denn Beust mit Oesterreich zu beginnen?« fragte er sodann, — »er tritt da eine schwere Erbschaft an, — um so schwerer, als er mit vielen feindlichen Elementen im eigenen Hause zu kämpfen haben wird.«

      »Ein wesentliches Element denkt er sich zur Seite zu stellen und es mit dem Hause Habsburg zu versöhnen, — den Ungarn, deren Verstimmung