Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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— sondern strafen, — wenn meine Worte vergessen werden sollten.«

      Sie neigte stumm das Haupt.

      Dann verschwand der feierliche Ernst aus seinem Gesicht, seine Züge nahmen wieder ihre gewohnte, gleichmäßige vornehme Ruhe an.

      »Ist Herr Balzer im Hause?« fragte er.

      »Ich glaube es,« erwiederte sie mit leiser Stimme, — »er hat mich vorher um eine Unterredung bitten lassen.«

      »Ich wünsche ihn zu sehen,« sagte der Graf.

      Sie verneigte sich schweigend und verließ das Zimmer.

      »Welche Szene!« rief der junge Abbé schaudernd, als sie fort war, — »welch' ein entsetzliches Weib!«

      Der Graf blickte sinnend vor sich hin.

      »Und glauben Sie,« fragte der Abbé, »daß sie Ihrer Schonung danken, daß sie umkehren — sich bessern wird?«

      »Ich weiß es nicht,« sagte der Graf ruhig, — »wir müssen hoffen, daß ihr Herz sich einst der Gnade öffnen wird, — jedenfalls ist sie ein Werkzeug von unschätzbarem Werth.«

      »Was beabsichtigen Sie?« fragte der junge Priester erstaunt.

      Langsam setzte sich der Graf in einen Lehnstuhl und winkte dem Abbé, sich an seiner Seite niederzulassen.

      »Mein junger Freund,« sagte er ernst und milde, — »Sie gehören zu der heiligen Liga, Sie sind ein Soldat der streitenden Kirche, Sie haben Geist, Muth und Glaubenstreue, — Sie sind berufen, mit mir zu arbeiten an der Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden, an dem Aufbau des Tempels der Verheißung auf dem Felsen Petri, — ich sage Ihnen, ein großer Kampf, eine große Arbeit steht uns bevor, — eine Arbeit auf neuer Grundlage.«

      Er schwieg nachdenkend.

      »Was wir bisher gethan und vorbereitet, ist zertrümmert,« sagte er dann, »eine neue Phase beginnt. Oesterreich hat sich losgesagt von dem Grunde seiner Existenz, — es hat sich losgesagt von der Kirche, auf deren Boden dieser Kaiserstaat erwachsen ist, durch die er allein gehalten und in die Zukunft hinübergeführt werden konnte. — Dem ersten Schritt auf dieser Bahn werden schnell andere folgen nach dem unerbittlichen Gesetz der logischen Konsequenz — wir müssen Oesterreich aus unserer Rechnung streichen. Ob wir mit Frankreich rechnen können, ist mir nicht klar, — es möchte so scheinen auf den ersten Blick, — aber das Fundament des jetzigen Frankreichs bietet uns keine Garantieen, — es ist eine dämonische Gewalt, die dort herrscht, — und diese Gewalt hat ja zuerst die Hand an das alte, heilige Recht der Kirche gelegt, — ich sehe,« fuhr er, wie im Anschauen der Bilder seines Geistes verloren, fort, — »ich sehe die Welt in neue Formen sich hineinbilden, ich sehe die deutsche Nation langsam erwachen zu mächtigem Auferstehen, — sollte es der Wille der Vorsehung sein, daß das Reich deutscher Nation, das einst zerbröckelnd auseinanderfiel, der feste Grundstein des Reiches Gottes werde? — Die Zukunft wird es zeigen,« sagte er nach einer Pause, — »wir aber müssen auf der Warte stehen, wir müssen die neue Zeit mit scharfem Blick erfassen, unsere Macht in ihr begründen, um mit sicherer Hand in die Ereignisse eingreifen zu können. Was uns zu thun obliegen wird, läßt sich jetzt nicht übersehen, — jedenfalls ist hier weder etwas zu sehen, noch etwas zu thun, hier sind Trümmer, die allmälig zu Schutt zerfallen werden. — Ich gehe nach Paris,« fuhr er das Haupt emporrichtend fort, »dort ist der Mittelpunkt der sich vorbereitenden Ereignisse, dort werden wir mit klarem Blick die Fäden überschauen, welche die Welt lenken — Sie begleiten mich?« — sagte er halb fragend, halb im Tone bestimmter Aufforderung.

      Der Abbé verneigte sich.

      »Ich bin angewiesen,« erwiederte er, »zu Ihrer Verfügung zu stehen, und es erfüllt mich mit Freude und Stolz, unter einem Meister, wie Sie, thätig zu sein.«

      »Ich werde diese Frau mit mir nehmen,« sagte der Graf, — »ich werde sie von ihren hiesigen Verhältnissen lösen und sie auf einen Boden stellen, wo sie ihre eminenten Fähigkeiten entfalten kann, — sie wird jetzt, da sie sich in meinen Händen weiß, große Dienste leisten.«

      Der Abbé blickte erschrocken auf.

      »Diese Frau?« sagte er, — »mit solchen Werkzeugen sollen wir unsere heilige Sache beflecken?«

      Der Graf richtete sein ausdrucksvolles Auge groß und fest auf den jungen Priester.

      »So sind auch Sie angesteckt von den Zweifeln der schwachen Seelen,« sagte er langsam, — »welche den Zweck wollen, aber ängstlich die Mittel prüfen?«

      »Kann die Sünde dem Himmel dienen?« fragte der Abbé zögernd.

      Der Graf stand auf. Hoch richtete sich seine schlanke Gestalt empor, sein leuchtender Blick maß stolz den jungen Priester vor ihm und in vollem Tone sprach er mit dem Ausdruck klarer und fester Ueberzeugung: »Dient nicht der flammende Wetterstrahl, der da tödtet und die Hütte der Armuth in Asche legt, den ewigen Absichten Gottes, — sind nicht alle zerstörenden Kräfte der Natur wiederum wunderbare Mittel in der Hand der Allmacht? Das eben ist ja die Allmacht Gottes, daß auch das Böse dem Guten dienen, zum guten Ziel sich fügen muß — und selbst jener große Dichter der Deutschen, der nicht auf dem Boden des Glaubens steht — malt seinen Teufel richtiger und wahrer, als sonst die Welt, — als eine Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft! — Nun,« rief er, und ein Ausdruck mächtiger Energie flammte in seinem Auge, »wir wollen die Krieger der streitenden Kirche sein, wir wollen ihre Feinde zertrümmern und dem Kreuz zum Siege verhelfen — und wir sollten feige zurückbeben vor dem Teufel, sollten seine Macht anerkennen und fürchten? Nein, wir müssen die Kraft in uns fühlen, die dämonischen Mächte der Finsterniß zu zwingen, daß sie dem Himmel dienstbar werden; das ist der wahre Sieg über die Sünde; nicht der Sieg des ängstlichen Schulknaben, der sie flieht, um ihr nicht zu unterliegen, sondern der Sieg des Herrn und Meisters, der im Namen Gottes den gefallenen Engel zwingt, gegen die Mächte der Welt zu fechten!«

      »Verzeihen Sie,« sprach der Abbé mit zweifelndem Ton, — »ist es nicht Vermessenheit, wenn wir, die schwachen, sündhaften Geschöpfe, mit den Kräften der Finsterniß zu schalten unternehmen, wie es die allwissende und allmächtige Hand Gottes kann und darf, — können wir nicht jenen zur Beute werden, während wir glauben sie zu beherrschen?«

      Der Graf sah ihn mit strengem, fast zürnendem Blick an.

      »Die Welt,« sagte er, »kämpft gegen uns mit allen Mitteln, welche sie besitzt, — und sie wählt die schärfsten am meisten und liebsten, — sollen wir in den heiligsten Kampf, den es gibt, mit ungleichen Waffen eintreten, — welche uns zum Voraus die Niederlage gewiß machen? Nein und tausendmal nein, die schärfsten, die schneidendsten Waffen muß unsere Hand führen, schärfer und schneidender, als die der Gegner! — Das Schwert tödtet,« fuhr er fort, — »und es steht geschrieben: Du sollst nicht tödten! Dennoch sehen Sie, daß Hunderttausende das Schwert an der Seite tragen und ihre Lebensaufgabe darin finden, die Kunst des Tödtens regelrecht und taktisch zu erlernen! — Warum richtet man sie nicht, diese Heere, — warum bekränzt man sie mit Lorbeeren, wenn sie durch den Mord von Tausenden — von tausend Unschuldigen siegreich geworden sind? — Weil sie die Waffe führen im Dienst eines guten und wahren Prinzips, im Dienste der Vertheidigung des Herdes, im Dienste des Ruhmes und der Größe des Vaterlandes. Und das Vaterland gehört doch dieser Welt, gehört der vergänglichen Erde! — Wir aber sollten zögern und bangen, das Schwert zu führen mit der Hand und dem Geiste, wenn es gilt die Vertheidigung der ewigen Heimat unserer Seele — wenn es gilt dem Ruhm, der Macht und Größe des ewigen Vaterlandes der ganzen Menschheit, des unsichtbaren, allerheiligsten Reiches Gottes? — Wahrlich, mein junger Freund, — Diejenigen, welche für irdische Güter das Schwert ziehen und das Blut ihrer Mitmenschen vergießen, haben kein Recht, uns in der Wahl unserer Mittel zu beschränken, die wir für das ewige, unvergängliche Gut streiten. Aber — es sind unsere Feinde vor Allem, welche uns die stumpfen Waffen in die Hand drücken möchten, damit sie ihres Sieges gewiß sind, — und gelingt es ihnen, Zweifel in unsere Seelen zu werfen, so ist der Sieg ihnen im Voraus gewonnen. Verbannen Sie den Zweifel aus Ihrem Herzen, stärken Sie Ihre Seele, sonst kann