Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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trug den schwarzen Priesterrock, seine Haltung war einfach elegant und würdig zugleich, sein scharf geschnittenes, blasses, von kurzem dunklem Haar umrahmtes Gesicht trug den Ausdruck geistlicher Ruhe, festen und klaren Selbstbewußtseins, die dunklen Augen blickten voll Intelligenz unter den scharf gezeichneten Brauen hervor.

      »Die Comtesse ist ergeben in den Willen Gottes und vorbereitet, das heilige Sakrament zu empfangen, um gerüstet zu sein, wenn der ewige Rathschluß Gottes unsere Gebete für ihre Erhaltung nicht erhören sollte,« sprach er langsam mit tiefer, wohltönender Stimme.

      »O mein Gott, mein Gott!« rief Herr von Stielow voll Verzweiflung, »ich beschwöre Sie, Frau Gräfin, — greifen Sie zu dem Rettungsmittel, das der Himmel Ihnen bietet!«

      »Der Herr Graf Rivero,« sagte die Gräfin Frankenstein, auf den Grafen deutend, zu ihrem Beichtvater, — »erbietet sich, meine Tochter zu retten durch Mittel, welche ihm sein Studium der Medizin an die Hand gibt, — Sie verstehen, — ich bitte nochmals um Verzeihung, Herr Graf, — daß ich bedenklich bin, wo es sich um das Leben meines Kindes handelt, — ich erwarte den Arzt jeden Augenblick, — auch Oppolzer wird wieder kommen, — er hatte freilich wenig Hoffnung.« —

      Pater Ignatius warf einen scharfen, forschenden Blick auf den Grafen, den dieser mit ruhiger Würde, fast mit dem Ausdruck stolzer Ueberlegenheit erwiederte.

      »Es ist allerdings eine schwere und ernste Frage,« sagte der Pater zögernd.

      »Mit jeder Minute wird die Rettung schwerer,« rief der Graf mit einiger Lebhaftigkeit, — »ich glaube,« fuhr er dann ruhig fort, »daß der Herr Pater in diesem ausnahmsweisen und äußersten Fall gewiß meiner Ansicht sein wird, daß man Alles versuchen und auch dem außergewöhnlichen Rettungsmittel Vertrauen schenken müsse.«

      Er hatte bei diesen Worten den Blick fest und voll auf den Beichtvater der Gräfin gerichtet, — leicht erhob er die Hand und machte über Stirn und Brust auf eine besondere Weise das Zeichen des Kreuzes.

      Erstaunt, beinahe erschrocken sah der Pater ihn an, fast demüthig senkte sich sein Blick vor dem großen, strahlenden Auge des Grafen und schnell sich zur Gräfin wendend sprach er:

      »Es wäre ein Frevel gegen die heilige Vorsehung, wollten wir nicht dankbar das Rettungsmittel ergreifen, das die sichtbare Fügung Gottes in dieser äußersten Noth und Gefahr uns sendet. Sie würden Ihr Gewissen beschweren, Frau Gräfin, wollten Sie die dargebotene Hülfe zurückweisen.«

      Die Gräfin Frankenstein sah den Geistlichen ein wenig verwundert an.

      »So kommen Sie,« sprach sie nach einem augenblicklichen Schweigen zu dem Grafen Rivero.

      Und Alle gingen nach der Wohnung der jungen Gräfin hinüber. In ihrem Zimmer blühten noch die Blumen, ruhig stand das Christusbild in der Nische und zu seinen Füßen lag das Etui mit der trockenen Rose.

      Die Portièren nach dem Schlafzimmer, einem geräumigen Gemach mit grauer Seidentapete, waren weit zurückgeschlagen, ebenso die dunklen grünen Vorhänge des Bettes, und man sah die junge Gräfin in weißem Negligé ruhig auf den Kissen liegen. Der Aermel des rechten Armes war aufgeschlagen und der stark angeschwollene Arm mit Kompressen belegt, welche die neben dem Bette sitzende Kammerjungfer in kurzen Zwischenräumen mit einer stark riechenden Feuchtigkeit aus einer Arzneiflasche befeuchtete.

      Das Gesicht der Comtesse war stark geröthet, ihre Augen hatten fieberhaften Glanz, blickten aber mit ruhig ergebenem, wenn auch tief traurigem Ausdruck den Eintretenden entgegen.

      Bei dem Anblick des leidenden jungen Mädchens stürzte Herr von Stielow allen Anderen voraus, fiel am Rande des Bettes auf die Kniee nieder und rief, die Hände faltend, mit halb erstickter Stimme: »Klara,— meine Klara!«

      Sie blickte Ihn mit unendlich liebevollem Blick an.

      »Mein geliebter Freund!« sagte sie sanft und streckte ihm ihre zarte linke Hand entgegen, — »wie schön ist das Leben, — wie schmerzlich ist es, an den Tod zu denken, — der mir so nahe sein soll, — Gott wird gnädig sein und uns nicht trennen!«

      Herr von Stielow beugte das Haupt auf die Hand seiner Geliebten und berührte sie leicht mit den Lippen. Er war keines Wortes mächtig. Nur ein heiserer, schwerer Seufzer drang aus seinem Munde.

      Mit festem Schritt und rascher, gebietender Bewegung trat der Graf Rivero an das Bett.

      »Hoffen Sie, Comtesse,« sprach er mit sicherer, klarer Stimme, — »Gott wird meine Hand segnen! — Und nun, Herr Baron, überlassen Sie mir den Platz — die Augenblicke sind kostbar!« Er berührte leicht die Schulter des knieenden jungen Mannes.

      Dieser stand schnell auf und trat zurück.

      Der Graf entfernte die Kompressen und untersuchte mit kaltem, prüfendem Blick den Arm. Dieser war von unten herauf stark geschwollen, bläulich gefärbt, dick aufgelaufene Streifen zogen sich bis zum Schultergelenk herauf.

      Alle Blicke ruhten mit äußerster Spannung auf dem ernsten Gesicht des Grafen, der scharf die Wunde betrachtete und mit tastendem Finger die Streifen der Geschwulst verfolgte. Die Comtesse blickte mit einem Blick, in welchem sich Erstaunen und hoffnungsvolles Vertrauen mischte, auf diesen ihr fast unbekannten Mann, der in so sicherer Ruhe vor ihr stand und mit so zuversichtlicher Stimme ihr gesagt hatte: »Hoffen Sie!«

      Der Graf hatte seine Untersuchung vollendet.

      »Es ist ganz richtig,« sprach er, — »verwesende Materie ist in die Wunde gedrungen, die Vergiftung ist weit vorgeschritten, — fast wäre es zu spät gewesen!«

      Er öffnete das schwarze Kästchen, welches er mitgebracht und neben sich auf den Tisch gestellt hatte.

      Dasselbe enthielt einen kleinen chirurgischen Apparat und mehrere Fläschchen von geschliffenem Krystall.

      Der Graf nahm ein Messer mit goldenem Griff und hellpolirter glänzender Klinge.

      »Ich bitte um Verzeihung, Comtesse,« sagte er mit dem ruhigen Tone des Weltmannes, — »ich muß Ihnen wehe thun, — aber es ist nothwendig.«

      Die junge Gräfin lächelte.

      Der Graf nahm mit fester Hand den leidenden Arm und schnell wie der Blitz machte er im Kreuz zwei tiefe Schnitte in die Wunde.

      Ein dickes, mit Eiter vermischtes Blut quoll daraus hervor.

      »Ein Tuch!« rief der Graf.

      Man reichte ihm ein Batisttuch, — er entfernte schnell das Blut, ergriff eines der Krystallfläschchen, öffnete die Wunde weit und goß einen Theil des Inhalts in dieselbe.

      Das Gesicht der Comtesse wurde todtenblaß, — sie schloß die Augen, krampfhaft drückte sie die Lippen auf einander.

      »Schmerzt es?« fragte der Graf.

      »Entsetzlich!« hauchte das junge Mädchen kaum hörbar.

      Der Graf nahm aus dem Kästchen eine kleine Spritze mit scharfer Stahlspitze, füllte sie mit der Flüssigkeit aus dem Flacon, und der Geschwulst folgend spritzte er an den Endpunkten der angelaufenen Streifen an verschiedenen Stellen diesen Inhalt in das Fleisch des Arms.

      Immer schmerzlicher verzog sich das Gesicht der Comtesse, die Gräfin Frankenstein blickte mit angstvoller Besorgniß auf die Manipulationen des Grafen, Herr von Stielow rang in stummem Schmerz die Hände, Pater Ignatius hatte die Hände über der Brust gefaltet und bewegte die Lippen in stummem Gebet.

      Der Graf nahm ein anderes Flacon, füllte ein Glas zur Hälfte mit reinem Wasser und zählte langsam und vorsichtig eine Anzahl Tropfen von der in dem Fläschchen enthaltenen Flüssigkeit hinein.

      Das Wasser färbte sich blutroth, — ein starker, eigentümlich durchdringender Geruch verbreitete sich im Zimmer.

      Der Graf berührte leicht mit seinem Finger die Stirn der Kranken.

      Sie öffnete die Augen — ihr Gesicht zuckte noch von brennendem Schmerz.

      »Trinken Sie dieß!« sagte der Graf in mildem, aber unbedingt befehlendem Ton. Zugleich