Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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ich hoffe, es wird nichts Ernstes sein,« sagte Herr von Stielow, — »meine Braut — Sie wissen, daß ich verlobt bin?«

      »Ich habe es gehört,« sagte der Graf — »und wollte auch dazu Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch aussprechen.«

      Herr von Stielow verbeugte sich leicht und sprach: »Meine Braut ist leidend, ein sonderbarer Unfall hat sie betroffen — der mich in hohem Grade beunruhigt, — ich war so eben im Begriff, zu ihr zu eilen, um zu sehen, wie es steht, und um zu hören, was Oppolzer gesagt hat, den der Hausarzt heute früh zugezogen.«

      »Oppolzer konsultirt?« rief der Gras mit erschrecktem Ausdruck, — »mein Gott, — ist die Comtesse denn ernstlich leidend?«

      »Man sollte es kaum glauben,« sagte Herr von Stielow, — »indeß die Symptome sind höchst bedenklich; — eine leichte Verwundung am Handgelenk hat sich so auffallend verschlimmert und einen so krankhaften Zustand hervorgerufen.« —

      »Eine Verwundung!« rief der Graf — sein Gesicht wurde sehr ernst und zeigte den Ausdruck der höchsten Aufmerksamkeit.

      »In der Halle des Nordbahnhofs — als meine Braut die Verwundeten besuchte,« sagte der junge Offizier, — »hat eine andere Dame bei dem Abschneiden eines Stückchens Leinwand sie leicht mit einer kleinen Scheere verletzt, — es war kaum eine Wunde zu nennen — aber im Laufe des gestrigen Abends ist eine so heftige Anschwellung des Arms, Schmerzen und Starrheit — Fieber eingetreten, der Arzt fürchtete, daß irgend ein Medikament an der Scheere gewesen sein könnte, — doch hat er es nicht ergründen können. — Sie verzeihen mir unter diesen Umständen,« sagte er, dem Grafen die Hand drückend, »daß ich Sie bitte, mich zu entschuldigen.« —

      Der Graf hatte in tiefem Ernste zugehört, sein Gesicht war blaß geworden, sein großes dunkles Auge blickte sinnend in das bewegte Antlitz des jungen Mannes.

      »Lieber Baron,« sagte er langsam, — »ich interessire mich lebhaft für Sie, aufrichtig und von Herzen, — vielleicht kann ich Ihnen nützlich sein. Ich habe mich in früheren Jahren sehr eingehend mit tiefen medizinischen Studien beschäftigt, — namentlich die Kenntniß der Gifte und Gegengifte, — welche einst,« fuhr er mit leichtem Seufzer fort, »in meinem Vaterlande eine so wichtige und furchtbare Rolle spielten, ist der Gegenstand meines hohen Interesses gewesen, — ist durch einen unglücklichen Zufall an jener Scheere irgend ein schädliches oder gefährliches Mittel gewesen, so wird es mir vielleicht gelingen können, Hülfe zu bringen, — wollen Sie mir erlauben, Ihre Braut zu sehen?«

      Und mit tiefer Stimme, im Tone der festesten Ueberzeugung fügte er hinzu:

      »Glauben Sie mir, — ich würde nicht Jedem meine Hülfe anbieten, — ich glaube aber, — wenn ernste Gefahr vorhanden und Hülfe überhaupt möglich ist, meiner Sache sicher zu sein.«

      Herr von Stielow hatte zuerst mit stummem Erstaunen das Anerbieten des Grafen angehört, — dann leuchtete ein Strahl freudiger Dankbarkeit aus seinem Auge und schnell die Hand des Grafen ergreifend, rief er lebhaft:

      »Kommen Sie!«

      »Wir müssen an meiner Wohnung vorbeifahren, um einige Präparate mitzunehmen!« sagte der Gras, — »wenn wirklich irgend eine Art von Vergiftung stattgefunden, so kann die Rettung von Augenblicken abhängen!«

      Statt aller Antwort ergriff der junge Mann den Arm des Grafen und zog ihn lebhaft mit sich fort.

      Sie stiegen in den unten bereit stehenden Fiaker, einen der besten Schnellfahrer Wiens, und waren in wenig Minuten vor der nicht entfernten Wohnung des Grafen. Dieser stieg aus und kehrte schnell mit einem kleinen schwarzen Kästchen zurück. Nach einer schnellen Fahrt stiegen sie vor dem Hause der Gräfin Frankenstein aus und traten in den Empfangssalon.

      Der im Vorzimmer wartende Diener hatte sie mit schmerzlicher Miene empfangen und auf die schnelle Frage des Herrn von Stielow nach dem Befinden der Comtesse mit fast weinender Stimme geantwortet:

      »Ach Gott, Herr Baron, — es ist ein entsetzliches Unglück, — die arme Comtesse ist sehr schlecht, — man hat nach dem Beichtvater geschickt, und so eben auch zu Ihnen, Herr Baron,« und dann war er fortgeeilt, um die Gräfin zu benachrichtigen.

      Herr von Stielow eilte mit großen Schritten im Salon auf und nieder, Schmerz und Verzweiflung im Gesicht.

      Der Graf wartete ruhig und unbeweglich, die Hand auf die Lehne eines Sessels gestützt.

      Nach wenigen Augenblicken erschien die Gräfin Frankenstein — blaß und abgespannt, — die Augen vom Wachen ermüdet und von Thränen geröthet.

      Sie warf einen Blick des Erstaunens auf den Grafen, den sie einigemal in Gesellschaften gesehen hatte, und dessen Gegenwart hier in diesem Augenblick ihr unerklärlich war.

      Herr von Stielow eilte auf sie zu und mit Ungestüm ihre Hand ergreifend rief er mit bebender Stimme:

      »Um Gotteswillen, — wie steht es, — was ist es mit Klara?«

      »Fassen Sie sich, lieber Stielow,« sagte die Gräfin ruhig, aber mit leichtem Schluchzen in der Stimme, — »die Hand des Herrn hat uns schwer getroffen, — wenn er kein Wunder thut, werden wir sie verlieren!«

      Und sie brach in leises Weinen aus.

      »Aber mein Gott, was ist es denn, — was hat der Arzt gesagt?« rief der junge Mann mit dem Blick starren Entsetzens, »was ist in der Wunde?«

      »Klara muß einen Todten berührt haben, — es ist Gift ans einer Leichenwunde in ihr Blut gedrungen, — es ist kaum Hoffnung, sie zu retten« — sagte sie tonlos.

      »Ich muß zu ihr — ich muß sie sehen!« rief der . junge Mann in wildem Tone.

      »Ihr Beichtvater ist bei ihr,« sagte die Gräfin, »um ihr Trost und Muth zuzusprechen, — lassen Sie sie erst mit Gott einig werden!«

      Und das Haupt erhebend, zwang sie sich gewaltsam zur Ruhe und richtete einen fragenden Blick auf den Grafen, der schweigend und ernst dastand und dessen Blick bei der Erwähnung des ärztlichen Urtheils über die Natur des Leidens der Comtesse zornig aufgeblickt, dann aber sich mit Ausdruck freudigen Dankes zum Himmel erhoben hatte.

      Als der Blick der Gräfin sich auf ihn richtete, trat er mit dem sichern Anstand des Weltmannes vor und sich leicht verbeugend sprach er:

      »Sie werden sich meiner erinnern, Frau Gräfin, obgleich ich nur einigemal die Ehre hatte, Ihnen zu begegnen. — Ich glaube, Herr von Stielow wird mir erlauben, mich seinen Freund zu nennen, — er sprach mir von dem auffallenden Leiden, von welchem die Comtesse befallen ist, — und ich habe mich erboten, meine in früheren Jahren erworbenen ärztlichen Kenntnisse in Anwendung zu bringen, um zu helfen, wenn es möglich wäre, ehe ich wußte, um was es sich handelt. Jetzt habe ich gehört, welcher entsetzliche Fall hier vorliegt, und — wenn Sie mir das Vertrauen schenken wollen, so bitte ich Sie, mir schleunigst die Anwendung eines Mittels zu erlauben, von dem ich mir, — so Gott will, — Rettung verspreche.«

      Mit tiefem Erstaunen hatte die Gräfin zugehört.

      »Sie — Herr Graf — ein Arzt?« — fragte sie.

      »Ein Arzt aus Neigung,« erwiederte er, — »darum aber nicht schlechter als Viele, die es aus Beruf sind.«

      Die Gräfin blickte ihn zögernd an.

      »Ich bitte Sie um Gotteswillen, lassen Sie den Grafen gewähren,« rief Herr von Stielow, — »jede Hülfe müssen wir annehmen, — mein Gott, mein Gott! ich kann sie nicht verlieren.«

      »Herr Graf,« sagte die Gräfin Frankenstein, — »ich danke Ihnen von ganzem Herzen — für Ihre Teilnahme und Ihr Anerbieten, — Sie verzeihen mein Bedenken,« fuhr sie zögernd fort, — »das Leben meines Kindes —«

      »Bedenken und Zögern kann hier tödtlich sein,« sagte der Graf ruhig.

      Die Gräfin blickte sinnend vor sich hin, Herrn von Stielow's Blicke hingen mit dem Ausdruck der Todesangst an ihrem Gesicht.

      Die