Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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hat er Widerspruch erhoben?« fragte der König.

      — 193 —

      »Er hat,« erwiederte Graf Bismarck, »einige Redensarten über Verträge und europäisches Gleichgewicht gemacht, welche im Munde eines napoleonischen Diplomaten etwas eigentümlich klingen, — indeß hat er nichts eingewendet, — nur was Sachsen betrifft —«

      »Nun?« fragte der König.

      »Was Sachsen betrifft,« fuhr Graf Bismarck fort, »hat — wie Benedetti sich ausdrückt, der Kaiser Napoleon sich die unbedingte österreichische Forderung angeeignet, die territoriale Integrität Sachsens zu erhalten.«

      Der König blickte nachdenkend zu Boden.

      »Das heißt« — fuhr Gras Bismarck fort, — »man schiebt von Paris aus Oesterreich vor, — aber gleichviel, die Erhaltung Sachsens wird ernstlich verlangt. — Eure Majestät müssen sich also nun entscheiden, — ob Sie in diesem Punkte eine Konzession machen wollen, oder nicht.«

      »Was ist Ihre Meinung?« fragte der König.

      »Auf die Einverleibung Sachsens zu verzichten, Majestät, um die augenblickliche Lage nicht zu kompliziren, eine absolute Nothwendigkeit zur Einverleibung Sachsens liegt nicht vor, — ich glaube auch in militärischer Beziehung —«

      Und er richtete den Blick fragend auf den General von Moltke.

      »Wenn Sachsen in den Militärverband des norddeutschen Bundes tritt und seine Verpflichtungen ernstlich erfüllt — nein!« sagte der General.

      »Der König Johann wird sein Wort unverbrüchlich halten!« sagte der König, indem ein warmes Licht in seinem Auge glänzte, — »so sei denn die Erhaltung Sachsens zugestanden, — es thut mir ungemein wohl, in diesem Falle die harten Folgen des Krieges für einen hochachtungswerthen Fürsten mildern zu können.«

      Graf Bismarck verneigte sich.

      »Frankreich acceptirt also,« fuhr er fort, »ebenso wie Oesterreich alle in Norddeutschland vorzunehmenden Gebietsveränderungen — doch nun beginnt eine besondere Verhandlung über die Kompensationen.«

      Des Königs Antlitz verfinsterte sich.

      »Hat man Forderungen gestellt?« fragte er.

      »Nein — doch hat mir Benedetti sehr bestimmt diejenigen bezeichnet, die man stellen wird, — und auf die ich übrigens gefaßt war,« — erwiederte Graf Bismarck.

      »Und die heißen?« fragte der König.

      Ruhig und lächelnd antwortete Graf Bismarck:

      »Die Grenzen von 1814, Luxemburg und — Mainz!«

      Der König fuhr zusammen, wie von einem elektrischen Schlage berührt. Ueber das blasse feine Gesicht des Generals von Moltke flog eine dunkle Röthe und ein sarkastisches Lächeln umspielte seinen Mund.

      »Und was haben Sie geantwortet?« fragte der König, die Zähne aufeinander pressend.

      »Ich habe die Verhandlungen über diese Punkte vertagt, — bis nach dem Friedensschluß mit Oesterreich — um so mehr, da Benedetti sie nur als seine Ansicht aussprach, — ich also gar nicht gezwungen war, eine bestimmte Antwort zu geben.«

      »Sie wissen doch,« sagte der König mit strengem Ausdruck und Ton, »daß ich niemals einen Fuß breit deutscher Erde abtreten werde?«

      »So gewiß,« erwiederte Graf Bismarck, »als Eure Majestät, wie ich hoffe, überzeugt sind, daß meine Hand niemals einen solchen Vertrag unterzeichnen würde! — Doch,« fuhr er fort, »unnütz einen Bruch und vorzeitige Verlegenheiten und Verwickelungen hervorzurufen, halte ich nicht für richtig; — wenn jetzt Frankreich kriegerisch aufträte —«

      »So würden wir nach Paris gehen,« sprach General Moltke gelassen. »Napoleon hat keine Armee!«

      »Graf Goltz glaubt das nicht,« sagte der Ministerpräsident, — »wenn ich darüber Gewißheit haben könnte — — doch« — fuhr er fort, — »in jedem Fall ist es besser, den Frieden mit Oesterreich zu schließen und die Verhandlungen über die Kompensationen, welche jetzt von Frankreich nicht offiziell eingeleitet sind, nicht zu provoziren. — Sind wir hier fertig, dann soll den Herren in Paris die Antwort werden, die ihnen gebührt und eine kleine Ueberraschung dazu — ich komme jetzt auf Herrn von der Pfordten, Majestät!«

      Der König blickte ihn fragend an.

      »Eure Majestät erinnern sich,« sagte Graf Bismarck, »der Stellung, welche das Friedensprogramm den süddeutschen Staaten gibt —«

      »Gewiß,« erwiederte der König — »und diese Stellung erregt mir noch immer große Bedenken für die Zukunft!«

      »Die Absicht dabei ist klar,« erwiederte der Ministerpräsident, »in Paris will man Deutschland spalten und die eine Hälfte durch die andere im Schach halten, — in Wien will man die Wiederaufnahme des jetzt verlorenen Spieles für die Zukunft vorbereiten. Ich hoffe, man wird sich verrechnen. — Ich habe,« fuhr er fort, »Herrn von der Pfordten sehr milde Friedensbedingungen in Aussicht gestellt, wenn Bayern in einem besondern geheimen Vertrage die Oberfeldherrnschaft Eurer Majestät über das bayerische Heer im Kriegsfälle acceptirt.«

      Des Königs Augen leuchteten.

      »Dann würde ja Deutschland einig sein!« rief er. — »Und er hat angenommen?« fragte er weiter.

      »Mit Dank und freudiger Bewegung,« erwiederte Gras Bismarck, — »und auch Württemberg und Hessen wird ihm folgen, wie er mich versicherte. Ich möchte nun bitten, daß General Moltke die Güte hatte, den betreffenden Vertrag zu entwerfen, damit wenn Herr von der Pfordten mit der Genehmigung des Königs zurückkehrt, Alles schnell abgemacht werden kann, — auch für Württemberg und Hessen. Bis dahin müßte auch der General Manteuffel die definitive Erklärung über die Waffenruhe verschieben, um eine heilsame Pression auszuüben. — Ich hoffe,« fuhr er lächelnd fort, »der Kaiser Napoleon wird nach dem Friedensschluß bemerken, daß die Atouts in dem von ihm so fein gemischten Spiel in unserer Hand sind, — und dann soll auch die Kompensationsfrage erledigt werden.«

      »Sehen Sie, Moltke,« sagte der König lächelnd und mit einem freundlichen Blick auf den Ministerpräsidenten — »diese Diplomaten bleiben sich doch immer gleich — auch wenn sie Uniform tragen! — Doch,« fuhr er ernster fort, »Benedetti darf mit mir nicht über die Kompensationen sprechen, — ich würde meine Antwort nicht vertagen können!«

      Graf Bismarck verneigte sich.

      »Doch, Majestät,« sagte er, »wir müssen die Aufmerksamkeit noch nach einer andern Seite richten. — Die Stimmung am russischen Hofe ist nicht günstig, — ich fürchte, daß dort unsere neuen Erwerbungen sehr verstimmen werden.«

      »Ich fürchtete es,« sagte der König.

      »Es ist nothwendig,« fuhr Graf Bismarck fort, »nach jener Seite die Luft völlig rein zu machen, die Einflüsse und Anschauungen, die dort vorwiegen könnten, zu paralysiren und Rußland darauf aufmerksam zu machen, wie hohes Interesse es an der Freundschaft Preußens und Deutschlands hat, — jetzt — und für die Zukunft. Es wird nothwendig sein, eine geschickte Person nach Petersburg zu senden. Ich werde Eurer Majestät eine Darlegung meiner Gesichtspunkte in dieser Richtung vorlegen, welche, wenn sie die Allerhöchste Genehmigung finden, dem Abgesandten als Instruktion dienen können.«

      »Thun Sie das,« — sagte der König lebhaft, — »mir liegt nicht nur politisch, sondern auch persönlich sehr viel daran, die ungetrübte Freundschaft Rußlands zu erhalten. — Ich werde Manteuffel hinschicken,« sprach er nach kurzem Nachdenken, »er ist ganz der Mann dafür — sobald die Aktion gegen Bayern beendet ist.«

      Gras Bismarck verneigte sich schweigend.

      Dann sagte er:

      »So eben, Majestät, ist ein hannöverischer Flügeladjutant mit einem Briefe des Königs hier eingetroffen. Er hat mir ein Schreiben des Grafen Platen gebracht.«

      Ein tief schmerzlicher