Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу

      »Der General von der Tann ist eine hohe militärische Kapazität, — ob er aber die Verantwortlichkeit für irgend ein Exponiren der bayerischen Truppen für nicht rein bayerische Zwecke übernehmen will, — ob er eine solche Verantwortlichkeit bei dem Charakter des Prinzen übernehmen kann — ich bezweifle es —«

      »Sie erwarten also —?« fragte der Kaiser gespannt.

      »Wenig!« sagte Herr von Knesebeck.

      »Und von den andern deutschen Korps?« fragte der Kaiser.

      »Das achte Korps kann ohne Bayern nichts machen — und über die badischen Truppen waren bei meiner Abreise eigentümliche Nachrichten gekommen,« sagte Herr von Knesebeck.

      »Sollte Baden sich von uns abwenden?« rief der Kaiser.

      »Ich weiß nicht,« — sagte Herr von Knesebeck, — »der Eindruck der Nachrichten von Königgrätz, die dort vielleicht übertrieben werden —« — er zuckte die Achseln.

      »Die Reichsarmee!« rief der Kaiser und stampfte mit dem Fuße auf den Boden. — »Sollten Sie glauben,« rief er lebhaft, — »daß die Sonne Oesterreichs untergehe? — Abend ist's freilich,« sagte er finster, — »Nacht vielleicht — aber,« rief er mit flammendem Blick — »auf die Nacht kann ein Morgen folgen!«

      »Die Sonne ist es gewohnt, in den Reichen der Habsburger nicht unterzugehen, vertrauen Eure Majestät diesem leuchtenden Stern Ihres Kaiserlichen Hauses!« sagte Herr von Knesebeck.

      »Und bei Gott!« rief der Kaiser, — »wenn das Gestirn des Tages in diesem Feldzug noch einmal wieder glückbringend aufgeht über meinem Hause und Oesterreich — dann soll Ihr König im vollen Glanze der Macht und des Glücks neben mir stehen in Deutschland!« Und er reichte mit einer unnachahmlich edlen Bewegung dem General die Hand.

      Der Flügeladjutant trat ein.

      »Graf Mensdorff, Kaiserliche Majestät, ist zurückgekehrt und bittet um Audienz!«

      »Ah!« rief der Kaiser mit tiefem Athemzug, — »sogleich, sogleich, — ich erwarte ihn mit Ungeduld!«

      Und er trat schnell dem Grafen Mensdorff entgegen, der auf den Wink des Majors von Fejérváry auf der Schwelle des kaiserlichen Kabinets erschien.

      »Haben Eure Kaiserliche Majestät noch Befehle für mich?« fragte Herr von Knesebeck.

      »Bleiben Sie, bleiben Sie, lieber General!« rief der Kaiser, — »die Nachrichten des Grafen Mensdorff sind für Sie von eben so hohem Interesse, wie für mich!«

      Der General verneigte sich.

      »Und nun, Graf Mensdorff,« rief der Kaiser mit zitternder Stimme, »sprechen Sie — das Schicksal Oesterreichs hängt an Ihren Lippen!«

      Graf Mensdorff stand vor seinem Souverän in fast gebrochener Haltung — die Strapazen der Reise in's Hauptquartier hatten seinen kränklichen Körper schwer erschüttert, tiefe Linien hatte die nervöse Anspannung in sein Antlitz gezogen, ein schmerzhafter Zug lag um seinen Mund und nur die dunkeln Augen leuchteten in fieberhaftem Glanz.

      »Sie sind erschöpft!« rief der Kaiser, — »setzen Sie sich, meine Herren!«

      Und er setzte sich auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. Der Generaladjutant, Graf Mensdorff und Herr von Knesebeck nahmen vor dem Tische Platz.

      »Majestät!« sagte Graf Mensdorff tief aufathmend mit seiner leisen Stimme, — »die Nachrichten, die ich bringe, sind traurig — sehr traurig, — aber nicht hoffnungslos!«

      Der Kaiser faltete die Hände und richtete den Blick nach Oben.

      »Es ist eine furchtbare Niederlage, welche die Armee erlitten hat,« sagte Graf Mensdorff, »in wilder Auflösung hat sich die Flucht daher gewalzt und jede Ordnung war gebrochen. — An eine Sammlung und neue Formirung der Massen kann erst in einigen Tagen gedacht werden.«

      »Aber wie war das möglich?« rief der Kaiser, — »wie konnte Benedek —«

      »Der Feldzeugmeister,« sagte Graf Mensdorff — »hatte Recht, als er Eurer Majestät sagte — er könne mit dieser Armee nicht schlagen, — die Zustände sind unerhört gewesen. Eure Majestät wissen, daß Benedek selbst, ein tapferer, braver General, der es wohl versteht, nach gegebenem Plane vorzugehen und die Soldaten zu elektrisiren, auf einem ihm unbekannten Felde operirte. — Majestät, ich muß es sagen, — er ist in keiner Weise unterstützt worden. Der Generalstab hatte einen Plan gemacht, über dessen Güte ich nicht urtheilen will, — der aber durch die raschen, unerwarteten und wunderbar kombinirten Bewegungen der preußischen Korps, durch die urplötzliche und unerwartete Ankunft der Armee des Kronprinzen von Preußen hätte modifizirt werden müssen — in eigensinniger Verblendung hat der Generalstab jede Modifikation abgelehnt, jede Warnung unbeachtet gelassen. Dazu war man so wenig auf einen Rückzug gefaßt — oder so unbegreiflich sorglos, daß die Rückzugslinie keinem Offizier bekannt war, ja daß nicht einmal die Kommandeurs der Regimenter die Brücken kannten, auf denen der Rückzug hatte bewerkstelligt werden können, — so wurde der Rückzug zur Flucht, die Flucht zur Auflösung.«

      »Unerhört!« rief der Kaiser, — »man muß den Feldzeugmeister vor ein Kriegsgericht stellen.«

      »Nicht ihn, Majestät,« sagte Graf Mensdorff, — »er hat gethan, was er thun konnte, er hat auf dem Posten gestanden, der ihm übertragen war — er hat sich persönlich exponirt, wie selten ein General, und mit unerhörter Bravour ist er mit seinem ganzen Stabe wie an der Spitze einer Schwadron dem Feinde entgegengesprengt — natürlich vergeblich. — Mir sind die Thränen in die Augen getreten, Majestät,« fuhr der Graf mit leise bebender Stimme fort, — »als ich den tapfern General sah, tief gebrochen, und er mir in seiner einfachen soldatischen Weise sagte: ›Ich habe Alles verloren, nur leider das Leben nicht!‹ — Majestät — man kann es tief beklagen, daß der Feldzeugmeister auf eine Stelle gebracht worden, der er nicht gewachsen war, — aber ihm zürnen, — ihn verurtheilen — das ist unmöglich.«

      Der Kaiser blickte schweigend und finster vor sich nieder.

      »Aber,« fuhr Graf Mensdorff fort, — »der Generalstab muß zur Verantwortung gezogen werden, — ich bin weit entfernt, ein Urtheil zu fällen, dazu ist der Augenblick nicht gekommen und eine sachgemäße und ruhige Prüfung ist jetzt unmöglich — ich will wünschen, daß die Betheiligten sich rechtfertigen können — aber strenge Rechenschaft muß gefordert werden, das verlangt die Stimme der ganzen Armee, deren heldenmüthige Tapferkeit so vergebens geopfert wurde, — das wird in wenig Tagen die Stimme des Volkes verlangen.«

      »Und wer sind die Schuldigen?« fragte der Kaiser.

      »Der Feldmarschalllieutenant von Henikstein und der Generalmajor von Krismanic sind die Beschuldigten,« sagte Graf Mensdorff mit Betonung, — »ob sie schuldig sind, darüber wird das Recht entscheiden.«

      »Sie sollen ihrer Funktionen enthoben und hieher zur Rechtfertigung gefordert werden — Graf Crenneville!« rief der Kaiser.

      »Zu Befehl, Kaiserliche Majestät!« sagte der Generaladjutant.

      »Ich darf Eurer Kaiserlichen Majestät nicht verhehlen,« fuhr Graf Mensdorff mit ruhiger Stimme fort, »daß von vielen Seiten in der Armee auch dem Grafen Clam-Gallas ein schwerer Vorwurf gemacht wird, — er habe nicht rechtzeitig in die Operationen eingegriffen und die Befehle nicht befolgt, die ihm gegeben waren.«

      »Graf Clam!?« rief der Kaiser, — »das glaube ich nicht!«

      »Ich danke Eurer Kaiserlichen Majestät für dieß Wort,« sagte Graf Mensdorff, »und darf hinzufügen, daß, ich den Grafen Clam bei seiner Hingebung für Eure Majestät und Oesterreich einer militärischen Dienstvernachlässigung für unfähig halte, — indeß — er ist mein Verwandter, — er gehört der großen Aristokratie des Kaiserstaates an, — die öffentliche Stimme beschuldigt ihn und wird ihn gerade deßhalb um so lieber verdammen, wenn seine Rechtfertigung nicht öffentlich und glänzend erfolgt. — Ich bitte Eure Kaiserliche Majestät, ihn zur Rechenschaft