Leben ist kälter als der Tod. Callum M. Conan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Callum M. Conan
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741835629
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wenigstens, woran du gerade gedacht hast.“

      -„Ach, eigentlich ist es wirklich nichts. Als du gerade von der Stadt geschwärmt hast, musste ich nur daran denken, dass Colin mich ziemlich oft gefragt hat, in welche Stadt ich am liebsten reisen würde.“ Lavinia schwieg eine Weile und sah unsicher auf den blauen Fluss hinab. Nach einer Weile fuhr sie fort: „Ich hab immer anders geantwortet.“

      -„Natürlich, du hattest ja auch immer die unterschiedlichsten Vorstellungen.“ Mareen lächelte. „Ich kann mich noch erinnern, dass du mir mal vorgeschlagen hast, nach Riga zu fahren.“

      -„Naja, ich bin ja auch gerne rumgereist. Aber als Colin mich das erste Mal danach gefragt hat, habe ich Paris gesagt. Sicher auch, weil ich die Stadt mag, aber er hat immer so von London geschwärmt und ich wollte etwas Vergleichbares dagegen setzen. Vermutlich einfach nur, um ihm nicht den Gefallen zu tun, dass er mir vorschlagen kann, dass wir gemeinsam hinfahren.“

      -„Was er dann natürlich doch getan hat.“

      -„Ja, natürlich.“

      -„Wieso hast du’s denn dann nicht einfach gemacht? Wir haben da nie wirklich drüber gesprochen. Ich glaube, ich dachte einfach, dass ich dich damit zu sehr nerven würde, weil ich ja weiß, wie sehr er nerven kann und du oft genug genau das erwähnt hast. Außerdem hatte ich gerade was dieses Thema anging ja selbst genug Sorgen.“

      -„Was du nicht sagst.“ Lavinia musste unwillkürlich lachen. Es war das erste Mal seit den furchtbaren Ereignissen an Heiligabend.

      -„Ja, lach du nur“, spielte Mareen die Verärgerte, während sie sich innerlich jedoch beinahe überschwänglich freute, dass ihre beste Freundin wieder lachen konnte.

      -„Ich weiß es nicht.“ Lavinia wurde wieder ernst.

      -„Was weißt du nicht?“, fragte Mareen überrascht.

      -„Deine Frage. Ich weiß nicht, warum ich nicht mit ihm weggefahren bin. Ich glaube, ich wollte einfach nicht.“

      -„Hm.“ Mareen wollte ihre beste Freundin nicht weiter mit Fragen belasten, die sie an die vergangenen Ereignisse erinnerten, also sagte sie nichts. Allerdings fiel ihr auch keine gute Überleitung zu einem anderen Thema ein und so gingen sie weiter, ohne zu überlegen, wohin sie ihr Weg eigentlich führte. Auf dem Place du Carrousel vor dem Louvre angekommen, blieben sie stehen.

      -„Ich wollte ihm vor allem keine Hoffnungen machen. Du weißt selbst, wie anhänglich er war und es war offensichtlich, dass er alle anderen Mädchen übersehen hat. Es gab doch bessere für ihn als mich...“

      -„Meinst du nicht, du machst es dir damit ein bisschen zu einfach? Es ging doch letztendlich nicht um ihn. Du hast ihn nicht geliebt und wusstest nicht, wie du damit umgehen sollst, dass er seine Gefühle so offensiv gezeigt hat.“

      -„Kann schon sein, dass du Recht hast...“

      -„Lavi, du weißt doch, das hab ich häufiger als dir lieb ist.“

      Beide lachten.

      -„Hast du eigentlich noch Kontakt zu ihm gehabt?“

      -„Zu wem? Zu Colin? Nein, nicht seit meinem Auslandsjahr. Beziehungsweise“, sie musste lachen, „seit meinem ersten Auslandsjahr. Das hier ist ja auch nicht Deutschland.“

      -„Wie kannst du das nur vergessen?“ Auch Lavinia lachte, kehrte aber schnell zu ihrer nachdenklichen Miene zurück. „Dann musstest du dir also nicht anhören, dass ich ihn vermutlich verrückt gemacht habe?“

      -„Das hast du sowieso schon immer, verrückt vor Liebe.“

      -„Mhm. Aber es war bestimmt auch keine gute Idee, ihm immer mal wieder ein Date zu versprechen und dann doch abzusagen oder ihm zu erklären, dass da nichts ist.“

      -„Dir fehlte in der Zeit einfach mein guter Einfluss.“

      -„Und dann dieser Kuss im Sommer vor zwei Jahren... Ich hab ihn in Sydney getroffen. Er hat sich vollkommen komisch benommen, gar nicht so wie sonst, bis auf die üblich nervigen Sprüche und das ganze Getue, aber dann hab ich ihn einfach geküsst.“

      -„Nein.“ Mareen tat geschockt.

      -„Ey, ich weiß auch nicht, was über mich gekommen ist, aber ich hab es halt einfach getan.“

      -„Oh Mann...“ Mareen lachte, verstummte aber sofort, als sie die Tränen in den Augen ihrer Freundin erkannte. „Oh, Lavi, nein, entschuldige...“

      -„Und jetzt hat er Àlex umgebracht.“ Lavinia begann zu schluchzen. „Wie kann er das tun? Wie kann er einen Menschen töten? Er hat ihm einfach in den Kopf geschossen und ich lag direkt daneben.“ Mareen umarmte sie tröstend. „Was für ein Mensch tut so etwas und warum?“ Sie weinte bittere Tränen und einen Moment blieben sie einfach so stehen, sich gegenseitig umarmend, ohne die Blicke der Passanten zu beachten, die in Richtung Museumseingang oder in den Tulpengarten spazierten. „So war er doch nicht, Mareen. Er war schon immer irgendwie bescheuert, aber so war doch nicht.“

      -„Nein, da hast du Recht, so war er nicht.“

      In Madrid begann der zweite Weihnachtsfeiertag wolkenverhangen. Fox hatte keinen Moment geschlafen, sondern sich das Hirn zermartert, bei der Suche nach einem passenden Plan, wie er in das Hotel Ritz eindringen und den Mann zur Rede stellen konnte, den er laut Auftrag töten sollte. Nun stand er neben dem Museo del Prado, im Anzug und mit Pistole im Schulterhalfter, aber ohne weitere Ausrüstung, und betrachtete die rückseitige Fassade des Ritz. Bei seinem Vorhaben für die nächste Stunde taten sich einige Probleme auf. Das erste bestand darin, überhaupt in das Hotel gelassen zu werden und das Zimmer mit dem hoffentlich anwesenden Mann – oder war es eine Frau? – den er ausschalten sollte, zu finden. Zumindest Letzteres würde ihm nicht allzu große Schwierigkeiten bereiten, denn anstelle eines Namens oder eines Bildes hatte man ihm in der Nachricht nur die Zimmernummer übermittelt. Warum nur? Wie konnten die Verantwortlichen beim European Secret Service wissen, dass sich niemand anderes im Zimmer aufhielt?

      Fox schloss sein Jackett und schlenderte um den Gebäudekomplex herum zum Eingang des Hotels. Wie selbstverständlich begrüßte er den Portier mit einem freundlichen „buenos días“ und spazierte durch die Lobby, vorbei am Empfang. Er wusste, dass er damit zwar die lässigste Möglichkeit gewählt, aber zu gleich auch mindestens einen großen Fehler begangen hatte. Sollte etwas schief laufen, so würde man sich an ihn erinnern. Er musste also dafür sorgen, dass sein weiterer Plan aufging.

      Als er aus dem Blickfeld des Empfangs verschwunden war, verlangsamte er seinen Schritt und schlich langsam über die mit Teppich bezogenen Stufen. Das Ziel lag im zweiten Stock. Dort angekommen warf er einen Blick auf den Wegweiser mit den Zimmernummern. Es handelte sich um eine Suite auf der anderen Seite des Gebäudekomplexes, der sich um einen Innenhof zog. Während er über den breiten Flur schritt, durchdachte er seine weitere Vorgehensweise. Von Anfang an hatte er voll auf Spontaneität gesetzt. Sollte er einfach klopfen und mit dem Gast reden, sich eventuell als Hotelangestellter ausgeben? Aber irgendeinen Grund musste es ja geben, dass der ESS ihn damit beauftragt hatte, diese Person auszuschalten, also konnte er nicht davon ausgehen, dass alles reibungslos klappen würde. Immerhin hatte er seine Waffe. Seine Grundidee fand er trotzdem nicht schlecht. Bei Zimmer 242 angekommen, vergewisserte sich Fox, dass ihm niemand gefolgt und auch sonst kein Gast oder Angestellter auf dem Flur unterwegs war. Er lud seine Waffe durch, ohne sie zu entsichern und steckte sie in den Hosenbund, um sie schneller greifen zu können. Dann klopfte er zweimal kurz hintereinander an die Tür.

      -„Servicio de habitaciones“, fügte er mit seinem besten Spanisch hinzu. Zimmerservice

      Einen Moment stand er nur so da, bereit, seine Waffe aus dem Hosenbund zu reißen und zu entsichern. Nichts tat sich. Er klopfte noch einmal, diesmal ohne die Worte. Als sich nach einer Minute immer noch nichts getan hatte, drückte er die Türklinke herunter. Die Tür sprang auf und gab den Blick auf ein unordentliches Zimmer frei, mit einem Bett, auf dem sich Berge von Kleidungsstücken türmten. Offenbar hatte der Zimmerservice hier schon seit längerer Zeit nicht vorbei geschaut. Ansonsten war die Suite