Sturmernte. Andre Rober. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andre Rober
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847623489
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du dein Abi in der Tasche hattest?

      Tja, ich stand natürlich vor der Wahl: Bund oder Zivildienst.

      In diesem Augenblick trat die hübsche Bedienung wieder an den Tisch. Sie balancierte geschickt zwei Teller und eine Schale mit Brot sowie ein Henkelkörbchen, in dem sich eine Salz- und eine Pfeffermühle befanden. Das Brot und den Henkelkorb platzierte sie in der Mitte des Tisches und stellte dann den Teller mit einer riesigen Portion Salat vor Sarah, den anderen, auf dem zwei gigantische Schnitzel und ein Berg Pommes Frites prangten, vor Thomas.

      Den Beilagensalat bringe ich dir gleich noch, flötete sie und war schon wieder verschwunden.

      Thomas wartete schweigend die zwei Minuten, bis die junge Dame wieder auftauchte, ihm seinen Salat in Reichweite stellte und sich mit: „So, ich wünsch euch einen guten Appetit“, freundlich verabschiedete.

      Ja, den wünsche ich dir auch, sagte Sarah, einerseits über das appetitliche Arrangement vor sich sehr erfreut, andererseits etwas enttäuscht, dass Thomas’ ungewohntem Redefluss nun eine Zäsur widerfuhr.

      Danke, ebenso!, sagte er und breitete seine Serviette auf dem Schoß aus.

      Die ersten Minuten aßen beide schweigend.

      Ist das gut?, fragte Thomas Sarah, als diese gerade eine der Riesengarnelen angebissen und den Schwanz auf den Rand des Tellers gelegt hatte.

      Sarah stöhnte und verdrehte die Augen.

      Ein Traum! Lecker gewürzt mit Zitrone, Salz und Chili. Genau die richtige Schärfe.

      Sie kam aus dem Schwärmen kaum heraus.

      Willst du mal probieren?, fragte sie und hielt ihm eine Garnele über den Tisch.

      Sehr gerne.

      Thomas nahm sie ihr nicht aus der Hand, sondern biss einfach ab.

      Mhmmm! Das ist wirklich toll!, sagte er.

      Und dein Schnitzel?, wollte Sarah wissen.

      Auch sehr lecker, gab Thomas zurück, aber im Vergleich dazu, er deutete auf Sarahs Teller, natürlich ziemlich derbe Hausmannskost.

      Kann doch auch sehr gut sein, sagte Sarah, lehnte jedoch mit einem Kopfschütteln ab, als Thomas ihr den Teller zum Probieren anbot.

      Für was hast du Dich denn entschieden?, knüpfte sie stattdessen an die Unterhaltung zuvor an und fügte noch „Zivi oder Bund“ hinzu, als sie Thomas’ leicht verwirrte Miene erkannte.

      Bund!, antwortete er und begann nach einer kurzen Pause wieder von sich aus zu erzählen.

      Nicht als Wehrdienstleistender. Ich wollte die Chance nutzen, mal für eine Zeit von Zuhause wegzukommen. Und damit wären wir auch bei dem Thema von heute Morgen.

      Er schnitt ein Stück Schnitzel ab, spießte noch einige Pommes Frittes dazu und fuhr durch die üppig vorhandene Sauce. Sarah wartete geduldig und nahm ihrerseits auch einen Bissen.

      Ich habe damals schon viel Sport gemacht und meinen Tauchschein hatte ich schon, also habe ich mich entschlossen, mich für acht Jahre bei der Marine zu verpflichten und die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Und da es sich anbot, und es mich auch wahnsinnig interessierte, habe ich die Aufnahmeprüfung für die Kampfschwimmer gemacht.

      Haben sie dich genommen?

      Sarahs Frage war eher rhetorisch, ging sie doch davon aus, dass Thomas dieses sicherlich sehr anspruchsvolle Auswahlverfahren mit Bravour bestanden hatte. Thomas nickte.

      Ja, sie haben mich genommen. Übrigens war Leon, der, mit dem ich neulich am Gardasee war, einer meiner Ausbilder. Wir haben uns von Anfang an richtig gut verstanden, obwohl er eigentlich als Schleifer verrufen war.

      Wieder gönnte sich Thomas einen Bissen und rundete mit einem Schluck Bier ab.

      Ich weiß nicht, warum, aber vielleicht sind wir einfach seelenverwandt. Was mir natürlich zugutekam, war, dass ich in vielen Disziplinen, bedingt dadurch, dass ich schon Vieles als Hobby gemacht habe, gegenüber den anderen Rekruten einen Vorsprung hatte. Ich konnte tauchen, Karate habe ich seit dem fünfzehnten Lebensjahr gemacht, Schwimmen war immer schon eine Leidenschaft, und da ich auf einem technischen Gymnasium war, konnte ich auch in der Ausbildung in Elektronik, Funk, Zünder Basteln und so, richtig gut punkten.

      Sarah überraschte das nicht.

      Ich glaube allerdings, schon damals war das Surfen mit ausschlaggebend, fuhr Thomas fort, die Kampfeinheit ist ja nicht weit von Kiel stationiert, wir waren viel in der Freizeit zusammen auf den Brettern.

      Du warst in Kiel!, jetzt war Sarah wirklich fast beleidigt.

      Du hast mich nicht darauf angesprochen? Du weißt doch, dass ich von da oben stamme... ich glaube es nicht!, sagte mit sie mit spürbarer Enttäuschung in der Stimme.

      Wie kann man nur so derart verschlossen sein!

      Thomas sah, von dem Ausbruch etwas erschrocken, hilflos zu ihr herüber. Offensichtlich fand er wirklich nichts dabei, Sarah nicht auf ihre Heimatstadt angesprochen zu haben, in der auch er einige Zeit verbracht hatte.

      Doch sie beruhigte sich schnell wieder.

      Und da wundert man sich, dass man nach der langen Zeit noch so wenig voneinander weiß, brummelte sie schon etwas zahmer und in einem verbindlicheren Tonfall.

      Sie aßen beide ein paar Bissen. Die Bedienung kam vorbei und fragte, ob alles recht sei. Nachdem sich sowohl Thomas als auch Sarah sehr lobend über das Essen geäußert hatten, fand Sarah wieder den Einstieg in Thomas’ Erzählung.

      Du warst also bei den Kampfschwimmern, – jetzt lag sogar etwas Anerkennung in ihrer Stimme – das ist doch das Härteste, was die Bundeswehr so zu bieten hat, oder?

      Die Ausbildung und auch der Dienst bringen einen schon an den Rand der physischen und psychischen Belastbarkeit, stimmte er Sarah zu, aber es ist auch unglaublich befriedigend und vor allem natürlich aufregend.

      Und daher kennst du dich im lautlosen Töten aus?

      Sarah hatte keine genaue Vorstellung davon, wie Ausbildung und Einsatzprofil eines Kampfschwimmers aussahen.

      Thomas nickte.

      Alles, was man aus Film und Fernsehen über Spezialeinheiten – und eine solche sind die Kampfschwimmer – sieht, ist nur ein kleiner Teil von dem, was sich tatsächlich in so einem Verband abspielt. Die Kampftechniken, waffenlos, mit Messer, mit Faustfeuerwaffen über Maschinengewehre bis hin zum Granatwerfer und mobilen Boden-Luftraketen, muss man aus dem FF beherrschen. Besonderer Wert wird natürlich auf Annäherung und Absetzen gelegt, Tarnen und Täuschen. Verhörtechniken und Methoden, eben solchen zu widerstehen. Fallschirmspringen, Schnellbootfahren, all das gehört dazu. Des Weiteren hat jeder mindestens eine Einzelkämpferausbildung und ist Präzisionsschütze. Manche sind ausgebildete Sprengmeister, andere können Helikopter fliegen. Und die im Actionfilm gezeigte Technik ist in der Regel auch keine Science Fiction. Vieles davon wird so oder ähnlich tatsächlich eingesetzt.

      Als Thomas wieder die Gabel zum Mund führte, ließ Sarah seinen Redeschwall eine Weile auf sich wirken. Sie war sicher, dass er nicht angeben wollte, sondern ihr lediglich mitzuteilen versuchte, was er so alles bei den Streitkräften gemacht hatte. Dass er in seiner Begeisterung, die ihm anzumerken war, ein wenig über das Ziel hinausschoss, verzieh sie ihm. In diesem Fall, dachte sie, war viel reden besser als nicht reden.

      Und was für Einsätze hattet ihr so?, fragte sie deshalb interessiert.

      Da kann ich leider nicht drüber reden.

      Thomas schien über die ihm auferlegte Schweigepflicht dankbar.

      Soviel sei gesagt: wir hatten in der Tat einige brenzlige Situationen und ich bin froh, dass unser Team immer ohne einen Todesfall wieder aus dem Einsatz zurückgekehrt ist.

      Waren das Antiterroreinsätze? Oder Geiselbefreiungen? Sarah war eifrig bei der Sache.

      Nein, Thomas’ Stimme nahm einen geheimnisvollen Unterton an, denn dafür ist, wie du