Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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und ausquetschen und nicht erst dazukommen, wenn die ganzen interessanten Themen schon durch waren.

      „Ja, das soll vorkommen.“ Seine Lippen zuckten noch immer amüsiert. „Gott, bitte nicht. Meine Schwester als meine Freundin…“ Er schüttelte sich und musste schon wieder anfangen zu lachen.

      Ich rollte mit den Augen. „Ist schon gut. Können wir bitte vergessen, dass ich das gesagt habe und einfach anfangen?“

      „Tut mir leid, das war nicht so gemeint“, ruderte er zurück. Der Blick aus seinen großen, braunen Augen war so unschuldig, dass ich ihm einfach nicht böse sein konnte.

      „Schon gut. Können wir anfangen?“, wiederholte ich ungeduldig. Mein Blick wanderte zu der Uhr über dem Esstisch. Schon zehn nach sieben. Verdammt, so würde das nichts mehr werden heute. „Wie lief deine Klausur?“

      „Soweit ganz in Ordnung, denke ich. Also ich habe bestanden, das ist das Wichtigste. Aber das ist durchaus noch ausbaufähig.“ Er verzog etwas das Gesicht. „Die Aufgaben waren wirklich gemein.“

      „Ach, daran arbeiten wir noch. Wann ist die nächste?“

      „Zum Glück dauert das noch eine Weile. Mathe dürfte erst wieder Anfang des nächsten Halbjahres im März dran sein. Wie war dein Gespräch mit dem Kerl?“

      „Mein… was?“ Ich stockte. Das kam unerwartet. Und es war kein Thema, über das ich sprechen wollte. Er wusste genug. Mehr als genug und ich hatte nicht das Bedürfnis, noch mehr darüber zu reden.

      „Der Typ, von dem du das letzte Mal erzählt hast. Du wolltest doch mit ihm reden. Und mach dir keine Sorgen wegen Ariane, die würde uns nie belauschen. Sie ist froh, wenn sie ihre Ruhe hat. Also? Wie ist es gelaufen?“

      „Ich dachte ich bin hier, damit ich dir etwas über Mathe erzähle?“

      „Hast du doch das letzte Mal auch nicht die ganze Zeit, was auch nicht schlimm war. Ich rede gerne mit dir. Außerdem will ich doch wissen, ob meine Tipps hilfreich waren. Anfangs warst du ja ziemlich skeptisch.“ Er blinzelte mir vielsagend zu. „Oder hast du etwa nicht mit ihm gesprochen?“

      „Lass uns doch lieber mit Mathe anfangen“, versuchte ich wenig elegant das Thema zu wechseln. Meine Finger zitterten auf einmal und mein Herz pochte eine Spur zu schnell. Nein, ich wollte definitiv nicht darüber reden.

      „Warum hast du es nicht getan?“

      „Ich habe nicht unendlich viel Zeit.“ Wütend funkelte ich ihn an. Konnte er nicht verstehen, dass ich darüber nicht sprechen wollte? Warum interessierte es ihn überhaupt? Es ging ihn nichts an. „Ich bin nicht hier, damit wir über mein Leben reden, sondern damit ich deinen Hintern rette, oder?“

      „Das stimmt. Und trotzdem darfst du mir immer gerne davon erzählen.“

      „Hatten wir das nicht schon? Dass ich auch noch andere Freunde habe, mit denen ich darüber reden kann?“ Eine gewisse Gereiztheit schwang in meiner Stimme mit. Mein Blick wanderte wieder zu der Uhr an der Wand. Die Uhr tickte wortwörtlich. Ich wollte weiter.

      „Ich habe nie gesagt, dass du keine Freunde hast. Ob sie dir zuhören weiß ich natürlich nicht.“ Seine Stimme blieb ruhig.

      Es war ansteckend. Ich zögerte und ließ im Bruchteil einer Sekunde die letzten Wochen Revue passieren. Nur einen kurzen Moment lang zweifelte ich an meiner Freundschaft zu Milena, Valentina und allen anderen. Nur eine Sekunde und doch war es eine Sekunde zu lange. Er hatte nicht das Recht dazu, so etwas zu sagen.

      „Du musst natürlich nicht mit mir darüber sprechen, wenn du nicht möchtest. Ich biete es dir an, mehr nicht. Manche meinen, dass ich sogar ganz gut zuhören kann.“

      „Warum tust du das?“ Meine Wut verpuffte mit einem Schlag. Ich konnte nicht einmal sagen ob es an seinen Worten oder an seiner ruhigen Ausstrahlung lag. Was es auch war, es war ansteckend.

      „Was genau meinst du?“

      „Na das alles. Du willst dich mit mir über mein Leben unterhalten, obwohl wir uns kaum kennen und willst mir bei meinen Problemen weiterhelfen. Das tut sonst niemand.“ Ich biss mir auf die Lippe. Ich hatte ihm nicht Recht geben wollen in seiner Vermutung.

      Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Es sollte selbstverständlich sein, findest du nicht auch? Ich finde es so wichtig, mir Zeit für die Menschen um mich herum zu nehmen. Wir rennen doch geradezu durch unser Leben.“

      „Findest du echt, dass das niemand mehr macht?“

      „Wenn es so wäre, würden wir dann hier sitzen und diese Unterhaltung führen? Oder was glaubst du?“ Er zuckte mit den Schultern und rückte ein Stück an den Tisch heran. „Naja, dann lass uns anfangen. Ich habe das Gefühl, dass du schnell weiter willst und dich nicht unnötig lange mit mir unterhalten möchtest. Keine Sorge, ich nehme dir das nicht übel. Ich muss nur gestehen, dass ich ein wenig neugierig war. Sag einfach Bescheid, wenn dir meine Fragen zu anstrengend sind. Ich kann es auch bleiben lassen.“

      „Nein, es ist einfach nur…“ Ich zögerte. Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. Es fiel mir schwer, sie irgendwie zu ordnen. „Ich habe nicht mit ihm gesprochen, okay? Ich habe mich nicht getraut. Und heute Abend macht eine Freundin von mir einen Mädelsabend und seine Freundin ist auch da.“

      „Ah und du willst sie ein bisschen unter die Lupe nehmen. Da kann ich natürlich nicht mithalten.“ Er grinste, er schien es mir kein bisschen übel zu nehmen, sondern tat so, als sei alles ganz normal.

      „So attraktiv ist Nachhilfe geben nun mal nicht“, gestand ich und fuhr mir durch meine langen blonden Haare.

      „Autsch, das hat gesessen.“ Lachend griff er sich ans Herz, seiner guten Laune tat es keinen Abbruch.

      „Oje, das war gemeiner, als es sein sollte.“ Ich musste ebenfalls lachen. „Nein, es war… also vor Weihnachten, es war tatsächlich nicht ganz so übel, sich mit dir zu unterhalten“, gestand ich. „So offen war sonst noch niemand zu mir. Aber hebe deshalb jetzt bitte nicht ab.“

      „Tue ich nicht, keine Sorge. Es ist auch nichts Tolles, auf das ich mir etwas einbilden würde. Immerhin hat es dich verletzt.“

      Ich zuckte mit den Schultern und wich seinem Blick aus. „Daran kann man jetzt auch nichts mehr ändern“, murmelte ich. Für eine Sekunde blickte ich an ihm vorbei ins Leere.

      „Also, fangen wir an?“, fragte Benny sanft. „Dann kannst du weiter zu deinem Mädelsabend und ein bisschen spionieren.“

      „Was? Du hast keine klugen Sprüche für mich?“ Leiser Spott schwang in meiner Stimme mit.

      „Im Moment wäre es nicht besonders angebracht, denke ich. Außer… Naja, wenn du ein offenes Ohr brauchst, kann ich dir nur weiter anbieten, dass ich für dich da bin. Vergiss das nicht, okay?“

      „Warum? Du kennst mich doch eigentlich gar nicht. Warum tust du das dann?“

      „Das hat damit nichts zu tun. Ich kenne dich jetzt nicht, aber warum sollte ich dir deshalb nicht den gleichen Respekt und die gleiche Aufmerksamkeit entgegenbringen wie meinen Freunden? Ich möchte den Menschen um mich herum ein gutes Gefühl geben, wenn ich sie sehe und mich mit ihnen unterhalte. Ganz egal, ob ich sie kenne oder nicht. Ich glaube daran, dass ich das zurückbekomme, was ich anderen gebe.“

      Ich nickte und wandte mich dem Mathebuch zu. Mein Kopf brummte etwas von seinen Worten. Ich wollte es ihm wirklich glauben, aber ich war weiter skeptisch. Wer tat denn schon noch etwas ohne Eigennutzen? Jeder erwartete doch eine Gegenleistung. Jeder. Auch Benny. Er wollte es wohl nur nicht zugeben.

      „Endlich! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr“, murmelte Milena mir zu, als ich eine ganze Weile später bei Valentina auftauchte. Die anderen hatten es sich schon in Valentinas großem Zimmer gemütlich gemacht. Amelie saß etwas zusammengekauert in dem gemütlichen Sessel am Fenster. Valentina streckte sich auf ihrem Bett aus. „Wir hatten schon Angst, dass du dich verlaufen hast.“

      „Wir haben extra mit dem