Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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hat er dann seine Freundin mitgebracht. Und jetzt schreibt er mir Nachrichten.“

      „Wie lange hat er die Freundin schon?“

      „Keine Ahnung. Ich habe sie gestern das erste Mal gesehen.“

      „Und wie kommst du darauf, dass er das gleiche möchte wie du? Oder hattet ihr während dieser ganzen Zeit Kontakt?“

      „Nein.“ Ich schaute zu ihm auf. Sein Gesicht war neutral. Aufmerksam. Er hielt sein Wort. „Ich hatte seine Nummer nicht, ich weiß auch nicht, woher er jetzt meine hat. Wir waren in etwas anderen Cliquen unterwegs. Erst vor ein paar Wochen hat es angefangen, dass wir uns ein paar Mal in der Uni gesehen haben. Wir sind ja über 200 Leute in meinem Studiengang, da kennt nicht jeder jeden. Naja und dann haben wir eben immer wieder ein bisschen geflirtet. Und beim Tanzen hab ich auch deutlich gemerkt, dass er an mir interessiert ist.“

      „Aber geredet habt ihr nicht miteinander?“

      „Warst du jemals auf einer Party, auf der getanzt wird?“

      „Tatsächlich nicht.“ Verlegen grinsend fuhr er sich durch seinen strubbeligen, hellbraunen Haare.

      „Um es kurz zu machen, da ist es laut und du bist nicht da, um miteinander zu reden und tiefgründige Gespräche zu führen.“

      „Und davor? Hast du ihm irgendwie gesagt, was Sache ist?“

      „Spinnst du? Ich gehe doch nicht zu jemandem hin und sage ihm, dass ich ihn gut finde.“ Schockiert schaute ich ihn an, aber Benny blieb ganz ruhig. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper.

      „Das ist Kommunikation, Joanna. Die soll manchmal ganz hilfreich sein.“ Der Anflug eines Lächelns schlich sich auf sein Gesicht, die einzige Mimik, die er zuließ.

      „Aber warum hätte ich das tun sollen? Das ist doch komplett dumm.“

      „Warum ist es das?“

      „Weil er dann ja direkt alles weiß, da könnte ich mich ja auch mit einem großen Schild auf den Campus stellen. Das macht das alles einfach uninteressant.“

      „Was ist dann nicht mehr interessant?“

      „Na alles, der Flirt und die kleinen Spielereien. Das kann ich mir ja alles sparen, wenn ich direkt sage, dass ich jemanden toll finde.“

      „Und was ist so toll an diesen Spielchen?“

      „Hast du mir nicht zugehört? Das ist der Reiz einer neuen Bekanntschaft.“

      „Doch, ich habe dir zugehört. Das ist auch der Grund, dass ich frage.“

      „Dann hör auf damit, mir solche Fragen zu stellen.“

      „Du wolltest doch meinen Ratschlag haben, oder?“

      „Du hast mich mehr oder weniger dazu gezwungen.“

      „Du bist darauf eingegangen.“

      Ich schwieg. Und obwohl ich die Augen verdrehte, musste ich lächeln. Ein klein wenig. Es war, als hätte er einen Schalter in mir umgelegt. „Okay, du hast Recht. Aber lass dir das nicht zu Kopfe steigen. Das kriegst du bei Mathe dann alles doppelt zurück.“

      „Damit kann ich leben“, lachte Benny. „Also. Was ist so toll daran?“

      „Was ist dein Ratschlag, den du mir geben wolltest?“, stellte dieses Mal ich die Gegenfrage.

      „Offen und ehrlich zu sein. Sag ihm, was dich beschäftigt und dass du Antworten möchtest, warum das so gelaufen ist. Wenn das Interesse wirklich beidseits da war, dann wird er dir das sagen und du kannst vielleicht verstehen, warum das alles genau so passiert ist. Oder er sagt dir, dass das alles ein Missverständnis war. Es ist ein kleines Risiko, das du eingehen mussst.“

      Wieder blinkte mein Handy auf. Benny streckte die Hand danach aus und drehte es um, sodass keiner von uns mehr auf das Display schauen konnte.

      „Okay?“

      „Das ist so der Standardspruch, den jeder sagt.“

      „Ach echt? Und von wie vielen Leuten hast du den schon gehört?“

      Ich wich seinem Blick aus. „Okay gut, nur von dir. Aber das ist das, was mir jeder raten würde.“

      „Wenn es so offensichtlich ist, dann solltest du es vielleicht doch einmal ausprobieren.“ Seine Mundwinkel zuckten.

      „Das heißt, du an meiner Stelle, würdest einfach zu ihm hingehen und ihn fragen, was das alles sollte?“

      „Ich an deiner Stelle hätte das schon längst getan. Aber im Prinzip ja. Wie willst du sonst Antworten bekommen?“

      „Vielleicht hat er mir ja gerade…“ Ich warf einen hoffnungsvollen Blick in Richtung meines Handys.

      „Meinst du wirklich? Hätte er sich dann nicht eher schon vor einer ganzen Weile bei dir gemeldet? Zum Beispiel um dir zu sagen, dass er eine Freundin hat? Oder jemanden getroffen hat, den er interessant findet?“ Das Lächeln um Bennys Lippen wirkte traurig.

      Das zarte Pflänzchen der Hoffnung sank wieder in sich zusammen. Ich spürte die Wahrheit in seinen Worten. Das zu hören war nicht schön, auf keinen Fall. Aber er war der Erste, der mir genau das sagte. Und Konstantin würde mir nicht schreiben um mir mitzuteilen, dass er wieder Single war.

      „Ich will dich nicht demotivieren.“

      „Bist du dir sicher? Du kannst das nämlich ziemlich gut.“

      „Es ist nur die Wahrheit. Wenn du dich darauf einlässt, wirst du es irgendwann schaffen, daraus deine Kraft zu ziehen.“ Der Blick aus seinen braunen Augen war unergründlich. Eine endlose Tiefe lag in ihnen verborgen. Schnell schaute ich wieder weg. Meine Sinne spielten mir eindeutig Streiche. Mit Sicherheit der Alkohol.

      „Wie meinst du das?“

      „Das wirst du für dich selbst herausfinden müssen. Es sind Antworten, die du nur bei dir selbst finden kannst.“

      Ich blinzelte einige Male. Kam es mir nur so vor oder machte es wirklich keinen Sinn, was er mir da erzählte? Am besten dachte ich nicht allzu viel darüber nach. „Können wir jetzt noch einmal auf deinen Rat zurückkommen?“

      Leise lachte er auf. „Also war es doch keine schlechte Idee, dich mit mir auszutauschen, was?“

      Ich verdrehte die Augen. „Vielleicht“, gab ich widerwillig zu. „Also. Du meinst, ich soll einfach zu ihm hingehen und ihm sagen, dass ich enttäuscht bin?“

      „Das, was du empfindest oder empfunden hast, ja.“

      „Und wenn er es nicht hören will? Oder ich vielleicht auch einfach gar nichts empfinde?“

      „Dann weißt du, dass er das alles nicht wert ist. Und wenn er dir so egal ist, dann würden wir jetzt dieses Gespräch wahrscheinlich nicht führen. Meinst du nicht auch?“

      „Das sagst du so einfach“, brummte ich und schlug meine Beine übereinander. Das Pochen in meinem Schädel nahm wieder zu. Das Gespräch gerade war nicht förderlich für meinen Allgemeinzustand. „Kann es sein, dass du dir das Leben ein bisschen zu einfach vorstellst?“

      „Ich weiß, dass das Leben nicht einfach ist. Aber ich muss es mir auch nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist, oder?“

      Ich schüttelte langsam den Kopf. Mein Schädel brummte noch mehr als zuvor. Das war wirklich das Letzte, was ich von diesem Nachmittag erwartet hätte und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

      „Geht es dir jetzt ein wenig besser, Joanna?“, fragte Benny einfühlsam.

      „Was heißt schon besser? Die ganze Situation ist einfach… Und… sag einfach Jo zu mir, ja? Das tut jeder.“

      „Okay, Jo“, er betonte den Kosenamen noch einmal extra. „Dann war es ja nicht durchweg schlecht, dass wir geredet haben.“ Er lächelte. Und es war eines dieser Lächeln, die bis zu seinen Augen reichten. War es wieder nur ein Streich