Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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Er wusste mehr aus meinem Leben als gut für ihn war. Und wir hatten uns seit dieser einen Nachhilfestunde nicht mehr gesehen. Vor Weihnachten hatte es sich dann nicht mehr ergeben. „Also, Freitag steht dann noch? 15 Uhr?“

      „Ah genau, deshalb wollte ich dich abfangen.“ Verlegen grinsend fuhr er sich durch die Haare. „Ich muss an dem Wochenende weg. Ich hab eine… Veranstaltung. Könntest du auch schon am Mittwoch?“

      „Nur abends. Ich bin recht lange Uni.“

      „19 Uhr?“

      Ich zögerte kurz. Es war mir nicht besonders recht, meinen freien Abend woanders zu verbringen als bei Milena oder meinen anderen Freundinnen. Andererseits war es das letzte Mal mit ihm ja auch nicht allzu übel gewesen. Und mein Vater hatte sich deutlich beruhigt seit der ersten Nachhilfestunde und war mir nicht mehr allzu sehr aauf die Nerven gegangen.

      „Du musst nicht“, ruderte er sofort zurück. „Wenn es dir nicht passt können wir auch…“

      „Nein, schon in Ordnung, Mittwoch 19 Uhr passt“, erwiderte ich schnell. Noch im gleichen Moment ärgerte ich mich darüber. Ich hätte nicht zusagen sollen.

      „Benny! Kommst du? Wir wollen los!“, rief ein junges Mädchen ihm von ein paar Metern weiter hinten zu. Sie stand an einer offenen Autotür und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

      „Also, ich muss dann…“ Er deutete in ihre Richtung.

      „Ja, klar. Kein Stress. Wir sehen uns dann am Mittwoch.“ Ich lächelte. Bennys Grinsen wurde breiter. Er schien wirklich immer gut drauf zu sein.

      „Super. Ich freu mich drauf. Bis dann.“ Und mit einem letzten Blick in meine Richtung drehte er sich um. Wahrscheinlich noch immer breit grinsend.

      Mein Lächeln verging in der Sekunde, als er mir den Rücken zudrehte. Warum musste alle Welt in einer glücklichen Beziehung und total verknallt sein? Warum konnte das bei mir und Konstantin nicht einfach genauso sein? War das wirklich so schwierig? Alle anderen schienen das doch auch hinzubekommen.

      Gott, das Leben konnte wirklich unfair sein.

      Langsam drehte ich mich wieder um. Ich hörte noch das Auto starten und in die andere Richtung davonfahren. Ich war allein auf meinem Weg nach Hause.

      Wo mich niemand erwarten würde.

      Kein Konstantin.

      Nur eine gähnende Leere.

      „Heute Abend bei mir. Meine Eltern sind nicht da. Mädelsabend. Seid ihr dabei?“, flüsterte Valentina Milena und mir zu.

      „Klar doch. Was sollen wir mitbringen?“ Milena war vor Euphorie etwas zu laut gewesen, was ihr einen tadelnden Blick des Dozenten einbrachte. Es war eine der kleineren Vorlesungen mit nur knapp dreißig Studenten. Hier fiel jedes Wort auf, das zu viel gesprochen wurde.

      „Ich kann nicht“, kritzelte ich daher auf den Rand meines Blockes.

      „Was?“, entfuhr es Milena laut.

      „Frau Groß, ich bitte Sie“, ermahnte der Dozent sie vorwurfsvoll.

      „Verzeihung“, nuschelte sie und sank in ihrem Stuhl zurück. Der verständnislose Blick in meine Richtung blieb aber.

      „Nachhilfe“, schrieb ich schnell auf eine andere Ecke.

      Ohne groß zu warten schnappte sich Valentina den Bleistift aus meiner Hand und schrieb zwei Worte: „Verschieb es.“

      Ich schüttelte nur den Kopf.

      Sie hob ansatzweise die Arme in die Luft, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Sie brauchte es nicht auszusprechen oder aufzuschreiben. Ich kannte ihre Gedanken. Was soll das? Ist das dein Ernst? Du hast sonst noch nie eine Verabredung ausgelassen!

      „Amelie kommt auch“, schrieb Valentina in ihrer sauberen, schnörkellosen Schrift weiter. Vielsagend hob sie eine Augenbraue. Natürlich wusste sie, dass ich auf Konstantin stand. Es wusste einfach jeder.

      Ich runzelte die Stirn. Jetzt war ich an der Reihe mich zu fragen, was das sollte. Ein fester Knoten bildete sich in meiner Magengegend. Sie gehörte nicht dazu. Und wenn es nach mir ging würde sie das auch nie. Ich wollte nicht daran erinnert werden, was ich nicht hatte.

      Valentina hatte wieder zu schreiben begonnen. „Wollen sie ein bisschen ausquetschen. Willst du nicht wissen, wie ernst das ist mit denen? Wahrscheinlich sagt sie, dass es schon fast wieder vorbei ist.“

      Ich zögerte nur kurz, nachdem ich ihre Worte gelesen hatte, bevor ich mir meinen Stift wieder aus ihrer Hand nahm. „Ich beeile mich.“

      Zufrieden lächelnd lehnte Valentina sich zurück und zwinkerte Milena vielsagend zu, die nur kurz den Daumen unter dem Tisch reckte.

      Mit einem leisen Seufzen ließ ich mich in meinem Stuhl zurücksinken. Das ungute Gefühl in meiner Magengegend wollte nicht verschwinden.

      Und das änderte sich auch bis zum Abend nicht. Stattdessen schien der Knoten immer größer zu werden. Mir war fast schlecht, als ich vor der Haustür der Winters stand und darauf wartete, dass mir endlich jemand aufmachte. Es war verdammt kalt hier draußen. Und ich wollte weiter zu Valentinas Mädelsabend. Valentina hatte den Start unserer kleinen Privatparty extra meinetwegen etwas nach hinten verschoben auf zwanzig Uhr. Es war nur eine Stunde später und ich befürchtete, dass ich auch das nicht schaffen würde. Das letzte Mal war ich auch viel länger als gedacht bei den Winters geblieben. Egal, dieses Mal würde ich mich beeilen. Vorausgesetzt natürlich, irgendjemand würde mir endlich aufmachen. Ungeduldig stieß ich die Luft aus.

      „Oh hi“, begrüßte ich lächelnd die zierliche Blondine, die mir die Tür öffnete. Sie war das Mädchen vom Neujahrsmorgen, das auf Benny gewartet hatte. Sie war süß und entsprach genau dem Bild, wie ich mir Bennys Freundin vorgestellt hatte. Zierlich, brav und zum Anbeißen süß.

      „Hey. Du bist Jo, richtig? Komm rein.“

      „Ja, genau. Hi, freut mich.“ Ich streckte ihr kurz die Hand hin, die sie sogleich ergriff.

      „Ariane. Benny ist noch oben. Ich schicke ihn zu dir runter.“

      „Das wäre super“, murmelte ich, während sie schon die Treppe hinaufging. Wie beim letzten Mal hängte ich meine Jacke über einen Bügel und stellte meine Schuhe ordentlich zu allen anderen dazu. Von oben hörte ich Benny und Ariane kurz reden.

      „Benny, Jo ist da.“

      Eine Türe öffnete sich. Dann Bennys Stimme: „Danke, du hast was gut bei mir.“

      Und keine Minute später stand Benny vor mir. Die Wangen leicht gerötet, die Haare wie auch schon das letzte Mal ein wenig zerzaust und, wie immer, mit einem Funkeln in den Augen. „Hey Jo.“ Etwas unschlüssig stand er da. Ich ebenfalls. Es war etwas merkwürdig. Gerade eben hatte ich seine Freundin kennengelernt. Sollte ich ihn darauf ansprechen?

      „Hi.“ Ich entschied mich dazu, einfach zu lächeln und meine Handtasche wieder zu schultern. „Also, wollen wir?“

      „Wow, auf einmal so voller Tatendrang?“, neckte er mich und zwinkerte mir zu. „Das ist überraschend. Komm, lass uns wieder ins Wohnzimmer gehen. Mum kommt erst spät nach Hause, da haben wir dann unsere Ruhe.“

      „Ist es für deine Freundin überhaupt in Ordnung, wenn ich dich ihr ausspanne?“, fragte ich nicht ohne Hintergedanken. Womöglich würde ich es dann doch noch pünktlich auf den Mädelsabend schaffen, wenn er lieber bei ihr sein wollte. Würde ich an seiner Stelle zumindest so machen.

      „Welche Freundin meinst du?“

      „Die hübsche Blonde, die mir gerade die Tür aufgemacht hat. Ariane. Sie hat doch auch an Neujahr auf dich gewartet.“ Gelassen zog ich meine eigenen Bücher aus meiner Handtasche heraus und legte sie auf den Tisch.

      Benny fing laut an zu lachen. Seine Augen sprühten geradezu vor Lebensfreude. „Ariane“, begann er noch immer breit grinsend, „ist meine Schwester.“

      „Oh,