Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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kein Liebeskummer, korrigierte ich mich in Gedanken sofort. Ich war nur niedergeschlagen, weil meine Pläne mit Konstantin nicht aufgegangen waren. Es war kein Liebeskummer. So etwas hatte ich nicht.

      Nur mein verräterisches Herz hatte davon noch nichts mitbekommen.

      Scheiß auf das Ding. Wer brauchte das schon?

      „Danke“, sagte ich nach einer Weile leise.

      „Für was?“

      „Dass du mich nach Hause gebracht und hier geblieben bist.“

      „Ich bin deine beste Freundin. Das ist selbstverständlich“, erwiderte sie schlicht. „Dafür brauchst du mir nicht zu danken.“

      „Trotzdem. Danke.“

      „Willst du darüber reden?“

      „Über was?“

      „Konstantin.“

      „Nein“, antwortete ich schnell. Etwas zu schnell. Ich bemühte mich, tief ein- und wieder auszuatmen. Hinter meinen Schläfen pochte es unaufhörlich. „Er interessiert mich nicht mehr. Er hat eine Freundin. Und damit ist er maximal uninteressant für mich geworden.“

      „Deshalb hast du dich auch gestern abgeschossen und die beiden den ganzen Abend über ignoriert?“

      Fuck, was musste sie ausgerechnet jetzt so aufmerksam sein? „Nein.“

      „Jo, sei wenigstens ehrlich. Dann ist es bestimmt nicht mehr so schlimm.“

      „Es ist nicht schlimm. Ich bin enttäuscht. Das ist alles“, beharrte ich und setzte mich ruckartig auf. Die Welt um mich herum drehte sich viel zu schnell. Für einen Moment wusste ich nicht, wo oben und unten war. Es legte sich wieder, bevor mir übel wurde.

      „Komm, lass uns etwas essen. Dann geht es dir vielleicht auch etwas besser danach.“ Milena war schon aufgestanden und hatte sich ihren Pulli übergeworfen, bevor ich mich überhaupt rühren konnte. „Dein Vater ist doch nicht da, oder?“

      Langsam schüttelte ich den Kopf. Die Schmerzen in meinem Schädel nahmen wieder zu. „Er hat Schichtdienst. Er ist ja fast nie da.“

      „Sag mal, hast du gestern nicht auch gesagt, dass du heute zu diesem Benjamin musst? Oder ist das erst nächste Woche?“

      „Echt? Hab ich das?“ Ich runzelte die Stirn. Ab einem gewissen Zeitpunkt waren meine Erinnerungen an den Abend nur noch verschwommen und vage. Verdammt. Ich hätte es mir aufschreiben sollen. „Scheiße, das kann echt sein. Oh Gott, warum habe ich da zugesagt?“

      „Weil du weiteren Stress mit deinem Vater vermeiden möchtest.“ Ungerührt stand Milena da, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihre Lippen zuckten etwas. Immerhin eine, die ihren Spaß hatte. „Soll ich dir noch mehr über gestern Abend erzählen? Du warst eigentlich recht witzig.“

      „Nee du, lass gut sein. Ist vielleicht besser so, wenn ich nicht mehr alles so ganz genau weiß.“ Stöhnend fasste ich mir an den Kopf.

      „Vielleicht“, stimmte sie mir nach einem kurzen Zögern zu. „Also los jetzt, ich krieg langsam Hunger.“

      „Warum bist du überhaupt so fit?“ Seufzend schwang ich die Beine aus dem Bett. Wieder blieb ich erst einmal für einige Sekunden sitzen und wartete, bis die Welt aufhörte, sich viel zu schnell zu drehen und ich einigermaßen sicher aufstehen konnte.

      „Im Gegensatz zu dir habe ich gestern Abend nicht zu viel getrunken und davor auch etwas gegessen“, erwiderte sie und wartete geduldig, bis ich es endlich geschafft hatte, mir einen weiten Pullover überzuziehen. Schwankend stand ich an meiner Kommode. Den Blick in den Spiegel vermied ich absichtlich. Ich wollte nicht wissen, wie ich aussah. Es reichte schon aus, wenn ich mich schrecklich fühlte.

      Auf dem Weg nach unten ließ mich zu allem Überfluss auch noch mein Gleichgewichtssinn im Stich. In meinem Leben lief gerade aber auch wirklich überhaupt nichts zusammen.

      „Ich mache dir keine Vorwürfe, dass du gestern Abend ein bisschen zu viel getrunken hast“, sagte Milena sanfter.

      „Danke.“

      „Ich meine, du magst ihn. Auch wenn du es dir nicht eingestehen willst. Ich kann es total verstehen. Konstantin ist heiß, sexy und hat dieses gewisse Etwas.“ Sie redete einfach weiter, dabei wünschte ich mir, dass sie einfach aufhören würde, ihn zu erwähnen. „Und einen Korb auf diese Art und Weise zu bekommen ist einfach nicht schön.“

      „Aber warum tanzt er dann überhaupt so mit mir, wenn er doch eine Freundin hat?“ Erschöpft ließ ich mich auf einen Stuhl sinken. Wieder waren da die Gefühle, die ich den ganzen gestrigen Abend versucht hatte zu ertränken. Konnten die mich nicht endlich in Ruhe lassen? Ich hatte keine Lust auf das alles, ich wollte das nicht in meinem Leben haben. „Warum tut er so etwas? Ich verstehe das einfach nicht.“

      „Vielleicht ist das seine Masche.“ Milena zuckte mit den Schultern und holte eine Pfanne aus dem Schrank hervor. „Keine Ahnung. Manche Jungs sind einfach absolute Machos, die nicht genug bekommen können.“

      „Oder er hat sie erst kurz vorher kennengelernt und so. Sie sah ja schon aus wie ein Mauerblümchen.“

      „Absolut verklemmt und nichtssagend“, stimmte Milena mir zu. „Optisch passen die ja mal so gar nicht zusammen. Pass auf, in ein paar Wochen ist er wieder Single und steht bei dir vor der Tür. Du bist total sein Typ und er steht sowas von auf dich. Ich hätte echt darauf gewettet, dass er dich mit nach Hause nimmt nach der Party bei Valentina.“

      „Gut, dass du es nicht getan hast.“ In mich zusammengesunken saß ich da und schaute Milena zu, wie sie Rühreier und Toast machte. Unser Katerfrühstück, das sich in den letzten anderthalb Jahren etabliert hatte. Ich würde ihr gerne glauben, dass es so war. Aber im Moment konnte ich es nicht. Ich fühlte mich kraftlos und verletzt. Zurückgewiesen. Wann war mir das das letzte Mal passiert? Ich wusste es schon gar nicht mehr.

      Ich wollte nur Antworten. Von Konstantin. Warum er so etwas tat, wenn er doch eine Freundin hatte. Es machte alles keinen Sinn. Und vielleicht würde ich es nie erfahren. Und das machte mich noch ein wenig mehr verrückt.

      Drei Stunden und eine Kopfschmerztablette später war es soweit. Ich stand vor der Haustür der Winters. Ihr Haus war gerade einmal drei Straßen weiter, so konnte ich dieser ganzen Sache wenigstens etwas Positives abgewinnen. Vorsorglich hatte ich meine alten Mathe- und Englischunterlagen unter dem Arm. Dann konnte ich wenigstens so tun, als sei ich motiviert und vorbereitet. Immerhin bekam ich Geld von den Winters, da sollte ich nicht allzu verkatert und lustlos wirken.

      Laut stieß ich die Luft aus. Eine kleine weiße Nebelwolke stieg vor mir auf. Ich hatte keine Lust. Ich wollte nicht hier sein. Und ich wollte wieder in mein Bett und mich selbst bemitleiden.

      Milena hatte mich regelrecht dazu zwingen müssen, das Haus zu verlassen. Der Kopfschmerz saß noch immer dumpf hinter meinen Schläfen und mit Sicherheit hatte ich noch einiges an Restalkohol. Immerhin sah ich mittlerweile einigermaßen annehmbar aus und roch nicht mehr wie ein halber Schnapsladen, wie Milena es liebevoll ausgedrückt hatte. Ein Fortschritt, wie ich fand.

      Seufzend drückte ich auf die Klingel. Es half ja doch alles nichts. Je schneller wir anfingen, desto schneller wäre es auch alles vorbei. Ich hoffte nur, dass dieser Benjamin keine komplette Pfeife war und wir schnell durchkommen würden. Gott, mein Kopf dröhnte noch immer so schlimm, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Und meine Gedanken schweiften noch immer alle paar Sekunden zu Konstantin ab. Naja, für ein bisschen einfache Oberstufen-Mathematik sollte mein Denkvermögen gerade noch ausreichen.

      Die Tür vor mir öffnete sich. „Hey, du bist Joanna, richtig?“, begrüßte mich ein junger Mann und streckte mir die Hand entgegen.

      „Ja, genau. Und du bist Benjamin?“ Ich ergriff seine Hand mit etwas Verzögerung. Der Restalkohol. Nicht seine Erscheinung.

      Er lächelte. Ich schob es auf meine restlichen Promille, dass ich ihn ein bisschen zu lange musterte. Benjamin hatte ein kantiges Gesicht mit markanten