Das Elbmonster. Gerner, Károly. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerner, Károly
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847643777
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eine enorme Hilfe (wobei mich meine Enkel gerne unterstützen, zumal sie diesbezüglich schon viel mehr draufhaben als ich jemals erreichen werde).

      Manchmal gebärde ich mich offenbar wie ein störrischer alter Esel. Vielleicht bin ich zuweilen auch einer. Na und? Ich kann mich trotzdem ganz gut leiden, ohne deshalb gleich ein Narzisst zu sein, jemand, der zunächst sein Spiegelbild anhimmelt und schließlich nur noch sich selbst liebt. Nein, solcherart egozentrische Vergötterung gehört wirklich nicht zu meinem Naturell. Das überlasse ich gerne Leuten wie etwa dem Modezaren Karl Lagerfeld, der sich nach eigener Bekundung nur für sich und sein künstlerisches Abbild interessiert. Dergestalt extravagante Allüren entsprächen überhaupt nicht meinem Charakter.

      Außerdem weiß man doch spätestens im fortgeschrittenen Alter, dass viele Dinge und Geschehnisse, die wir ab und zu für höchst bedeutsam halten, erst recht, wenn wir sie auf irgendeine Weise selbst erlebt, gestaltet oder beeinflusst haben, ihrem Wesen nach nichts weiter sind als Nichtigkeiten im ewigen Reigen belangloser Ereignisse. Da stimme ich dem griechischen Schriftsteller Antonis Samarakis vorbehaltlos zu, indem er meinte, dass namentlich in einer Gesellschaft, wo Unsicherheit und Angst überwiegen, letztlich alles fließend wäre und es keine beständigen Werte mehr gebe: „Alles ähnelt Schatten, Erscheinungen, Sinnestäuschungen, die Welt ist nichts anderes als der flüchtige Traum eines Toten.“

      Wer sich dennoch eigensüchtig erhöht und meint, ohne seine Existenz und Taten ginge die Menschheit zugrunde, ist zumindest ein bedauernswertes Geschöpf, wenn nicht gar ein armer Irrer.

      Wir sind trotzdem gehalten, solche Persönlichkeiten zu achten und obendrein gefordert, möglichst immer und überall unser Bestes zu geben. Schließlich gilt: Wer für seine Ideale nicht lichterloh brennt, wird auch andere kaum entflammen. Es sind nicht die Satten und Genügsamen, auch nur vereinzelt die Glücklichen, von denen man nennenswerte Veränderungen erwarten darf. Vielmehr waren, sind und bleiben es die Unzufriedenen und erst recht die von ihrem jeweiligen Vorhaben Besessenen, deren Absichten und Handlungen den irdischen Dunstkreis zuweilen nachhaltig aus den Angeln heben.

      Im Grunde genommen strebt doch fast jeder Mensch zuerst nach dem eigenen Wohlbefinden. Dessen erhoffte Verwirklichung bleibt hingegen oftmals ein frommer Wunsch.

      Da helfen auch keine Zeitschriften, Bücher oder Schulen mit dem vielversprechenden Slogan „Wege zum Glück“ (ganz abgesehen davon, dass individuelles Heil in einer erstaunlichen Variationsbreite aufzutreten vermag).

      Dank unserer notorischen Leichtgläubigkeit ist der Markt regelrecht übersättigt von derart scheinheiligen Seelentröstern. Offenbar lässt sich damit zur Genüge Bares verdienen.

      Wer sich jedoch unentwegt von solcherlei Wunschvorstellungen statt von realen Zielen anstacheln lässt, wird immer der Getriebene sein, sich gleichsam wie in einem Hamsterrad wähnen. Man will fortwährend nach den Sternen greifen und versäumt, sich an der unendlichen Vielfalt und Schönheit irdischen Lebens selbst zu erfreuen.

      Weil dem so ist, beschäftigt mich schon seit Längerem die Frage, was uns tatsächlich zeitweise daran hindert, einfach der Vernunft zu folgen, anstelle wiederholt begierig im Nebel zu stöbern.

      Genau dieser Problematik widmete ich bereits mein erstes Buch, das unter dem Titel „Offenbarung“ im Juli 2005 vom damals noch blutjungen Arrival Verlag herausgebracht wurde. Die Erstauflage umfasste lediglich einige Hundert Exemplare, obzwar ich bereits im Voraus für ein Vielfaches davon bezahlt hatte. Ein Nachdruck konnte nicht mehr erscheinen, weil das kleine, speziell auf Belletristik orientierte Unternehmen anscheinend schon während seiner frühen Kinderjahre in zu heftiges Fahrwasser geriet und daher im Februar 2007 zwangsläufig Konkurs anmelden musste.

      Ach, wie treffend, ja regelrecht bildhaft anschaulich du doch ähnliche Erfahrungen formulieren konntest, mein lieber Goethe: „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt.“ Das war’s, aus und vorbei, fast umsonst der enorme Aufwand an Zeit und Kraft, glaubte ich ehedem, zumal meine einschlägigen Vorhaben sich nachgerade in Brodem auflösten. Schließlich nutzte ich über drei Jahre hinweg beinahe jede freie Minute, um ein lang gehegtes Vorhaben zu verwirklichen.

      Es war mein heiß ersehnter Wunsch, vor meinem endgültigen Abflug ins Nirwana, das ich übrigens probeweise schon zweimal flüchtig aufsuchte (später mehr dazu!), möglichst noch etwas Gescheites auf den Markt zu bringen. Ich wollte meine Zeit am wenigsten mit dem üblichen Rentnerdasein vertrödeln (was freilich nicht etwa gegen die individuellen Praktiken der Senioren spricht; es sollte doch ein jeder tun oder lassen, was er für richtig hält, sofern es anderen nicht schadet!).

      Einer Heldentat glich meine eigenwillige Beflissenheit keinesfalls. Das ist mir durchaus bewusst. Sie war einfach die Folge eines schier unbändigen inneren Dranges, meine Ansichten zu bestimmten Dingen des Lebens sowie aktuellen Begebenheiten in der Welt frisch von der Leber zu schreiben, natürlich stets verknüpft mit der vagen Hoffnung, das Ergebnis könne überwiegend Zuspruch finden und namentlich meine Getreuen vereinzelt sogar dazu beflügeln, fortan weniger Fehler zu begehen, als ich es bislang vermochte. Zudem hatte ich schon mehrere Verträge für Lesungen außerhalb meiner altehrwürdigen Heimatstadt Meißen unter Dach und Fach. Unterdessen konnte ich auch eigens dafür einen befreundeten Musikus überzeugen, künftig gemeinsam mit mir aufzutreten, dem empfänglichen Publikum seine faszinierende Kunst zusätzlich darzubieten, damit das ohnehin reizvolle Unterfangen noch attraktiver werde. Doch mein schöner Traum erfuhr schon bald einen spürbaren Wandel hin zur bitteren Realität, denn die überaus beflügelnde Gunst des Schicksals zog schleunigst von dannen.

      Sicher, es gibt unzählige Ereignisse, die wesentlich schlimmer sind als das soeben grob geschilderte. Aber das Leben widerfährt uns stets konkret. Was dem einen als nichtige Lappalie erscheint, kaum erwähnenswert begegnet, kann sich dem anderen zur mittleren oder großen Katastrophe ausweiten. Deshalb sind auch Pauschalurteile äußerst selten dienlich, meistens regelrecht falsch und daher nahezu unstatthaft, weil irreführend.

      Es sei hier auch meine fast beiläufig gewonnene Erfahrung unverblümt kundgetan: Wahrscheinlich ist es meist leichter, ein Buch zu schreiben, als es gegenwärtig hierzulande erfolgreich zu vermarkten, sofern man auf sich allein gestellt bleibt. Autoren in spe, ihr seid gewarnt! Aber lasst euch trotzdem nicht entmutigen, zumal sich die Geschmäcke des Publikums ja ständig ändern!

      Wer in besagter Branche noch keinen Namen hat, weder auf einschlägige Beziehungen vertrauen kann noch hinreichend über den schnöden Mammon verfügt, muss sich eben um eine besondere Qualität seines Produkts bemühen und obendrein auf den Beistand der Glücksgöttinnen Fortuna oder Tyche hoffen, es sei denn, er nennt ein ausgeprägtes Naturtalent schriftstellerischer Art sein Eigen. Aber wer besitzt sie schon, die geniale Fabulierkunst, wähnt sich dergestalt begnadet? Kurzum, ich zaudere oftmals sehr hartnäckig bei jedem Wort, welches ich im Reigen mit anderen nach meinem geistigen Bilde suche, damit es mir gefalle und der Sache diene. Wohl dem, der lockerer damit umzugehen vermag! Eine gewisse Nonchalance ist fast immer von Vorteil, kostet bestimmt weniger Aufwand und Nerven. Doch kann jemand einfach aus seiner Haut springen, festgefahrene Gewohnheiten mühelos abstreifen?

      Darum sei hier meiner verehrten Leserschaft auch gleich zusätzlich verraten, dass ich im Sommer 2009 eine 560 Seiten umfassende sozialkritische Erzählung beim Shaker-Media-Verlag herausbrachte. Sie trug den Titel „Abels Orakel“. Doch beachtliche Erfolge konnte ich auch mit diesem Buch nicht erzielen. Finanziell gesehen war es unterm Strich sogar erneut ein deutliches Minusgeschäft. Mir fehlt anscheinend das nötige Geschick, meine Produkte gewinnträchtig anzupreisen. Und als Selbstläufer taugen sie offenbar nicht. Trotzdem empfinde ich das kaum als ein nennenswertes Hindernis, denn für unseren Lebensunterhalt reicht bisher die Rente. Klar würde ich unsere Kinder und Enkel auch mit Geld gerne unterstützen, und doch betrachte ich das Verfassen von Texten eher als ein verlockendes Hobby.

      Meine bessere Hälfte schätzt den Sachverhalt allerdings ganz anders ein. Sie meint, ich solle doch die Schreiberei endlich aufgeben und stattdessen des Öfteren an die frische Luft gehen. Das würde meiner Gesundheit bestimmt mehr dienen, als stundenlang am Computer zu sitzen. Obwohl mir Stubenhockerei auch zuwider ist, bin ich meines Vorhabens wegen doch gewillt, sie mehr als üblich zu erdulden.

      Ach, die edlen Damen! Erst