REJ - Der spezielle Gefangene. Beli / Tanja Sorianumera / Giesecke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Beli / Tanja Sorianumera / Giesecke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741896453
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jeden Tag miteinander verbringen." Er deutete auf seine Kollegen und dann auf Rej. "Eine Kollegin wird die Tage noch zu uns stoßen, sie ist vorerst aber leider verhindert." Das interessierte den Widerständler relativ wenig, wer ihn verhörte war ihm ziemlich egal. Er merkte schon, der braunhaarige Typ wollte zumindest im Ansatz sein Programm durchziehen, während der Große einen auf bösen Bullen machte. Den Dritten konnte er innerhalb der kurzen Zeit noch überhaupt nicht einschätzen, da dieser sich zurückhielt und das Geschehen aus der Distanz verfolgte.

       "Ich bin Silan Taisen, Spezialbeauftragter von den ShaoSetFai. Sie können mich gerne Silan nennen." Dann deutete er auf den großen Norm, der immer noch seitlich in der Nähe von Rej stand. Seine Körperhaltung verriet deutlich, dass er sich Frechheiten von ihm nicht groß gefallen lassen würde. "Das ist mein Kollege Jari Kailani, ebenfalls Spezialbeauftragter. Ich werde die Vernehmungen leiten, aber es kann auch sein, dass einer meiner Kollegen für eine Weile das Ruder übernehmen wird. Das ist..."

       Der Mann mit den übermüdeten Augen wollte gerade dazu übergehen, auch den dritten Anwesenden vorzustellen, da fiel ihm Rej frech ins Wort. "Ah, Sie sind also der große Boss. Kein Wunder, dass sich Ihr Köter so aufplustert, muss er doch das Machtgefälle zu Ihnen wieder wett machen."

       Weder Kailani noch Taisen ließen sich auf die Provokation ein. "Und wir sind in der Grundschule stecken geblieben, weil wir mit Beleidigungen um uns werfen müssen?", fragte Taisen stattdessen rhetorisch und bot Rej damit eine günstige Vorlage.

       "Ich dachte mir schon, dass Sie es nicht weiter geschafft haben, mit 'ner Intelligenz nur knapp im zweistelligen Bereich. Ich hingegen habe nie eine Grundschule besucht." Das spöttische Lächeln verschwand aus Rejs Gesicht. "Weil die Regierung dort, wo sie uns hin verfrachtet hat, nämlich keine Schulen bauen ließ!" Trotz seiner in ihm aufkeimenden Wut entging Rej nicht, dass der grünhäutige Mann anerkennend eine Augenbraue hob. Der Punkt ging also an ihn. Silan Taisen schien das anders zu sehen.

       "Das erklärt natürlich, warum Sie nicht in der Lage sind, sich höflicher und sachlicher auszudrücken. Man hat es Ihnen nicht beigebracht."

       Rej schnaubte verächtlich. Ihm war klar, dass der XSF-Spezialbeauftragte ihn in ein emotionales Gespräch ziehen wollte, denn in der Emotionalität platzte so einiges heraus, was man eigentlich lieber für sich behalten hätte, aber der Widerständler behielt diese Gefahr kritisch im Auge. Außerdem ließ er nur ungern eine Gelegenheit verstreichen, in der er verdeutlichen konnte, warum die Song dazu genötigt worden waren, auch Gewalt gegen Xiantiao einzusetzen. Und es gab ihm zeitgleich die Möglichkeit Kailani und Taisen besser kennen zu lernen. Wenn er sich schon körperlich nicht vor ihnen schützen konnte, dann zumindest, indem er Informationen sammelte und sie einzuschätzen lernte.

       "Glauben Sie bloß nicht, wir hätten keine Bildung genossen, nur weil wir auf die AneLAAN-indoktrinierten Einrichtungen verzichten mussten! In Son'Guin haben wir sehr wohl selbstständig dafür gesorgt, dass wir intellektuell nicht auf der Strecke bleiben!" Der Widerständler registrierte unzufrieden, dass das viele Sprechen unheimlich viel Atemluft benötigte - Atemluft, die er nicht hatte.

       Taisen lehnte sich gelassen zurück und nahm einen Schluck von dem Becher, den er mitgebracht hatte. "Und wo ist dann Ihr Problem?", fragte er mit unschuldigem Blick. Rej runzelte die Stirn und verzog das Gesicht. "Mein Problem?", echote er verständnislos. Er sah nicht, worauf der Mann hinaus wollte. Dieser stellte das Getränk wieder auf den Tisch und hob die Handflächen in einer Geste, als ob glasklar wäre, was er meinte. "Wenn Sie in Son'Guin selbstständig für schulische Bildung sorgen konnten und sowieso keine Integration in die Xiantiaoschen Bildungseinrichtungen wünschen, wo liegt dann das Problem der Song?"

       Rej blieb eine deftige Erwiderung im Hals stecken. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Das war plump. Das war äußerst plump. Sie befanden sich hier doch nicht in einer Diskussionsrunde, die öffentlich im Fernsehen ausgestrahlt wurde, und in der es galt, auf möglichst simple Art und Weise Argumente des Diskussionsgegners tot zu schlagen, um möglichst viele einfach gestrickte Leute auf die eigene Seite zu ziehen. Er schüttelte mehrere Male den Kopf und sah seinen Gesprächspartner dabei verächtlich an. "Das ist nicht Ihr ernst?", fragte er und blickte dann zu dem dritten Mann, der bis jetzt gar nichts gesagt hatte und sich auch noch nicht vorstellen hatte können. "Das ist nicht sein ernst, oder?" Dieser blickte erwartungsvoll zu Taisen, der mit einer einfachen Handgeste deutlich machte, dass er ihm für einen Moment das Feld überließ.

       Der grünhäutige Mann mit dem weizenblonden Haar trat näher an den Tisch heran und nahm dann links des XSF-Spezialbeauftragten Platz. Auch er hatte einen Becher bei sich - seit die drei den Raum betreten hatten, roch es verlockend nach Kaffee, aber er hatte noch kein einziges Mal davon getrunken. "Das ist eine gute Frage, Herr Lio'Ta", eröffnete er das Gespräch, ohne sich zu positionieren. "Erzählen Sie mehr. Erzählen Sie mir von Son'Guin. Erzählen Sie mir von Ihrer Lösung des Problems mit den Schulen", forderte er Rej interessiert auf.

       Dessen Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Diesem Typen würde er gar nichts sagen, erst recht nicht, solange er nicht wusste, wo er ihn einordnen sollte. Möglicherweise war er von der Cadence und die Typen konnte er sowieso nicht leiden. "Vergessen Sie's!", wiegelte er unfreundlich ab, "das geht Sie überhaupt nichts an. Sie haben ja keine Ahnung. Und ich weiß nicht einmal, wer Sie sind!" Mit der Zeit wurde die Luft dünner im Raum, hatte Rej das Gefühl. Und mit jedem Wort, dass er den drei Männern entgegenbrachte, verließen ihn mehr und mehr die Kräfte.

       "Leik Kataruh", stellte sich der Ttog nun endlich vor, "nennen Sie mich einfach Kataruh. Ich bin Spezialist für Song-Angelegenheiten."

       Dem Widerständler entwich ein finsteres Lachen. "Spezialist für Song-Angelegenheiten", wiederholte er die Worte - sie schmeckten ihm nicht. "Was soll das sein? Halten Sie sich für einen Experten für 'wie man uns am schnellsten mundtot kriegt'? Oder was für ein Spezialist wollen Sie sein? Sie glauben tatsächlich irgendetwas über uns zu wissen? Dazu müssten Sie in Son'Gashania aufgewachsen sein und so sehen Sie nicht aus." Erneut schüttelte er ungläubig den Kopf. "Kann man 'Song' jetzt als Wahlfach an der Xiantiaoer Uni studieren, oder was?" Irritiert bemerkte er, dass Sterne in seinem äußeren Gesichtsfeld zu tanzen begannen. Er brauchte dringend mehr Sauerstoff. Auf der anderen Seite war es sicher nicht die übelste Methode, um diesem idiotischen Gespräch zu entgehen, wenn er einfach aus den Latschen kippte. Er hatte jetzt schon genug von Silan Taisen und seinem komischen Gefolge.

       Der Ttog nahm die Provokationen mit einem Achselzucken und einem Lächeln im Mundwinkel hin und beobachtete Rej weiter. Es machte den ehemaligen Song-Kommendan rasend, dass er hier mit seiner Wut gegen die AneLAAN wie ein Tier in einem Zoo begafft wurde. Aber diese Wut war im Moment seine einzige Möglichkeit, zu reagieren. Missmutig registrierte er auch, dass sein Rücken mehr und mehr schmerzte und sich sein Nacken verspannte. Er war tatsächlich in einer äußerst miesen Position, aber plötzlich musste er lachen. Die drei konnten ihm gar nichts. Wenn er nicht reden wollte, hatten sie keinerlei Macht über ihn. Dann saßen sie nichtsnutzig Stunde für Stunde hier mit ihm fest und vergeudeten auch ihre eigene Zeit.

       Fragend hob der leitende XSF-Spezialbeauftragte die Augenbrauen, er selbst schien damit keine Probleme zu haben, dass sie hier für einen Moment schweigend da saßen. "Wollen Sie uns mitteilen, was Sie so amüsiert, Herr Lio'Ta?"

       Rej schloss für einen Augenblick die Augen, grinste ihm dann breit ins Gesicht. "Die Zeit, sie verstreicht. Tick tack! Während wir hier sitzen und darüber wetteifern, wer der coolste Typ im Raum ist, oder noch schlimmer, während Sie versuchen, sich mit mir anzufreunden, sind da draußen meine Leute." Er zeigte mit dem Finger in Richtung der Tür, wenn er die Hand auch nicht dorthin bewegen konnte. "Und meine Leute sitzen ihre Zeit sicherlich nicht dumm ab und schlürfen Kaffee aus Pappbechern in einem schlecht beleuchteten Raum, in der Hoffnung, etwas in Erfahrung zu bringen. Meine Leute tun was! Jetzt, in dem Moment! Und ihr alle seid nicht dazu in der Lage, sie aufzuhalten." Er schüttelte erneut mit gespieltem Mitleid den Kopf. "Und trotzdem versucht ihr es. Putzig!"

       "Ach, wenn du kleiner Drecksack der Meinung bist, dass wir hier nur Zeit tot schlagen, dann sollte es doch wenigstens Spaß machen", meinte der Schwarzhaarige neben ihm