Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750222137
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      musste sich also notgedrungen gegen beide Bedrohungen wappnen. Ein

      Drittel der Kavalleristen führte daher die klassischen Waffen, der Rest jene,

      die man speziell gegen die Bestien entwickelt hatte: Tellerlanzen und

      Quetschpfeile.

      Die Abteilung ritt nun in Sechserkolonne. An den Außenseiten die Männer

      mit den Tellerlanzen, dann folgten die Bogenschützen mit den Quetsch- und

      Kriegspfeilen, und die Gardisten mit den gewöhnlichen Lanzen befanden sich

      in der Mitte.

      Hauptmann Bernot ta Geos war nach einem Gespräch zumute. Er glaubte

      nicht mehr daran, dass sie die Irghil noch stellen würden. Missmutig sah er

      seinen Kommandeur von der Seite an. »Die Lemarier sind Narren. Sie

      benutzen nicht einmal die Signalspiegel, die wir ihnen gegeben haben. Sie

      bräuchten uns nur nach Maratran zu signalisieren, dass sie Handelsware

      haben oder Hilfe benötigen, und wir würden sofort aufbrechen und ihnen

      beistehen.« Er spuckte verächtlich aus. »Stattdessen versuchen sie immer

      wieder, sich an den Bestien vorbeizuschleichen und lassen sich abschlachten.

      Narren. Verdammte Narren.«

      »Sie mögen Narren sein«, seufzte der kleinere Reiter, »aber vor allem sind

      sie stolz, und das ist etwas, was ich gut verstehen kann. An ihrer Stelle

      würden wir vielleicht genauso handeln.«

      Bernot lachte trocken. »An ihrer Stelle …« Der Hauptmann verstummte,

      als der Kommandeur sich leicht im Sattel aufrichtete. »Was ist?«, fragte er

      angespannt. »Könnt Ihr etwas sehen? Irghil?«

      Die kleine Gestalt schüttelte zögernd den Kopf. »Nein, nicht sehen, mein

      guter Bernot. Aber ich fühle, dass etwas nicht stimmt. Ich spüre ihre Nähe.«

      Keiner der Gardereiter hätte über das Gespür des Kommandeurs gespottet.

      Zu oft schon hatte es die Truppe rechtzeitig vor einer Bedrohung gewarnt.

      Abermals wandte sich Bernot im Sattel um. »Haltet mir nur ja die Augen

      offen, Gardisten. Rechnet mit der Hinterlist der verfluchten Irghil und seid auf

      der Hut.«

      Viele der Männer hatten bereits gegen die Bestien gekämpft und wussten,

      wie trickreich und mörderisch sie waren. Doch selbst die Erfahrensten unter

      ihnen wurden überrascht, als die Irghil dann tatsächlich erschienen. Es war,

      als würden sie plötzlich vor ihnen aus dem Boden wachsen.

      Vor dem Beritt hatte sich die grasbedeckte Ebene ausgebreitet, und jeder

      der Reiter hatte genau darauf geachtet, ob nicht eines der zahlreichen

      Gebüsche oder eine der Baumgruppen als Versteck für einen Irghil geeignet

      war. Den scheinbar unberührten Boden hatten sie vernachlässigt. Doch dann

      brach unmittelbar vor ihnen die Grasnarbe auf, und die runden Panzerleiber

      der Irghil schoben sich aus der Erde hervor. Kampfeslustig reckten sie ihre

      mächtigen Scheren vor, während sie auf ihren acht Beinen auf die Alnoer

      zuhasteten. Sie hatten die Größe eines ausgewachsenen Pferdes und waren

      schnell. Sehr schnell.

      Den alnoischen Gardisten blieb nur wenig Zeit, doch die wussten sie zu

      nutzen.

      Der kleine Kommandeur reckte sich im Sattel, und seine Stimme klang

      nun gar nicht mehr sanft. »Erster Halbberitt, absitzen und Front bilden!

      Zweiter Halbberitt, lasst die Bestien nicht in unseren Rücken gelangen!«

      Der Signalbläser gab ein schmetterndes Hornsignal und bemühte sich

      gemeinsam mit dem Bannerträger, dicht an dem Offizier mit den drei Federn

      zu bleiben.

      Die Irghil, es waren rund zwanzig der riesigen krebsartigen Kreaturen,

      stürmten von halblinks heran. Der ihnen zugewandte erste Halbberitt sprang

      von den Pferden und hastete ein paar Schritte nach vorne. Die Bewegungen

      waren oft geübt worden, und die Disziplin der Garde siegte über die Angst

      der Männer beim Anblick des gepanzerten Schreckens.

      »Den richtigen Winkel«, schrie Hauptmann ta Geos. »Achtet darauf, die

      Lanzen korrekt zu setzen! Den richtigen Winkel!«

      Gardisten mit Tellerlanzen bildeten die vorderste Front. Die Waffen waren

      ein wenig länger als normale Stoßlanzen. Zwei Handbreit oberhalb des

      stählernen Bodendorns führte der Schaft durch einen breiten Metallteller.

      Dieser war an einer Seite angeschnitten, sodass ein Gardist die Lanze bequem

      im Steigbügelschuh führen konnte. Eine Länge unterhalb der scharfen Spitze

      befand sich ein zweiter Teller. Die Lanzen waren unhandlich und schwer,

      doch ihr Sinn wurde sofort verständlich, wenn man sah, wie die Gardisten sie

      handhabten. Sie rammten sie mit den Bodendornen in den Grund und neigten

      die Schäfte im schrägen Winkel. Einen Fuß stellten sie auf den unteren Teller

      und stabilisierten so die Lanze. Die Irghil konnten schnell laufen, aber sie

      konnten nicht springen. Wurden die Lanzen korrekt ausgerichtet, befanden

      sich deren Spitzen genau in der richtigen Höhe, um sich in die Leiber der

      anrennenden Bestien zu bohren.

      Zwei Schritte hinter den Lanzenträgern gingen die Bogenschützen in

      Stellung. Sie hatten die normalen Kriegspfeile am Sattel gelassen und führten

      nur die Köcher mit den Quetschpfeilen mit sich. Sobald sie bereit waren,

      begannen sie zu schießen.

      Der Leib eines Irghil war durch eine dicke Schicht Chitin gepanzert und

      zudem stark gerundet. Man brauchte unglaubliches Glück, um diesen

      natürlichen Schutz mit der scharfen Spitze eines Kriegspfeils zu

      durchdringen. Die Quetschpfeile, die nun auf die Bestien zuschwirrten, waren

      nicht so elegant wie ein normaler Pfeil. Ihre Spitzen glichen einer geballten

      Faust und hatten auch deren Größe. Die Geschosse flogen daher nicht weit

      und ließen sich schlecht zielen. Und während man Kriegspfeile

      wiederverwenden konnte, wurden Quetschpfeile beim Aufschlag zerstört.

      Aber ihre Wirkung war verheerend.

      Die Spitzen